Stefan Wolf, Chef von Elring-Klinger und Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, warnt: Mangelnde Infrastruktur könnte den Ausbau der Wasserstofftechnologie ebenso beeinträchtigen wie einst den des Elektroautos.
Der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall und des Autozulieferers Elring-Klinger aus Dettingen an der Erms, Stefan Wolf, sieht die fehlende Infrastruktur als einzige verbliebene Hürde auf dem Weg zur Brennstoffzellentechnologie. „Technologisch ist die Brennstoffzelle ausgereift“, sagt der Chef des Unternehmens, das einst stark auf Komponenten für den Verbrennungsmotor wie etwa Zylinderkopfdichtungen spezialisiert war und heute mit der Brennstoffzelle ein weiteres Standbein besitzt. „Das Einzige, was mir noch Sorge bereitet, ist die Infrastruktur.“ Diese sei lange nicht vorangekommen, weil nicht rechtzeitig Ladesäulen gebaut wurden und somit für die entsprechenden Fahrzeuge keine Nachfrage entstand.
Wolf fordert: „Windstrom ausbauen“
Nachholbedarf gebe es nicht nur bei der Tankinfrastruktur, sondern auch bei der Erzeugung von klimaneutralem Wasserstoff. Die Klimaneutralität der Brennstoffzellentechnologie hänge an der Art der Erzeugung des Wasserstoffs, mit dem sie betrieben wird. Werde ein Fahrzeug mit grauem Wasserstoff betrieben, bei dessen Herstellung CO2 anfällt, könne man auch gleich einen Verbrenner nutzen, sagt Wolf. Es sei sehr wichtig, nun schnell die Erzeugung von Windstrom in Deutschland auszubauen.
Vor allem in Baden-Württemberg und Bayern sei dies auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit wichtig. Falls es zu Engpässen bei der Stromversorgung komme, seien diese beiden Bundesländer zuerst betroffen, weil sie so weit von den ergiebigen Windkraftstandorten im Norden entfernt seien, es an Leitungen fehle und sie überdies die Windkraft nur in sehr geringem Maß ausbauten. Deshalb gelte es nun, die Genehmigungsverfahren zu verkürzen. Als Jurist rate er dazu, Betroffenen den Rechtsweg gleichwohl nicht völlig abzuschneiden.
Die Batteriemobilität hat sich noch nicht durchgesetzt, sagt Wolf
Die Aussage mancher Hersteller, bei den Antrieben für den Pkw habe sich die Batteriemobilität bereits durchgesetzt, hält Wolf für unzutreffend. „Alle Hersteller betreiben Projekte mit der Wasserstofftechnologie“, sagt Wolf, ohne Namen zu nennen. „Ab 2027 werden wir Luxusfahrzeuge und große Geländewagen auch mit Wasserstoffversionen sehen.“ Bei schweren Nutzfahrzeugen werde sich diese Technologie gegenüber der Batterie durchsetzen – schon deshalb, weil die Batterie so voluminös sein müsste, dass sie Ladefläche koste. Hinzu komme die Ladezeit, die die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Lkw beeinträchtige. Dies gelte umso mehr, als Deutschland weit davon entfernt sei, Ladeleistungen von 500 oder 1000 Kilowatt bereitzustellen, mit denen Lkw schnell geladen werden könnten.
Zu den Vorteilen der Wasserstofftechnologie zähle auch, dass sich die nötige Tankinfrastruktur in das bestehende Tankstellennetz integrieren lasse. Dieser Ausbau müsse nicht nur auf nationaler Ebene, sondern europaweit vorankommen. Allerdings gebe es auch beim Ladenetz für batteriebetriebene Fahrzeuge noch deutliche Lücken. Dies gelte nicht nur in Süditalien und Südspanien, sondern auch innerhalb Deutschlands, wo die Infrastruktur für das Batteriefahrzeug zwischen Hamburg und Berlin noch immer unzureichend sei.
Kreuzfahrtschiffe könnten einen Boom bringen
Geradezu einen Boom sieht Wolf auf die Technologie und damit auch auf sein Unternehmen zukommen – und zwar mit Blick auf Kreuzfahrtschiffe. Es zeichne sich ab, dass Kreuzfahrtschiffe Dieselmotoren mit ihrem extrem hohen CO2-Ausstoß nicht mehr in Häfen betreiben dürfen. Reedereien, die ihren Schiffspassagieren auch während der Liegezeiten ausreichend Strom zur Verfügung stellen wollen, seien auf die Brennstoffzelle geradezu angewiesen, und manche von ihnen würden ihre Schiffe auch komplett auf diese Technologie umstellen. Vielversprechend verlaufe auch ein gemeinsames Projekt mit Airbus, um die Brennstoffzelle im Flugverkehr einsatzfähig zu machen.
„Zylinderkopfdichtungen müssen irgendwo herkommen“
Für Elring-Klinger zahle es sich aus, schon vor 20 Jahren die Transformation eingeleitet zu haben und inzwischen über ausgereifte Stacks, die zentrale Einheit der Brennstoffzelle, zu verfügen. Von den 1,6 Milliarden Euro Umsatz des Unternehmens entfielen nur noch 350 Millionen Euro auf das klassische Geschäft. Zugleich warnt Wolf davor, die Verbrennungstechnologie vorschnell abzuschreiben. Mit dem Plan, neue Verbrennerfahrzeuge von 2035 an zu verbieten, stehe die EU alleine da. Weltregionen wie China, die USA oder Südamerika hätten noch kein festes Datum im Blick. „2029 werden weltweit wahrscheinlich immer noch 61,5 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gebaut werden“, so Wolf. „All die Zylinderkopfdichtungen müssen dann auch irgendwo herkommen.“
Es sei allerdings wichtig, für die bestehenden Fahrzeuge auch synthetische Kraftstoffe anzubieten. Dadurch lasse sich für den Klimaschutz angesichts der großen Zahl solcher Fahrzeuge viel tun. Zugleich werde das Unternehmen seine Kompetenzen in der Verbrennertechnologie nutzen, um die Brennstoffzelle voranzutreiben.