Immer schnell unterwegs: Wolfgang Bunz Foto: IMAGO/ActionPictures/IMAGO

Physiotherapeut Wolfgang Bunz gehört seit 1998 zum Betreuerteam der Nationalelf. Der Ulmer hat viel erlebt. Nach der EM ist Schluss.

Von Matthäus bis Musiala. Wolfgang Bunz hatte sie alle – auf der Behandlungsbank. Denn der Ulmer ist schon lange dabei. Seit 26 Jahren gehört er als Physiotherapeut bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zum Team hinter dem Team. Auch bei der EM im eigenen Land ist der 67-Jährige Teil des DFB-Trosses und ganz nah dran an den Stars. Zuletzt unternahmen er und seine Kollegen alles, um Antonio Rüdiger rechtzeitig fit zu bekommen für das Achtelfinale gegen Dänemark (2:0) – und gewannen den Wettlauf mit der Zeit.

 

1998 stieß Bunz das erste Mal zur DFB-Auswahl – auf Empfehlung des früheren DFB-Physios Klaus Eder aus dem bayerischen Donaustauf. Die WM in Frankreich stand vor der Tür. Der gebürtige Merklinger flog mit in ein Trainingslager nach Finnland, als Ersatz für einen erkrankten Kollegen. Der Bundestrainer hieß Berti Vogts, der Kapitän Jürgen Klinsmann. Bunz kam und blieb. „Dass daraus eine so lange Zeit wird, hätte ich niemals gedacht, im Leben nicht“, sagt der Physiotherapeut.

Mehr als 350 Länderspiele hat der Ulmer inzwischen auf dem Buckel – und in den vergangenen Jahrzehnten jede Menge erlebt. Bundestrainer und Nationalspieler kamen und gingen. Die DFB-Elf feierte Erfolge und musste in der Zeit so manche Niederlage verdauen. Die WM 1998 in Frankreich mit dem Aus im Viertelfinale gegen Kroatien (0:3) war eine Enttäuschung. Aber es gab auch ganz andere, leuchtende Momente. Unvergessen für Bunz: die WM 2006 im eigenen Land, das Sommermärchen. „Eine Gänsehaut-WM“, sagt er. Getoppt nur von der WM 2014, und dem Titelgewinn. Das 7:1 gegen Gastgeber Brasilien im Halbfinale, den Sieg für die Sportgeschichtsbücher, nennt der DFB-Physiotherapeut „einfach nur surreal“.

Der Chef ist wieder weg

Großformatige Fotos vom WM-Triumph hängen in der Praxis in der Ulmer Weststadt, die er gemeinsam mit zwei Geschäftspartnern führt. Derzeit müssen seine Mitarbeiter aber mal wieder ohne ihren Chef klarkommen. Seit mehr als einem Monat ist Bunz nun bereits inklusive Vorbereitungstrainingslager mit der Nationalelf unterwegs. Die Tage für den medizinischen Staff sind lang während eines Turniers. Der Arbeitstag während der EM beginnt in der Regel um 9 Uhr und endet mitunter spätabends, nach Spielen erst in der Nacht. Bunz: „Man ist sechs bis sieben Wochen richtig am Rödeln.“

Schwierige Charaktere

Da kommt man Deutschlands Elitekickern zwangsläufig sehr nahe. Da wird auch mal über Privates gesprochen. Da wachsen Verbindungen. Mit Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger etwa steht Wolfgang Bunz nach wie vor in Kontakt. Die aktuelle Spielergeneration sei mit jener vor 20 oder 30 Jahren nicht mehr zu vergleichen, der Umgang mit Jamal Musiala, Joshua Kimmich und Co. einfacher als mit einigen „schwierigen Charakteren von damals“, verrät der 67-Jährige, ohne Namen zu nennen.

Voll des Lobes ist Bunz dagegen für Bundestrainer Julian Nagelsmann. „Julian ist zwar erst 36, aber eine absolute Respektsperson. Er ist ein systemstrukturierter, aber auch total lockerer Mensch. Solch einen Trainer habe ich noch nicht erlebt“, sagt der erfahrene Physiotherapeut.

Mit dem Ende der EM endet für Wolfgang Bunz auch das Kapitel Nationalmannschaft, nach dem Turnier ist Schluss. „Irgendwann muss es mal sein“, sagt der Ulmer vor dem Viertelfinale am Freitag (18 Uhr/ARD) gegen Spanien. Leicht wird ihm der Abschied nicht fallen. Dafür hat Bunz zu viel erlebt in den vergangenen 26 Jahren mit Deutschlands besten Fußballern. „Es waren schöne Zeiten“, sagt Bunz. „Es war ein Geschenk.“