Yucken Han testet Vor- und Nachteile des Elektroautos Foto: Lichtgut/Ines Rudel

50 Studenten der Dualen Hochschule in Stuttgart haben untersucht, welche Vorurteile Menschen verschiedener Kulturen gegen Elektromobilität haben. Am Donnerstag präsentierten sie ihre Erkenntnisse.

Stuttgart - Der Chinese Yucken Han war einer von 150 Testfahrern, die im Dezember auf Elektroauto-Testfahrt durch den Stuttgarter Westen war. Eine Eye-Tracking-Brille hat dabei erfasst, wohin seine Blicke während der Fahrt gehen. Seit Ende Januar haben die Studenten der Dualen Hochschule die Daten ausgewertet.

Die Ergebnisse waren zum Teil überraschend. „Gerade die chinesischen Fahrer haben mehr Wert auf Sicherheit gelegt als die deutschen. Das hätten wir nicht erwartet. Auch das Image ihres Fahrzeuges ist ihnen wichtiger als den anderen“, sagt Projektleiter Marc Kuhn. Anstatt Sicherheit stand bei den deutschen Fahrer vor allem der Fahrspaß im Mittelpunkt.

Testpersonen aus den wichtigsten Autonationen: Deutschland, China und Amerika

Den Schwerpunkt des Direktvergleichs legten die Studenten der dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart darauf, ob Fahrer unterschiedlicher Kulturen die Elektromobilität unterschiedlich beurteilen. „Eine solche Studie ist weltweit einzigartig“, sagt Kuhn. Deshalb stammten die Testpersonen aus Ländern mit den wichtigsten Absatzmärkten der Autoindustrie: Deutschland, China und Amerika.

Bei allen Testfahrern ließ sich feststellen, dass sie nach ihrer Fahrt ein deutlich positiveres Bild von Elektroautos hatten als davor. Nur in Bezug auf den Umweltaspekt waren die Bewertung danach schlechter. „Die Leute denken immer, dass ein Elektroauto kaum beschleunigen kann. Bei der Fahrt hat sich aber das Gegenteil gezeigt. Dadurch entstand bei ihren der Eindruck, dass ein solch leistungsstarkes Fahrzeug nicht umweltfreundlich sein kann“, erklärt Kuhn.

Die Studie bestätigt aber auch den großen Knackpunkt der Elektroautos. Die hohen Kosten lassen viele Konsumenten vor einem Kauf zurückschrecken. Im Schnitt kostet ein Wagen mit Elektroantrieb zwischen 35 000 und 40 000 Euro. Bei Sportwagen kann der Preis sogar im hohen sechsstelligen Bereich liegen. Nur die deutschen Testfahrer beurteilten die Gesamtkosten weitgehend positiv. Ein Grund dafür dürften die aktuell hohen Benzinpreise sein.

Wenn Nachfrage an Batterien steigt, kann auch billiger produziert werden

Damit das Geschäft mit den Elektrofahrzeugen für die Automobilbranche lukrativ ist, müssen diese die Kosten für die Batterieherstellung senken. „Wenn die Nachfrage an diesen Batterien steigt, kann auch billiger produziert werden“, stellt Kuhn fest. Mittlerweile muss auch niemand mehr Angst haben, dass ein Elektroauto plötzlich stehen bleibt. Die meisten Batterien haben eine Reichweite von mindestens 130 Kilometern.

Durch die Studie der Stuttgarter Studenten bekommen die Hersteller nun einen Einblick in die Bedürfnisse der Kunden. „Sie können nun mit den Argumenten für die Elektromobilität variieren und sie den jeweiligen Bedürfnissen in den verschiedenen Ländern anpassen“, sagt Kuhn.

Aus diesem Grund waren auch viele Vertreter von deutschen Autobauern wie Daimler, Porsche und BMW am Donnerstagabend in Stuttgart. „Ich habe viel Kundenkontakt nach China. Es ist spannend zu sehen, wie sich meine Erfahrungen mit den Ergebnissen der Studie decken. Der Verkauf von Elektroautos scheitert oft an Vorurteilen. Mit diesen müssen wir jetzt Stück für Stück aufräumen“, Katharina Kienle, die bei Volkswagen als Bezirksleiterin im Bereich e-Mobilität arbeitet.

Im September fährt Kuhn mit seinen Studenten nach Berlin. Dort werden sie ihr Projekt im Deutschen Bundestag vorstellen. „Wir erhoffen uns eine sehr große Resonanz in der Politik. In anderen Ländern gibt es bereits Förderprogramme für die Elektromobilität“, sagt Kuhn.

Wie sich diese Programme auf die Wahrnehmung von Elektroautos auswirken, untersucht er zusammen mit Studenten der Fakultäten Wirtschaft und Technik im kommenden Wintersemester. Die Teststudie aus Stuttgart wird dann vor Ort in den Niederlanden und in Dänemark durchgeführt. In dem skandinavischen Land erhalten Fahrer von Elektroautos steuerliche Vergünstigungen. „Die Subventionierung durch den Staat spielt eine Rolle, wenn es um die Haltung gegenüber Elektroautos geht“, sagt Marc Kuhn.