Die Elternzeit ist noch immer weitgehend eine Frauensache. Foto: Bildagentur-online/Tetra Images

Die Baden-Württemberger bekommen das höchste Elterngeld. Bei den Müttern liegen dagegen die Hamburgerinnen vorn. Gleichwohl nehmen die meisten Männer im Südwesten nur zwei Vätermonate.

Frankfurt - Väter in Baden-Württemberg kassieren bundesweit das höchste Elterngeld. Das geht aus Vergleichszahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Mit einem Elterngeldanspruch von monatlich durchschnittlich 1292 Euro liegen die baden-württembergischen Väter noch vor den bayerischen (1280 Euro) und deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1186 Euro. Bei den Müttern ergibt sich ein anderes Bild: Hier liegt Baden-Württemberg mit einem durchschnittlichen Elterngeldanspruch von 769 Euro auf dem dritten Platz, Spitzenreiter sind Hamburg (845 Euro) und Bayern (792 Euro). Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Männer und Frauen, deren Kinder 2014 geboren wurden. Für diesen Jahrgang liegen jetzt endgültige Zahlen über den Elterngeldbezug auch auf Kreisebene vor (siehe Grafik).

Nicht einmal jeder zweite Mann nutzte die Möglichkeit, mit staatlicher Unterstützung zuhause zu bleiben: Bundesweit bezogen nur 34 Prozent der Väter von 2014 geborenen Kindern Elterngeld, in Baden-Württemberg waren es 39 Prozent. An der Spitze lagen die Sachsen mit 44 Prozent. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die einst als „Wickel-Volontariat“ verspotteten Vätermonate allmählich beliebter werden: Bei den 2008 geborenen Kindern ging bundesweit nur jeder fünfte Vater in Elternzeit.

Entscheidend ist das Nettoeinkommen vor der Geburt

Die überdurchschnittlich hohen Leistungsansprüche der baden-württembergischen Väter hängen mit dem Verdienst vor der Elternzeit zusammen. Die Männer im Land, die Elterngeld bezogen, kamen vor der Geburt ihres Kindes auf ein monatliches Nettoeinkommen von 2153 Euro. Auch damit lagen sie bundesweit an der Spitze, während bei den Müttern die Hamburgerinnen ganz vorne waren.

Trotz der vergleichsweise attraktiven Bezüge gehen die meisten Baden-Württemberger nur kurz in Elternzeit: 84 Prozent von ihnen nahmen lediglich zwei Vätermonate – das ist das Minimum, wenn ein Paar insgesamt 14 Monate lang Elterngeld gezahlt bekommen will. Für eine berufliche Auszeit von drei oder mehr Monaten entschieden sich nur 16 Prozent der baden-württembergischen Väter. Zum Vergleich: Bundesweit waren es immerhin 20 Prozent, in Bremen und Berlin sogar über 30 Prozent. Ein Grund für diese Diskrepanz könnte die niedrige Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg sein. Erwerbslose Männer nehmen nach Angaben des Statistischen Bundesamts nämlich im Schnitt fünf Vätermonate, deutlich mehr als Berufstätige. Dass bei den Vätermonaten Bremen und Berlin an der Spitze liegen, könnte also auch damit zusammenhängen, dass die Arbeitslosenquoten dort bei zehn beziehungsweise neun Prozent liegen. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch innerhalb Baden-Württembergs beobachten: In Pforzheim, dem Kreis mit der höchsten Arbeitslosenquote des Landes, nahmen die Väter mit durchschnittlich vier Monaten am längsten Elternzeit. Gleichzeitig verzeichneten sie die niedrigsten Bezüge, im Mittel 1071 Euro.

Einkommensgefälle zwischen Vätern und Müttern ist im Südwesten größer

Ein weiterer Erklärungsansatz für die höhere Anzahl an Vätermonaten in anderen Bundesländern: Das Einkommensgefälle zwischen Vätern und Müttern ist in Baden-Württemberg größer als etwa in den Stadtstaaten. Da das Elterngeld das Arbeitseinkommen nicht vollständig ersetzt, wäre eine längere Elternzeit des Hauptverdieners für hiesige Familien also mit größeren finanziellen Einbußen verbunden als in Bremen, Berlin oder Hamburg. Obendrein hängt das Einkommensgefälle zweifellos mit einer traditionelleren Rollenverteilung im Ländle zusammen, die sich auch auf die Dauer der väterlichen Elternzeit auswirken dürfte.

Auch wenige Vätermonate können laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts (DIW) für die Familie langfristig Vorteile bringen: Männer, die Elternzeit nahmen, beteiligten sich demnach noch vier Jahre nach der Geburt ihres Kindes stärker an dessen Betreuung als Väter ohne Erwerbsunterbrechung. Dies gelte beim ersten Kind aber nur, wenn die Väter alleine Elternzeit nähmen, schreiben die Autorinnen Pia Schober – heute Professorin in Tübingen – und Gundula Zoch in der Studie von 2015. Gingen Vater und Mutter gemeinsam in Elternzeit , so lasse sich eine gleichmäßigere Aufteilung der Familienarbeit erst ab dem zweiten Kind nachweisen. Die Elternzeit trage offenbar zu einer engeren Bindung zwischen Vater und Kind bei, folgern die Wissenschaftlerinnen.