Norwegen baut das Netz der Ladestationen für Elektroautos kräftig aus. Foto: dpa

Norwegen ist Vorreiter bei Elektroautos, weil es sich das leisten kann, meint Christoph Link.

Oslo - Mit Wasserkraft ist Norwegen reichlich gesegnet, mit Öl- und Gasvorkommen ebenfalls. Die gut fünf Millionen Norweger verfügen über soviel überschüssige grüne Elektrizität, dass es in manchen öffentlichen Gebäuden gar keine Schalter gibt, um das Licht auszuschalten. Die Haushalte heizen mit Strom, und im Stromverbrauch ist Norwegen deshalb auch Weltmeister. Ein durchschnittlicher Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden im Jahr pro Haushalt ist ein Rekord, in Deutschland liegt er bei 3500 Kilowattstunden. Die Norweger schwelgen also im Energie-Luxus.

Norwegen hat Energie im Überfluss

Vor diesem Hintergrund sind die politischen Rahmenbedingungen zu sehen, mit der Norwegen radikal den Ausbau der E-Mobilität fördert. Man hat Energie im Überfluss und kann es sich leisten. Jetzt endlich gibt es auf dem Automarkt ansprechende Modelle, und die norwegischen Verbraucher greifen zu, die Trendwende ist da. Privilegien und finanzielle Anreize verlocken massiv zum Kauf eines Elektrofahrzeugs oder eines Plug-in-Hybrids.

Der Besuch einer 50-köpfigen Wirtschaftsdelegation aus Baden-Württemberg sollte dem Lernen vom E-Pionier dienen – aber der skandinavische Staat taugt nur bedingt zum Vorbild. Lernen kann man von dem skandinavischen Staat allenfalls, wie rasch ein Netz von Ladestationen aufgebaut werden kann. Deutschland geht in der Umweltpolitik seinen eigenen Weg, es hat seinen Stromsektor mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz massiv und mit Milliardensubventionen umgebaut in Richtung saubere und sichere Energie. Norwegen tut das Gleiche mit dem Verkehrssektor, der noch als einziger auf seiner Klimabilanz lastet. Nicht vergessen werden darf, dass der Reichtum Norwegens auf dem Export fossiler Brennstoffe beruht, die in anderen Ländern klimabelastend verfeuert werden.

Die Autohersteller haben die Entwicklung verschlafen

Was den Autosektor anbelangt, darf aber schon darauf hingewiesen werden, dass die langen Wartezeiten für Elektroautos in Norwegen ein weiterer Beleg dafür sind, dass die Hersteller eine Entwicklung verschlafen haben. Die Nachfrage nach guten Elektroautos ist vorhanden, das Angebot hinkt jedoch hinterher und kann sie nicht befriedigen. Ein schlechteres Zeugnis kann man Industriebossen kaum ausstellen.