Winfried Hermann gibt reichlich Geld für die E-Mobilität aus. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Trotz mehrmaliger Kritik der Rechnungsprüfer vergibt das baden-württembergische Verkehrsministerium großzügig Geld für E-Autos.

Den Klimaschutz lässt sich das Verkehrsministerium im Land einiges kosten. Allein in den Jahren 2017 bis 2021 betrieb das Haus von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach Angaben des Landesrechnungshofs 26 Programme, deren Budget in Lauf dieser Zeit von 25 auf 148 Millionen Euro stieg. Nachhaltigkeitsberater von Kommunen wurden ebenso gefördert wie elektrische Lastenräder oder der Kauf der vom Bund ohnehin hoch subventionierten Elektroautos.

Nicht die erste Beanstandung

Die Art und Weise der Förderung weckt nun aber zunehmend den Argwohn der Rechnungsprüfer. Bereits vor einigen Monaten hatten die unabhängigen Prüfer geradezu fundamentale Kritik am Umgang des Ministeriums mit den Fördermitteln für die E-Mobilität geübt. Obwohl die Landeshaushaltsordnung für alle finanzwirksamen Maßnahmen „angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen“ vorsehen, habe das Verkehrsministerium nicht einmal festgelegt, welche Zielgrößen man überhaupt erreichen wolle.

Besonders genau nahmen die Prüfer das Programm „Verkehrswacht elektrisiert“ unter die Lupe, über das die Landesverkehrswacht, ausgestattet mit 400 000 Euro, eine Flotte von E-Autos leaste, um diese der Bevölkerung für Probefahrten zur Verfügung zu stellen. Die Prüfer kamen dabei zu einem Fazit, wie es kritischer kaum hätte ausfallen können: Das gesamte Projekt sei schlicht „nicht erforderlich“. Denn wer sich für E-Autos interessiere, könne auch ohne dieses Projekt Elektrofahrzeuge unterschiedlicher Hersteller kennenlernen – nämlich durch Probefahrten bei Autohändlern.

Initiative vom späteren Empfänger

Kritisch sehen die Rechnungsprüfer auch, dass die Förderung auf Betreiben derjenigen zustande kam, die das Geld später auch erhielten. Beim Probefahrten-Projekt hatte die Landesverkehrswacht die Förderung selbst beantragt, in deren Genuss sie dann kam. Da das Verkehrsministerium Zweifel an der Zulässigkeit der Subventionen hegte, legte die Verkehrswacht sogar ein Gutachten vor, das die Zweifel zerstreuen sollte und auf die sich das Ministerium in seinem späteren Bewilligungsbescheid berief.

Nun nimmt der Landesrechnungshof erneut Anstoß an einem Förderprojekt des Hauses Hermann zur Elektromobilität, und wieder bemängelt er, dass Fördergelder in sechsstelliger Höhe freihändig vergeben wurden. Das Projekt „Fahrschule der Zukunft“, mit 535 288 Euro noch höher ausgestattet als das gut 400 000 Euro umfassende Projekt mit der Verkehrswacht, weise „durchaus Ähnlichkeiten“ mit dem Förderprojekt „Verkehrswacht elektrisiert“ auf, schreiben die Rechnungsprüfer. Schon damals habe man empfohlen, die Erforderlichkeit einer Förderung „kritisch zu prüfen“. Problematisch sei auch, wenn Förderungen „auf Anregung des späteren Zuwendungsempfängers und ohne wettbewerbsneutralen Förderaufruf zustande kommen“.

Es fehlt an Transparenz

Tatsächlich bewarben sich die späteren Geldempfänger nicht etwa auf öffentliche Ausschreibungen, sondern reichten bei Hermanns Behörde selbst Projekte ein – in dem einen Fall das Leasing von E-Autos für Probefahrten durch die Verkehrswacht, im anderen Fall die Konzeption von Unterrichtsmaterialien zur Weiterbildung von Fahrlehrern für die E-Mobilität durch den Fahrschulverband BDFU, der von Hermanns Parteifreund Rainer Zeltwanger geführt wird.

Solchen Förderungen fehlt es nach Ansicht der Rechnungsprüfer aber an „Transparenz und Diskriminierungsfreiheit“. Damit ist offenbar gemeint, dass andere Institutionen, die diese Projekte ebenfalls und möglicherweise auch günstiger hätten realisieren können, keine Chance hatten, sich bei einer Ausschreibung durchzusetzen, weil sie von den unter der Hand vergebenen Fördermitteln erst gar nicht erfahren haben.

Auch an der Erforderlichkeit der Förderung gab es in beiden Fällen öffentliche Zweifel. Beim Probefahrten-Projekt wurde kritisiert, dass diese auch von gewerblichen Händlern angeboten werden; beim Fahrschulprojekt gab es sogar aus Kritik aus der geförderten Branche selbst. Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg, mit 1710 Mitgliedern deutlich größer als der 50 Fahrschulen umfassende BDFU, hatte erklärt, die E-Mobilität sei bereits seit Jahren ein wesentlicher Bestandteil der Fortbildung.

Ministerium weist Kritik zurück

Hermann selbst hatte die Kritik an der Vergabe stets zurückgewiesen. Die Förderung sei notwendig, da Fahrschulen, „sehr wichtige Multiplikatoren für die Elektromobilität“ seien. Wer zur Fahrschule gehe, könne Erfahrung mit der Realität der E-Mobilität sammeln, werde aber „ausgebildet mit Materialien, die zu einem großen Teil noch aus der alten Mobilität stammen“. Dass man Mittel ohne Ausschreibung vergibt, hatte Hermann im Interview mit unserer Zeitung damit begründet, dass es im Land „viele innovative Verbände und Unternehmen mit zukunftsweisenden Ideen“ gebe, für die es oft keinen Markt gebe und denen die finanziellen Ressourcen für eine Umsetzung fehlten. Diese könnten direkt auf das Ministerium zugehen.

Der Stuttgarter Landtagsabgeordnete Friedrich Haag (FDP), der die Subventionen mit Anfragen zum parlamentarischen Thema machte, sieht sich durch die neuerliche Kritik der Rechnungsprüfer bestätigt. Es könne Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern „nicht zugemutet werden, dass derart freihändig mit ihrem sauer verdienten Geld umgegangen wird“, erklärte er unserer Zeitung. Erst recht dürfe „nicht der Anschein entstehen, die Mittel würden in einem grünen Sumpf versinken“.