Rund 200.000 Menschen mit türkischen Wurzeln leben in der deutschen Hauptstadt. Für sie ist das Spiel der Türkei gegen die Niederlande etwas ganz Besonderes - allerdings auch für die Polizei.
Viele türkische Fußballfans sind vor großen Turnieren häufig felsenfest von ihrer Mannschaft überzeugt. In diesem Jahr behalten sie – zumindest bislang recht. Die Türkei hat sich – auch mit etwas Glück – für das Viertelfinale qualifiziert. An diesem Samstag, 6. Juli, geht es gegen die Niederlande. Anpfiff der Partie ist um 21 Uhr.
Und der Spielort ist ein besonderer: das letzte der vier Viertelfinals findet in der deutschen Hauptstadt statt. Für die türkische Gemeinde in Berlin die Partie ein Fußballfest. „Berlin ist ja die größte Stadt außerhalb der Türkei mit über 200.000 türkeistämmigen Menschen, deswegen freuen sich die Leute natürlich“, sagte Vorstandssprecher Safter Çinar vom Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) der Deutschen Presse-Agentur: „Viele türkischen Cafés und Restaurants, die bislang keinen Fernseher hatten, haben jetzt alle einen installiert.“
Wolfgsgruß sorgt für Wirbel
Dass durch den Wirbel um den Wolfsgruß-Jubel des türkischen Nationalspielers Merih Demiral der Sport in den Hintergrund geraten ist, sei „wirklich sehr bedauerlich“, meinte Çinar: „Was der Junge gemacht hat, ist natürlich Unsinn, der wird auch sicherlich sanktioniert.“ Der Doppeltorschütze hatte einen seiner Treffer beim 2:1-Sieg gegen Österreich mit der Geste der rechtsradikalen „Grauen Wölfe“ gefeiert.
Es sei jedoch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewesen, die mit Kritik an der Erkennungsgeste der „Grauen Wölfe“, einer der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland, den Vorfall auf die politische Ebene gehoben habe. „Das war völlig überflüssig und hat die Atmosphäre vergiftet“, äußerte der TBB-Vorstandssprecher.
Ob und inwieweit der erwartete Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beim Spiel am Samstag (21 Uhr/RTL/MagentaTV) im Olympiastadion Einfluss auf die Stimmung hat, könne er nicht abschätzen, so Çinar. Er hoffe aber, dass es vor, während und auch nach der Partie friedlich bleibe.
3000 Beamte im Einsatz
Das Viertelfinale sei ein „Nonplusultra-Hochrisikospiel“, sagte Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei Berlin, der Deutschen Presse-Agentur: „Beim aktuellen Teilnehmerfeld gibt es keine brisantere Partie als Niederlande gegen die Türkei in Berlin.“ Zumal türkische Nationalisten vor dem Fußballspiel zu Provokationen aufgerufen haben.
Aufgrund der großen türkischen Community in Berlin, die sich auch abseits der Hotspots zum Fußballgucken und Feiern treffe, sei Unterstützung aus dem Bundesgebiet angefragt worden. Rund 3000 Beamte dürften im Einsatz sein. Der Erdogan-Besuch ändere wenig an den Personal-Planungen, so Jendro: „Wir rufen eh schon alles in den Dienst, was laufen kann.“