Joaquín „El Chapo“ Guzmán sitzt seit seiner Auslieferung Anfang 2017 in einem Hochsicherheitsgefängnis in New York Foto: AP

Zwölf Geschworene sind gefunden, jetzt kann der Prozess gegen den mexikanischen Drogenboss Joaquín „El Chapo“ Guzmán richtig losgehen. Die strengen Sicherheitsbedingungen machen New York zu schaffen - aber schon bei der Jury-Auswahl gab es Kurioses.

New York - Ein Jury-Kandidat gab seinen Job als „Michael-Jackson-Imitator“ an. Er fiel durch. Ein anderer Jury-Kandidat bat um ein Autogramm von „El Chapo“. „Ich bin ein bisschen Fan.“ Auch er fiel durch. Aber nach drei Tagen, an denen Staatsanwaltschaft und Verteidigung Dutzende Kandidaten befragten, steht eine zwölfköpfige Jury - sieben Frauen, fünf Männer - für den Prozess gegen den ehemaligen mexikanischen Drogenboss Joaquín „El Chapo“ Guzmán in New York. Aus Sicherheitsgründen sollen die Geschworenen anonym bleiben. Am Dienstag (13. November) kann das Mammut-Verfahren gegen den einst mächtigsten Drogenboss der Welt mit den Eröffnungsplädoyers nun also richtig losgehen.

Die strengen Sicherheitsvorkehrungen machen der Millionenmetropole New York schon jetzt zu schaffen. „El Chapo“ sitzt seit seiner Auslieferung an die USA im Januar 2017 in einem Hochsicherheitsgefängnis in New York - in einer 15 Quadratmeter großen, fensterlosen Zelle. In Mexiko waren ihm mehrfach spektakuläre Gefängnisausbrüche gelungen; in New York will man sich diese Blamage nicht geben.

Verkehrskollaps vorprogrammiert

Das Problem: Das Gefängnis ist in Manhattan, das Gericht in Brooklyn. Vor Prozessbeginn musste für jeden Gerichtstermin zweimal die viel befahrene Brooklyn Bridge komplett gesperrt werden, ein Infrastruktur-Alptraum für New York. Nun überlegen die Behörden, „El Chapo“ während des Prozesses zumindest unter der Woche in einer Zelle in Brooklyn unterzubringen.

Der einst so mächtige Drogenboss gibt sich unterdessen brav und angepasst. Zum Auftakt der Jury-Auswahl erschien er in blauem Jackett und weißem Hemd mit dickem Kragen, die obersten zwei Knöpfe offen. Nachdem das für Schlagzeilen sorgte, zeigte er sich an den darauffolgenden Tagen zugeknöpft mit Krawatte und Anzug. Die Jury-Auswahl verfolgte er oft über Kopfhörer und Simultan-Dolmetscher, äußerte sich nicht, grinste nur hin und wieder.

„El Chapo“ äußert einen Wunsch

Nur eine Bitte stellte er an den Richter: Er wolle seine Frau Emma Coronel, mit der er siebenjährige Zwillinge hat, umarmen. Bislang ist ihm jeder physische Kontakt zu Coronel aus Sicherheitsgründen verboten.

Die US-Justiz wirft dem wegen seiner Körpergröße von etwas mehr als 1,60 Meter „El Chapo“ (Der Kurze) genannten Guzmán unter anderem Drogenhandel, Geldwäsche und das Führen einer kriminellen Organisation - des mexikanischen Drogenkartells Sinaloa - vor. Er soll tonnenweise Kokain und Heroin in die USA geschmuggelt und damit Milliarden verdient haben. Zudem soll der 61-Jährige für bis zu 3000 Morde verantwortlich sein.

Star-Verteidiger angeheuert

Guzmán droht lebenslange Haft. Die Todesstrafe ist nach einer Einigung zwischen Mexiko und den USA ausgeschlossen. Das Verfahren wird nach Einschätzung von Richter Brian Cogan mehrere Monate dauern.

Rund ein Dutzend Staatsanwälte arbeiten an dem Fall. 16 Zeugen - darunter mexikanische und kolumbianische Dealer, die in US-Gefängnissen sitzen - haben sie in Stellung gebracht, um gegen „El Chapo“ auszusagen. Guzmán hat mehrere Star-Verteidiger angeheuert. Das Gericht in Brooklyn gilt als Institution im Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Der Drogenkrieg in Mexiko tobt allerdings auch ohne „El Chapo“ weiter.

Sein Mandant sei bereit für den Prozess, sagte Anwalt Eduardo Balarezo zuletzt. Die Chancen, dass die USA ihn als Trophäe auf Lebzeiten hinter Gitter bringen, stehen allerdings gut.