Und was haben Sie während des Lockdowns gemacht? Elton John hat sich Duettpartner gesucht. Foto: EMI//Gregg Kemp

Elton John hat die Pandemie genutzt, um mit Dua Lipa, Miley Cyrus oder Stevie Wonder zu singen. 16 Duette hat er jetzt auf das Album „The Lockdown Sessions“ gepackt.

Stuttgart - Kaum hat einen Elton John mit der butterweichen Melodie aus „Sacrifice“ eingelullt, bringt Dua Lipa auch schon wieder alles durcheinander, mimt die Raketenfrau, trällert den „Rocketman“-Refrain vor sich hin und saust mit Sir Elton zu einem knuffigen Groove durch ein Weltall voller glitzernder Sterne, die wie „Kiss the Bride“ oder „Where’s the Shoorah?“ klingen.

Medley heißt jetzt Mash-up

In den 1970ern, als die Karriere Elton Johns begann, hätte man einen Song wie „Cold Heart“ Medley genannt, und statt des australischen Dancetrios PNAU wäre ein fingerschnippender Bandleader namens James Last dafür verantwortlich gewesen, dass da vier Songs miteinander verschmelzen, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Heute nennt sich so etwas Mash-up. Und das in einen munteren Dancebeat verpackte Elton-John-Puzzle, bei dem der größte Paradiesvogel des Pop auf It-Girl der Generation Z trifft, eröffnet sensationell das Album „The Lockdown Sessions“, das 16 Duette versammelt, an denen Elton John in der vergangenen anderthalb Jahren beteiligt war.

Ein gewaltiges Staraufgebot

Das bedeutet zwar, dass eigentlich alle Songs schon irgendwo irgendwie erschienen sind. Dafür ist das Staraufgebot aber mindestens genauso gewaltig wie auf Johns „Duets“-Album von 1993. Statt Don Henley, Chris Rea, Nik Kershaw oder Giorgio Moroder sind nun neben Dua Lipa etwa die Gorillaz, Lil Nas X, Eddie Vedder, Brand Carlile, Stevie Nicks und (wie schon damals) Stevie Wonder zu Gast. In pandemischen Zeiten haben die Duette nur virtuell stattgefunden, meistens wurden nur digitale Daten hin- und hergeschickt.

Ohne Corona wären all diese Songs wohl trotzdem nie entstanden – schließlich verabschiedet sich Elton John eigentlich zurzeit mit einer riesigen Konzertreihe von der Bühne. Doch die „Farewell Yellow Brick Road“-Tour musste 2020 eine Zwangspause einlegen und wird erst im Januar 2022 fortgesetzt. Und dem Mann, der seit den 1970er Jahren gut 300 Millionen Alben verkauft hat, war zuletzt ziemlich langweilig.

Nicht immer ein glückliches Händchen

Auf den „Lockdown Sessions“ beweist der 74-Jährige eine unverschämte Offenheit und Neugier auf musikalische Stile. Von Dancefloor bis Hip-Hop, von Country bis Grunge. Nichts scheint ihm fremd. Dass er ab und zu kein ganz so gutes Händchen bei seinen Zusammenarbeiten hat, muss man da aushalten können. Mit der Sängerin Rina Sawayama bekommt er in „Chosen Family“ nur Kitsch hin. Auch „Always love you“ ist eine üble Schmonzette, die dadurch nicht besser wird, dass Young Thug und Nicki Minaj sie mit Unflätigkeiten garnieren. Das „Nothing else matters“-Cover schließlich, bei dem Elton John sich mit Miley Cyrus verbündet hat, fiel schon auf dem Metallica-Tribute-Album, das vor ein paar Wochen erschienen ist, als kaum erträglicher Bombast auf.

Zwischen Tanzwut und Schwermut

Doch daneben gibt es auch jene Songs, in denen Elton John ganz uneitel die Rolle des Clowns spielt wie in „The Pink Phantom“ mit Damon Albarns Comic-Band Gorillaz, oder sich souverän-lässig im Hintergrund hält und Newcomer am Klavier begleitet. Zum Beispiel im smarten „Lear to fly“ mit der Band Surfaces oder in „After all“ mit dem Youtube-Star Charlie Puth.

Und zumindest eine weitere Kostbarkeit haben diese „Lockdown Sessions“ neben „Cold Heart“ noch zu bieten: Die Coverversion des Songs „It’s a Sin“ der Pet Shop Boys chargiert spektakulär zwischen Empfindsamkeit, Ausgelassenheit und Tanzwut. Zusammen mit Olly Alexander (den man auch als Schauspieler aus einem 80er-Jahre-Aids-Seriendrama kennt, das ebenfalls ist „It’s a Sin“ heißt) vervollständigt Elton John damit ein hübsch in allen Farben des Regenbogens glitzerndes Poppuzzle.

Elton John: The Lockdown Sessions. EMI/Universal

Elton-John-Duette für die Ewigkeit

Don’t go breaking my Heart.
Die Kritik sagt voraus, dass Duett mit Kiki Dee ein Flop werden wird. Die Klatschpresse vermutet eine heiße Affäre zwischen den beiden. Alle liegen sie falsch. Der Discosong beschert Elton John 1976 seinen erste Nummer-eins-Hit in Großbritannien.

Don’t let the Sun go down on me.
Als Elton John und George Michael dieses Großwerk im Jahr 1985 beim „Live Aid“-Spektakel vortragen, sorgen sie für den größten Gänsehautmoment der weltweiten Benefizshow.

Sorry seems to be the hardest Word.
 Kurz vor seinem Tod veröffentlicht Ray Charles im Jahr 2004 das Duettalbum „Genius loves Company“ und intoniert zusammen mit Elton John dessen wunderbar kitschige Ballade aus dem Jahr 1976.