Daimler Truck setzt bei den Antrieben der Zukunft auf Batterien und Wasserstoff. Foto: dpa/Daimler Truck

Drei Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen – Daimler Truck, die Volvo Group und die VW-Tochter Traton – wollen in einem gemeinsamen Unternehmen den Ausbau von Ladestationen für Ökostrom vorantreiben. Daimler Truck setzt auf Elektro- und Wasserstoffantriebe.

Die drei großen Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck, die Volvo Group und die VW-Tochter Traton Group starten den Aufbau und den Betrieb eines öffentlichen Hochleistungs-Ladenetzes in Europa . Das im vergangenen Jahr angekündigte und nun vollzogene Joint Venture plant, mindestens 1700 Ladepunkte für Ökostrom an und in der Nähe von Autobahnen sowie an Logistik-Knotenpunkten in Europa zu errichten und zu betreiben. Die drei Partner wollen hierfür zusammen 500 Millionen Euro investieren. Es handelt sich dabei nach Angaben der Unternehmen um die bisher bei Weitem größte Investition in Ladeinfrastruktur für schwere Lastwagen in Europa.

Aufbau eines europaweiten Ladenetzes

Das rechtlich selbstständige Gemeinschaftsunternehmen wird seinen Sitz in Amsterdam in den Niederlanden haben. Anja van Niersen, die das neue Unternehmen leiten wird, bringt Erfahrung aus den Bereichen Energie- und Ladeinfrastruktur mit. Zuletzt war sie Aufsichtsratsvorsitzende und zuvor bereits Chefin eines großen europäischen Anbieters von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.

Daimler Truck, Volvo und Traton hoffen, dass sie noch weitere Partner für das Ladenetz finden, setzen aber auch auf öffentliche Fördermittel. „Wir gehen jetzt den ersten Schritt, um den Übergang zu einem nachhaltigen Transport ohne fossile Brennstoffe zu beschleunigen. Der zweite Schritt sollte ein starkes Engagement der EU für den vollständigen Ausbau des Ladenetzes in ganz Europa sein“, sagte der damalige Traton-Chef Matthias Gründler bei der Präsentation der Kooperation.

Keine Illusionen bei den Lkw-Herstellern

Die deutschen Lkw-Hersteller geben sich keinerlei Illusionen hin. Dem Dieselmotor läutet auch in ihrer Branche das Totenglöckchen. Es bahnt sich eine technische Revolution an, auf die die Unternehmen erstaunlich gelassen reagieren. Der Grund: Sie arbeiten schon seit Jahren an alternativen und CO2-neutralen Antriebsformen. Welcher Motor sich in schweren Fahrzeugen am Ende tatsächlich durchsetzen wird, steht indes in den Sternen.

Aus diesem Grund etwa verfolgt Daimler Truck eine Doppelstrategie. Der Nutzfahrzeughersteller setzt auf Batterien und wasserstoffbasierte Antriebe. Auch der Zeitrahmen ist schon abgesteckt. Bis zum Jahr 2039 will der Branchenprimus nach eigenen Angaben in den globalen Kernmärkten nur noch Neufahrzeuge anbieten, die im Fahrbetrieb CO2-neutral sind.

Unterschiedliche Einsatzgebiete der Fahrzeuge

Die Einsatzgebiete der Fahrzeuge sind zum Teil sehr unterschiedlich. So werden Batterien in leichtere Lastwagen mit kurzen Fahrwegen eingebaut. Ganz anders stellt sich die Situation im schweren Fernverkehr dar. Sollen die Lkw viele Hundert Kilometer mit schweren Frachten zurücklegen, werden nach Einschätzung von Daimler Truck voraussichtlich Antriebe mit Wasserstoff das Rennen machen.

„Grüner Wasserstoff wird eine zentrale Rolle spielen“, unterstreicht Andreas Gorbach, Mitglied des Vorstands von Daimler Truck. Der Treibstoff ist im Moment zwar noch eher eine Mangelware und sehr teuer, doch Gorbach gibt sich zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass dieser perspektivisch zu sehr attraktiven Preisen gehandelt wird.“ Offensichtlich glauben die Stuttgarter Ingenieure auch, dass Wasserstoff nicht nur im Transportbereich eine große Rolle spielen wird. Einzig Wasserstoff ermögliche als langfristig speicherbarer Energieträger eine stabile, vollständig erneuerbare Stromversorgung, heißt es von den Daimler-Ingenieuren. Zudem gebe es zahlreiche Einsatzbereiche, die nur mit Wasserstoff dekarbonisiert werden könnten.

Rückendeckung von der Politik erhofft

Rückendeckung bekommt das Stuttgarter Unternehmen bei der Entwicklung klimaneutraler Antriebstechnik von der Politik. „Der aktuelle Vorschlag für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge kann bei der Fortschreibung der CO2-Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge nicht als Blaupause dienen“, sagt Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. „Wir brauchen einen wirklich technologieoffenen Ansatz, um der Breite der Anforderungen gerecht zu werden.“ Die Politikerin setzt beim Kampf gegen den Klimawandel auch in diesem Fall auf den schwäbischen Erfindergeist und Pragmatismus, der sich gegen die Konkurrenz durchsetzen soll. „Damit halten wir Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Land“, erklärt Nicole Hoffmeister-Kraut.

Viele steckt noch in den Kinderschuhen

Erst im April dieses Jahres konnte sie in diesem Fall einen Erfolg verkünden. Daimler Truck wird zusammen mit Volvo in der Nähe von Stuttgart eine Brennstoffzellenfabrik aufbauen. Das Gemeinschaftsunternehmen Cellcentric soll 2026 die Produktion aufnehmen und im ersten Schritt fast 500 Arbeitsplätze bieten. Was die Entwicklung der Antriebe angeht, gibt sich Daimler-Manager Andreas Gorbach also optimistisch, auch wenn alle Antriebe im Moment noch in den Kinderschuhen stecken. Angepeilt ist etwa, dass ein mit Wasserstoff betriebener Brennstoffzellen-Lastwagen mit einer Reichweite von über 1000 Kilometern im Jahr 2027 in die Serienfertigung gehen kann.

Wesentlich mehr Sorgen bereiten den Lkw-Herstellern die Versorgung der Fahrzeuge im täglichen Einsatz mit dem entsprechenden Treibstoff. Gorbach sieht auch hier Vorteile beim Wasserstoff, der eine größere Reichweite biete, kürzere Tankzeiten und damit mehr Flexibilität habe.