Elisabeth Kabatek am Feuersee im Stuttgarter Westen Foto: Max Kovalenko

Bei ihren Lesungen singt sie auch: Bestsellerautorin Elisabeth Kabatek tritt an diesem Dienstag, 20 Uhr, im Renitenztheater auf. Mit dabei: Sängerin Susanne Schempp und Jazzpianist Bernard Birk.

Stuttgart - Bei ihren Lesungen singt sie auch: Elisabeth Kabatek tritt an diesem Dienstag, 20 Uhr, im Renitenztheater auf. Mit dabei: Sängerin Susanne Schempp und Jazzpianist Bernard Birk. In unserem Montagsgespräch spricht die Bestsellerautorin über ihren Roman „Ein Häusle in Cornwall“ und das Eigenleben von Figuren.
 
Frau Kabatek, wir sitzen in der Roten Kapelle in der Rotebühlstraße. Eigentlich hätten wir uns im Café vom Haus der Katholischen Kirche auf der Königstraße treffen müssen, wo sich Ihre Romanhelden Emma und Nicholas kennenlernen. Warum lassen Sie die Geschichte gerade dort beginnen?
Ich gehe gern in das Café. Man kommt dort leicht mit Leuten ins Gespräch, weil es wenige, aber dafür große Tische gibt. Man setzt sich also eher zu anderen an den Tisch. Das ist eine ideale Möglichkeit, sich kennenzulernen – auch für Romanfiguren.
In Ihrem Nachwort schreiben Sie, dass Sie eigentlich in Cornwall Urlaub machen wollten, aber dann ist halt doch ein Buch herausgekommen. Sind Sie arbeitssüchtig?
Das ist eine längere Geschichte. Ursprünglich wollte ich in Cornwall ein Buch über eine Wanderung auf dem Küstenpfad schreiben. Deshalb hatte ich mir für einen Monat eine Ferienwohnung gemietet. Als sich die Pläne zerschlugen, fuhr ich trotzdem hin, schließlich war die Wohnung schon bezahlt. Da bin ich Schwäbin.
Aber dann hat das Wetter nicht mitgespielt.
Stimmt, das war so schlecht, dass man sich nicht an den Strand legen konnte. Also bin ich gewandert – und beim Laufen kommen mir immer die besten Ideen. Ich hatte kein bestimmtes Buch im Kopf, aber ich fing an, Notizen zu machen und mit meiner Lektorin zu mailen. Dieses Cornwall ist traumhaft schön, deshalb behaupten ja die meisten Frauen, sie würden die Rosamunde-Pilcher-Filme vor allem wegen der Landschaft anschauen. Der Witz ist, dass es da wirklich so aussieht. So kam mir die Idee, die vor Klischees strotzenden Liebesfilme auf die Schippe, den Ort aber ernst zu nehmen.
Dann sind Sie selbst dem Klischee erlegen und schrieben eine Liebesgeschichte.
Ich hoffe, dass meine Geschichte komplexer ist als die der Pilcher-Filme. Den Fernsehzuschauern wird vorgegaukelt, wohlhabende Engländer wohnten alle in Schlössern. Die stehen dort zwar, sind aber in den meisten Fällen denkmalgeschützte Museen. Im Gegensatz dazu wohnt mein Held Nicholas in einem heruntergekommenen Schuppen.
Trifft Sie der Vorwurf, Ihre Bücher seien Frauenbücher?
Nein, aber so ganz stimmt das nicht. Mir schreiben auch Männer, dass sie eines meiner Bücher nach ihrer Frau gelesen hätten und begeistert seien. Mein Installateur ist einer meiner größten Fans.
Sie erzählen die Geschichte aus männlicher und weiblicher Perspektive. Woher nehmen Sie die Frechheit, den Blickwinkel eines Mannes einzunehmen?
Ich versetze mich ja auch in eine weibliche Perspektive, die nicht unbedingt meine ist. Mit Emma fühle ich mich weniger verbunden als mit meiner alten Heldin Line. Nicholas zu schreiben hat mir mehr Spaß gemacht als die Emma.
