Immer noch gehen mehr Frauen als Männer in Elternzeit. Dafür müssen sie häufig Abstriche in der Karriere hinnehmen Foto: dpa

Viele Mütter und Väter müssen Abstriche bei ihrer Karriere hinnehmen, wenn sie sich für Nachwuchs entscheiden.

Berlin - Julian Hohendorff hat es getan: Nach der Geburt seiner Tochter ist der Projektleiter einer Unternehmensberatung zu Hause geblieben. Viereinhalb Monate hat er sich ganz Frau und Kind gewidmet – ganz ohne Probleme mit seinem Arbeitgeber zu bekommen: Als seine Partnerin im fünften Monat schwanger war, ging er auf seine Vorgesetzte zu und informierte sie über seine Pläne.

„Sie hat meine Entscheidung unterstützt“, sagt Hohendorff. „Mir wurden keine Steine in den Weg gelegt.“

Solche Erfahrungen machen Hoffnung, dass die Zeiten, in denen Männer ihre Kinder nur abends im Schlafanzug sehen, offensichtlich vorbei sind: Tatsächlich belegen auch die Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass immer mehr Väter eine Babypause machen und Elterngeld in Anspruch nehmen: War es 2009 noch im Schnitt knapp jeder vierte Vater (23,4 Prozent), der zu Hause blieb, hat drei Jahre später fast jeder dritte (29,3 Prozent) Elterngeld bezogen.

Viele Väter sind nicht mutig genug

Der Paradigmenwechsel ist also in vollem Gange, abgeschlossen ist er aber nicht. Und natürlich sind viele Väter auch nicht mutig, nicht risikobereit genug: Zwar bleiben die Männer heutzutage nach der Geburt öfter zu Hause, aber nicht allzu lang. Durchschnittlich 3,2 Monate blieben die Väter der 2012 geborenen Kinder zu Hause, 78,3 Prozent entschieden sich dafür, lediglich die Mindestbezugsdauer des Elterngeldes von zwei Monaten in Anspruch zu nehmen.

Drei Jahre zuvor betrug die durchschnittliche Bezugsdauer noch 3,5 Monate, und 75 Prozent der Väter entschieden sich für die Mindestdauer von zwei Monaten. Es ist vor allem die Angst vor dem Karriereknick, die Väter schnell wieder zur Arbeit gehen lässt: Nach einer Forsa-Umfrage gaben 45 Prozent der befragten Männer im Alter zwischen 20 und 55 Jahren an, mit „sehr oder eher negativen“ Konsequenzen zu rechnen.

Den Müttern wird es nicht leicht gemacht

Und was ist mit den Müttern? Auch ihnen wird es nicht unbedingt leichtgemacht, Job und Kind unter einen Hut zu bekommen. Bislang setzt die Mehrheit aller berufstätigen Mütter auf Teilzeitmodelle: Von 61 Prozent der Frauen, die 2013 berufstätig waren, arbeiteten nach Angaben des Statistischen Bundesamts 70 Prozent in Teilzeit.

Doch auch hier klingen die Zahlen besser, als sich die Lage der Mütter tatsächlich verbessert: Denn Teilzeit bedeutet meisr immer noch ein Verzicht auf berufliches Vorankommen.

Das können Arbeitgeber tun

Das können Arbeitgeber tun

Wer will, dass mehr Männer sich um ihre Kinder kümmern, muss ihnen Arbeitsplatzsicherheit und ein gewisses Einkommen zusichern. Das sagen nicht nur Studien wie die des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) von 2010.

Das sagt auch Volker Baisch, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Väter gGmbH, die sich auf die Ermöglichung familienfreundlicher Unternehmenskulturen spezialisiert hat. „Wollen Väter und Mütter eine umfassende partnerschaftliche Aufteilung leben, braucht es die Bereitschaft der Unternehmen, wirkliche Teilzeitarbeitsplätze für Väter zu schaffen.“

Mit einer Reduktion der Wochenarbeitszeit um fünf bis zehn Stunden. ohne dabei das Arbeitsvolumen abzusenken, sei den Vätern nicht geholfen. Auch braucht es Teilzeitprogramme, mit denen auch die Mitarbeiter aktiv in ihrer Karriereplanung unterstützt werden, die ihre Arbeitszeit für eine Weile reduzieren wollen. Das bedeutet auch ein gewisses Maß an Investition; Denn die Flexibilität muss organisiert werden, die fehlenden Arbeitsstunden müssen aufgefangen werden.

Das können Väter tun

Das können Väter tun

Auch Väter können viel dafür tun, Widerständen im Unternehmen gegenüber einer Elternzeit vorzubeugen. Projektleiter Julian Hohendorff sagt, es sei sicherlich hilfreich gewesen, seine Vorgesetzte sehr früh informiert zu haben.

