Sie bestimmen das Bild vom Elektroauto in Stuttgart: E-Smart Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Um mehr Elektroautos auf die Straße zu bekommen, könnte es bald auch in Deutschland eine Kaufprämie geben. Doch selbst mit staatlicher Stütze kommt ein E-Auto nicht weit. Dazu braucht es mehr Ladesäulen.

Stuttgart - Sie sind unübersehbar, aber oft von artfremden Autos zugeparkt: 315 Ladestationen mit 500 Ladepunkten (die Zahl der Steckerplätze) hat die Energie Baden-Württemberg in Stuttgart und der Region mit staatlicher Hilfe aufgebaut. 3,5 Millionen Steuer-Euro flossen in diese und die E-Tankstellen-Infrastruktur in der Bodenseeregion. So richtig zufrieden ist der Energieversorger EnBW mit der Nutzung noch nicht, und das liegt nicht daran, dass die Landeshauptstadt im vergangenen Jahr mehr als 5000 Strafzettel an Benziner- und Dieselautos geheftet hat, die die Säulen zuparkten. „Die zehn bis 30 Euro Strafe machen den Leuten offenbar nichts aus“, sagt Ralf Maier-Geißer, E-Mobilitäts-Projektleiter der Stadt, kopfschüttelnd.

Von 2012 bis 2014 habe man im Großraum Stuttgart rund 100 000 Ladevorgänge gezählt, Mitte 2014 bis Mitte 2015 dann noch einmal so viele. „E-Mobilität braucht Masse“, kommentiert Matthias Brumbach von der EnBW das bisherige Zuschussgeschäft, und an der Masse fehle es. Von den rund 19 000 Elektromobilen in Deutschland fahren in der Landeshauptstand und der Region gerade mal 2271, und da sind Roller mit Batterie schon dabei. „Wir brauchen ein Maßnahmenbündel für den Hochlauf der E-Mobilität, Stationen allein reichen nicht“, so Stephan Wunnerlich, der bei der EnBW den Zweig E-Mobilität entwickelt.

Neue Stromspender zwingend nötig

An Säulen in der Theodor-Heuss- oder Lautenschlagerstraße wird pro Jahr 3000-mal angedockt, „in ländlichen Gebieten liegt die Zahl unter 100“, sagt Wunnerlich. Für den ländlichen Raum habe man daher keine Ausbaupläne, dafür aber für Stuttgart. Hier soll es an den Einfallstraße bald fünf Schnellladesäulen geben, die mindestens 50 statt der bisher üblichen maximal 22 Kilowatt pro Stunde liefern können. „Die neuen Säulen wären erweiterbar auf bis zu 150 Kilowatt“, sagt Wunnerlich. Das sei eine mittelfristig sinnvolle Größe, auch wenn Autohersteller „jetzt schon von 350 Kilowatt sprechen“.

Die nächste E-Auto-Generation, für die der Opel Ampera e 2017 den Auftakt geben könnte (baugleich mit Chevrolet Bolt), braucht derartige Stromspender zwingend, denn sie hat im Doppelboden nicht nur 20- oder 30-kW-Batterien wie BMW i3, Nissan Leaf, Renault Zoe oder B-Klasse 250 e heute, sondern 60- kW-Akkus. Damit wären 300 Kilometer Fahrtstrecke am Stück statt heute 100 bis 170 Kilometer machbar. An 150-kW-Säulen könnte der E-Tank in einer halben Stunde gefüllt werden. Der Opel soll mit Förderung 30 000 Euro kosten. Eine Kampfansage an die Wettbewerber, die zwischen 16 500 (Renault Zoe, plus mindestens 49 Euro Batteriemiete pro Monat) und 39 150 Euro (Mercedes B 250 e) rangieren.

Einheitliche Stecker als Ziele

Das E-Vorbild Tesla hat schon heute Speicher mit mindestens 70 Kilowatt, aber für ein solches „Premium-Elektrofahrzeug“ (Tesla-Werbung) wird mit 78 000 Euro auch ein gewisser Premium-Aufschlag verlangt. Dafür gibt es dann bundesweit exklusive Ladesäulen und kostenlosen Strom.

Schnelles Laden ist für schnelles Weiterkommen entscheidend. Am 26. Februar soll der Bundesrat die EU-Richtlinie „Clean Power for Transport“ durchwinken. Damit werden statt Stecker-Wirrwarr das in Amerika und Europa angewandte Typ-2-Steckersystem und der Combo-2-Stecker festgeschrieben. Das schaffe „Investitionsklarheit“, schreibt das Verkehrsministerium von Winfried Hermann (Grüne), der neuerdings auch einen Kaufzuschuss von 5000 Euro für reine E-Fahrzeuge für angemessen hält. Hermann will im Land im Radius von je zehn Kilometern eine Lademöglichkeit. Das wären rund 2000 Säulen für 20 Millionen Euro. Eine Aufgabe für die nächste Regierung, wer auch immer sie stellt.

Stadt baut ihren Fuhrpark um

Ohne Schnellladefähigkeit in den Autos werde es in Stuttgart keinen Zuschuss für E-Taxen geben, sagt Ralf Maier-Geißer. 192 000 Euro stellt die Stadt bis Ende 2017 bereit. Das Geld soll exklusiv Taxler elektrisieren, für die Abkehr vom Diesel sorgen und so die Schadstoffbelastung in der City drücken. Außerdem werden 30 Dieselfahrzeuge aus dem städtischen Fuhrpark ersetzt. Dafür, für Lastfahrräder und Lade-Infrastruktur an städtischen Ämtern stehen 300 000 Euro zur Verfügung. „Wir führen Gespräche mit allen Herstellern“, sagt Maier-Geißer.

Angesichts niedriger Spritpreise sind Stromer bei den Betriebskosten näher an die Verbrenner gerückt. Bei 1,25 Euro pro Liter Benzin und sieben Liter auf 100 Kilometer werden für 10 000 Kilometer 875 Euro fällig, bei 1,55 Euro aber schon 1085 Euro. Ein E-Mobil tankt (20 kW Verbrauch auf 100 Kilometer) für 500 Euro (25 Cent pro kWh) – wenn die Ladesäule frei ist.