Weil?
Weil es eine andere Herausforderung ist. Nicholas ist ja auch kein typischer Mann, eher ein Kauz.
Sie haben eine bürgerliche Karriere fürs Bücherschreiben aufgegeben. Ob Sie es jemals bereut haben, fragen wir besser nicht. Da sagt jeder Autor Nein.
Stimmt, würde ich auch sagen. Aber das heißt nicht, dass das Leben als freischaffende Autorin einfach ist.
Fragen wir anders: Wie laufen die Geschäfte?
Im Moment kann ich davon leben. Aber warten wir mal ab, wie sich der Buchmarkt verändert. Amazon greift inzwischen 30 Prozent vom Buchhandel ab. Buchhandlungen sind für mich wahnsinnig wichtig, allein schon wegen der Lesungen. Um Geld zu sparen, machen manche Buchhandlungen keine Lesungen mehr. Als Buchautor kommt eben nicht jeden Monat der Gehaltsscheck, es gibt keine bezahlte Urlaubszeit und wenn man krank ist, ist man krank.
Ihr Erstling „Laugenweckle zum Frühstück“ wurde über 130 000-mal verkauft, obwohl kaum Werbung dafür gemacht wurde. Können Sie sich den Erfolg erklären?
Es gibt massenhaft Krimis mit Lokalkolorit, aber das war so ziemlich der erste Unterhaltungsroman mit Lokalkolorit. Das hat vielen Leuten gefallen. Außerdem hat Line, die Heldin, die Menschen begeistert: Sie sieht nicht besonders gut aus, ist keine Superfrau.
Stichwort Lokalkolorit, das Gros Ihrer Leserinnen sitzt in Stuttgart?
Ja, aber es gibt auch viele Enklaven, in Köln, Hamburg, Berlin. Oft kamen Leute zu mir, die sagten, dass sie erst durch meine Bücher die Schwaben so richtig verstehen. Andere hatten Schwierigkeiten, die Passagen mit Dialekt zu verstehen. Die Mundart fällt bei „Ein Häusle in Cornwall“ unter den Tisch. Bin gespannt, wie das ankommt.
Hat Sie der Verlag dazu gedrängt?
Nein, es hätte einfach nicht gepasst.
Am Ende des Buchs steht, dass Ihre alte Heldin Line und deren Mann in Stuttgart-West eine Wohnung suchen. Eine verkappte Wohnungsanzeige?
Nein, ich habe eine Wohnung. Das war nur ein Happen für die Fans, dass sie wissen, es gibt Line noch. Ich habe mit der Figur noch nicht abgeschlossen. Ich würde sogar sagen: Sie fehlt mir.
Ehrlich?
Ja, man schafft nicht nur eine Figur, sondern ein Milieu. Wenn man viel Zeit mit seinen Figuren verbringt, wird man etwas merkwürdig. Man weiß hinterher nicht mehr, ob die echt sind oder nicht. Es ist schlimm, wenn die Figuren plötzlich weg sind.
Leben sie dann in Ihrem Kopf weiter?
Nein, im Moment machen sie nichts. Es gibt Leute, die schreiben Bücher systematisch, die machen sich einen Plan, hängen den an die Wand und arbeiten den dann ab. Ich hab’ das bisher bei noch keinem Buch gemacht. Wenn ich das Buch von vorne bis hinten schreibe, heißt das auch, dass ich die Geschichten durchlebe.
Alle Ihre Bücher waren erfolgreich. Lässt einen das ruhiger werden beim Schreiben?
Nein. Ich habe bei jedem Buch das Gefühl, als hätte ich noch nie eines geschrieben. Der Druck ist auch deshalb groß, weil ich nie gedacht hätte, dass man so eine Wahnsinns-Resonanz auf Bücher bekommen kann, vor allem nicht auf lustige, unterhaltsame. Da entwickelt man schon eine Art Verantwortung gegenüber den Lesern. Und natürlich hat man Angst, dass man sie beim nächsten Buch enttäuschen könnte.
Was macht man dagegen?
Joggen gehen.