Gerade für ältere Paare führt ihr Wunsch nach einem Kind zum Arzt Foto: dpa

Deutschlands Frauen und Männer werden immer später Eltern. Und je älter die Paare, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie auf natürliche Weise Kinder bekommen. Doch es gibt Möglichkeiten, medizinisch nachzuhelfen – ein Überblick.

Künstliche Besamung

Bei der Insemination, der künstlichen Besamung, werden die aufgearbeiteten Spermien des Mannes um den Zeitpunkt des Eisprunges in die Gebärmutter der Frau eingespritzt. Damit die Behandlung schmerzfrei ist, wird ein sehr dünner Kunststoffkatheter verwendet. Zudem können die beweglichen Spermien auf diese Weise in konzentrierter Form näher an die Eizelle herangebracht werden. Denn der schleimgefüllte Gebärmutterhalskanal, der eine Barriere für die Spermien darstellt,wird mit Hilfe des Katheters überwunden.„Die Befruchtung findet ganz natürlich im Eileiter statt“, sagt Dieter Mayer-Eichberger vom Kinderwunsch-Zentrum Stuttgart.

Vorteil: Die Befruchtung findet nicht im Reagenzglas, sondern auf natürlichem Weg statt. Die Spermien werden zuvor untersucht.

Nachteil: Wenn die Frau einen unregelmäßigen Zyklus hat, reifen oft nicht genug Eizellen heran. Dann wird sie mit Hormonen behandelt. „Die Hormone lassen die Eierstöcke anschwellen“, sagt Thomas Strowitzki von der Frauen-Universitätsklinik Heidelberg. Bei manchen Frauen führt das zu Beschwerden im Unterleib

Befruchtung mit ausgewählten Spermien

Die Intracytoplamatische Spermieninjektion, kurz ICS, wird angewendet, wenn die Spermienqualität stark eingeschränkt ist. Im Labor werden daher die besten Spermien ausgewählt, mit der die Eizellen befruchtet werden. Bei mangelnder Spermienqualität können Spermien auch direkt aus dem Nebenhoden des Mannes mit einer Spritze entnommen werden. „Damit mehrere Eizellen heranreifen, nimmt die Frau zu Beginn ihres Zyklus Hormone“, sagt Thomas Strowitzki, Ärztlicher Direktor der Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen an der Universitätsfrauenklinik Heidelberg. In der Mitte des Zyklus werden mit einer Spritze die Eizellen aus dem Eileiter der Frau entnommen. Im Labor werden die besten Spermien direkt in die Eizelle eingebracht. Die befruchtete Zelle reift dann in einem Reagenzglas zwei bis fünf Tage bei 37 Grad Celsius heran, sagt Strowitzki. Dann werden die Embryonen mit Hilfe eines dünnen Katheters in die Gebärmutter eingesetzt. Damit sich die Embryonen einnisten können, kann die Frau Hormone nehmen. Etwa nach zwei Wochen kann der Schwangerschaftstest gemacht werden.

Vorteile: Männer mit einer Fruchtbarkeitsstörung haben die Möglichkeit, ihr eigenes Kind zu zeugen.

Nachteile: „Genau wie bei anderen künstlichen Befruchtungen gibt es keine Garantie für eine Schwangerschaft“, sagt Thomas Strowitzki.

Künstliche Befruchtung

Bei der In-vitro-Fertilisation, einem Verfahren der künstlichen Befruchtung, wird die Eizelle außerhalb des Mutterleibs im Reagenzglas – in vitro – befruchtet. Die Eizelle wird dann in die Gebärmutter eingesetzt. „Das Verfahren ist heute Standard“, sagt Thomas Strowitzki, Ärztlicher Direktor der Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen an der Universitätsfrauenklinik Heidelberg.

Damit genug Eizellen entnommen werden können, beginnt die Behandlung zunächst mit einer Hormontherapie. „Die Frauen bekommen Spritzen, damit sechs bis zehn Eizellen heranreifen. “ Normalerweise reift im Körper der Frau nur eine Eizelle heran. Die reifen Eizellen entnimmt der Arzt mit Hilfe einer Spritze. Das Verfahren heißt Follikelpunktion. Die Frau wird bei dem zehnminütigen Eingriff mit einer Vollnarkose betäubt. Die entnommenen Eizellen werden dann mit den Spermien des Mannes befruchtet. „Zu einer Eizelle werden rund 100 000 Spermien gegeben“, sagt Strowitzki. Nach zwei bis fünf Tagen werden die Embryonen dann mit einem Katheter in die Gebärmutter eingesetzt. Befruchtet werden nur rund die Hälfte der Eizellen. „Bei Frauen, die jünger als 38 Jahre sind, werden idealerweise zwei Embryonen eingesetzt“, sagt er. Ein Drittel der Frauen wird dann schwanger.