„Auch die Personalabteilung rechtzeitig einzubinden kann nicht schaden.“ Und wer dann noch selbst Vorkehrungen trifft, indem er einen Vertreter einarbeitet und so dazu beiträgt, es seinem Arbeitgeber möglichst einfach zu machen, ist auf der sicheren Seite.

Nach der Pause zurück in den Job zu finden sei jedenfalls nicht schwer gewesen, so Hohendorff. „Die Elternzeit hat mich nicht eingeschränkt. Meine Verantwortung ist seit der Rückkehr sogar gewachsen.“

Das bestätigen auch Experten wie Matthias Lindner. Der 44-Jährige war mehrere Jahre als Bereichsleiter Genderpolitik bei der Gewerkschaft Verdi tätig und hat das Bundesforum Männer mitgegründet. Seine Erfahrung: „Viele Väter stehen nach einer kurzen Elternzeit beruflich besser da als zuvor“, sagt er. „Sie haben Sozialkompetenz gezeigt – und erfahren dafür nicht nur Anerkennung durch die Kollegen, sie steigen auch im Ansehen ihrer Vorgesetzten.“

Das können Mütter tun

Das können Mütter tun

Privates hat im Job nichts verloren? Das gilt für Mütter in Teilzeit nur bedingt. Vor der Geburt ist für junge Eltern nur schwer abschätzbar, wie stark sie danach durch das Kind eingespannt sind.

Um Konflikten am Arbeitsplatz vorzubeugen, sollten Frauen die Gründe für ihr Kürzertreten klar kommunizieren. Wissen Kollegen und Vorgesetzte, warum man nur in begrenztem Umfang arbeitet, können sie dies am ehesten akzeptieren, sagt Uta Ossmann, die als Coach berufstätige Eltern berät. Dazu gehört die eigene familiäre Situation – etwa, wenn beide Elternteile arbeiten müssen oder auch die eingeschränkten Öffnungszeiten der Kita.

Auch sind viele Arbeitgeber unsicher, welche Rolle der Job im Leben einer Mutter noch spielt. Wer weiter gefördert werden möchte, sollte das beim Vorgesetzten immer wieder signalisieren, rät Ossmann. Egal, ob es um Weiterbildungen geht oder um neue Funktionen.

Ein häufiges Problem bei Teilzeit: Frauen wird mehr Arbeit aufgehalst, als sie in der vertraglich vereinbarten Zeit schaffen können. Hier hilft es nur, klar Grenzen zu ziehen und Mehrarbeit notfalls abzulehnen. „Arbeitszeiten sollte man einhalten“, sagt Ossmann.

Info: Mehr Zeit und Geld fürs Kind

Info: Mehr Zeit und Geld fürs Kind

Elternzeit: Wann Arbeitnehmer bei ihrem Arbeitgeber spätestens Elternzeit anmelden müssen, hängt vom Alter des Kindes ab. Bis zum dritten Geburtstag des Kindes müssen Eltern die Anmeldung sieben Wochen vor Beginn der Auszeit vorlegen, danach sind es 13 Wochen.

Wird die Frist nicht eingehalten, verschiebt sich der Beginn nach hinten. Elternzeit ermöglicht beiden Elternteilen, bis zu 36 Monate eine unbezahlte berufliche Auszeit zu nehmen. Seit dem 1. Januar gibt es dazu neue Regeln: So wird es ermöglicht, 24 Monate statt wie bisher 12 Monate Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes zu nehmen. Übrigens: Wer in Vollzeit tätig war, hat beim Wechsel in Teilzeit Anspruch auf alle nicht genommenen Urlaubstage.

Elterngeld: Eltern können von Juli an das erweiterte Elterngeld erhalten. Wer zur Planung den Elterngeld-Rechner in Anspruch nehmen will, findet jetzt eine aktualisierte Fassung vor, mit der sich auch das Elterngeld plus berechnen lässt. Die neuen Regelungen gelten für Geburten ab 1. Juli 2015.

Mit dem Elterngeld plus können Väter und Mütter nach der Geburt eines Kindes den Elterngeldanspruch über die doppelte Zeit strecken, wenn sie Teilzeit arbeiten. Wenn außerdem beide Partner vier Monate lang jeweils zwischen 25 und 30 Wochenstunden berufstätig sind, erhalten sie insgesamt 28 Monate lang Elterngeld plus. Bisher verfiel ein Teil des Elterngeld-Anspruchs, wenn der betreuende Elternteil währenddessen in Teilzeit arbeitete.

Zahlen und Fakten

15,8 Prozent aller Mütter und Väter, die Elternzeit nehmen, haben ein Kind unter drei Jahren.

Seit 2008 ist der Anteil der Frauen und Männer in Elternzeit um 12,8 Prozent gestiegen.

27,7 Prozent aller Mütter mit dem jüngsten Kind unter drei Jahren sind in Elternzeit.

Bei den Vätern entscheiden sich 2,4 Prozent für die unbezahlte Freistellung von der Arbeit.