Vorteil: Die Methode ist Standard. „Fast die Hälfte aller Kinderwunschpatienten bekommen eine künstliche Befruchtung“, sagt Strowitzki.

Nachteile: „Obwohl die Methode erprobt ist, gibt es keine Garantie für eine Schwangerschaft“, sagt der Gynäkologe Strowitzki.

Durch die Hormoneinnahme kann es zu einer Überstimulation der Eierstöcke kommen. „Der Eierstock schwillt auf sechs bis sieben Zentimeter an.“ Während der nächsten Periode bildet sich dieser meist zurück. Bei manchen Frauen bilden sich in der Folge Zysten, die das Thromboserisiko erhöhen können. Da sich hauptsächlich ältere Frauen künstlich befruchten lassen, ist die Gefahr von Fehlgeburten erhöht. „Außerdem steigt mit dem Alter der Eltern die Gefahr für genetische Fehlbildungen“, sagt der Mediziner. Die Behandlungskosten für eine künstliche Befruchtung werden unter bestimmten Voraussetzungen von der Krankenkasse übernommen. So zahlen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für bis zu drei Behandlungen – das gilt allerdings nur für verheiratete Paare.

Einfrieren von Eizellen

Das Verfahren social freezing ist durch die Meldung bekannt geworden, dass die amerikanischen Unternehmen Facebook und Apple ihren Mitarbeitern das Einfrieren von Eizellen bezahlen wollen. Ursprünglich wurden Eizellen von Frauen eingefroren, die an Krebs erkrankt sind. Denn durch die Chemotherapie kann die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, stark gesenkt werden. „Auch Frauen, die ein Risiko haben sehr früh in die Wechseljahre zu kommen, können zuvor Eizellen entnommen werden“, sagt Thomas Strowitzki von der Universitätsklinik Heidelberg.

Die Eizellen werden wie bei der künstlichen Befruchtung mit einer Spritze entnommen. Bei der sogenannten Vitrifikation wird die Zelle in flüssigen Stickstoff eingetaucht. Der Stickstoff ist minus 196 Grad Celsius kalt, und die Zelle wird schockgefroren. Dabei bleibt ihre Struktur erhalten. 80 bis 90 Prozent der Zellen überleben die Vitrifikation. Danach werden die Eizellen bei minus 196 Grad gelagert – und zwar jahrzehntelang. „Bis jetzt ist kein Limit für die Lagerung bekannt.“

Je jünger die Frau bei der Entnahme ist, desto weniger Zellen müssen ihr entnommen werden. „Die meisten Eizellen hat eine Frau mit 20 Jahren. Dann ist sie auf dem Höhepunkt ihrer Fruchtbarkeit“, sagt Dieter Mayer-Eichberger vom Kinderwunsch-Zentrum Stuttgart.

Vorteil: Durch dieses Verfahren haben Frauen die Freiheit, eine Schwangerschaft zu planen, sagt Mayer-Eichberger. „Die meisten Frauen, die Zellen einfrieren lassen, tun dies, weil sie keinen Partner haben, den sie sich als Vater ihrer Kinder vorstellen können.“ Andere wollten sich erst ihrer Karriere widmen.

Nachteile: Die Kosten für Entnahme, Lagerung und die Befruchtung liegen zwischen 10 000 und 20 000 Euro. Die Kosten müssen vom Patienten getragen werden. Auch wenn man im Alter von 25 Jahren Eizellen einfriert, hat man nicht die Garantie, als 40-Jährige problemlos schwanger zu werden. „Der Körper altert ja ebenfalls. Viele ältere Frauen müssen Hormone nehmen, damit sich die Gebärmutterschleimhaut bildet“, sagt Strowitzki. Auch die Väter seien älter. „Kinder von älteren Vätern erkranken öfter Autismus und Schizophrenie.“