Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) kritisiert einen Post des AfD-Abgeordneten Lindenschmid. Foto: Landtag BW

Der AfD-Abgeordnete Daniel Lindenschmid musste im Landtag zuletzt sein „Charlie Kirk“-Shirt verdecken. Im Netz tauchte ein anderes Foto auf. Jetzt ist klar: Es war manipuliert.

Es war eine ganz offensichtlich missglückte Inszenierung. Nachdem der AfD-Abgeordnete Daniel Lindenschmid ein T-Shirt mit Aufdruck in einer Plenardebatte bedecken musste, tauchte ein anderes Foto in sozialen Medien auf. Jetzt räumte Lindenschmid die nachträgliche Manipulation des Fotos ein, sodass der Schriftzug in sozialen Medien sichtbar war: „Das Bild wurde ganz händisch mit Photoshop bearbeitet“, sagte Lindenschmid am Mittwoch im Landtag.

 

T-Shirt in Plenardebatte war Stein des Anstoßes

Was war passiert? Bei der von der AfD angemeldeten Plenardebatte war Lindenschmid mit geöffnetem Sakko ans Rednerpult getreten. Darunter trug er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Debatte statt Gewalt #Charlie Kirk“. Der Spruch spielt auf den US-amerikanischen Aktivisten Charlie Kirk an, der im September erschossen worden war und in Teilen des rechten politischen Spektrums inzwischen als Märtyrer für die Meinungsfreiheit gilt. Landtagspräsidentin Muhterem Aras forderte Lindenschmid auf, das Sakko zu schließen. Daraufhin setzte der Abgeordnete seinen Redebeitrag über Kirk und den Umgang mit dessen Tod mit geschlossenem Sakko fort. Schon zuvor war der Schriftzug nicht in Gänze erkennbar gewesen, nur das Wort Charlie war zu erkennen.

Non-verbale Meinungsbekundungen sind im Plenarsaal des Landtags nicht erlaubt. In diese Kategorie fallen unter anderem Botschaften auf der Kleidung – unabhängig von ihrem politischen Hintergrund. Wie ein Sprecher des Landtags klarstellt, handelt es sich dabei um Verstöße gegen die parlamentarische Ordnung. Einen Ordnungsruf kassierte Lindenschmid während seiner Rede nicht. Aras wies ihn lediglich darauf hin, sein Sakko zu schließen. Lindenschmid sagte, er habe schon davor versucht, den Schriftzug zu bedecken.

AfD veröffentlichte beareitetes Bild

In den sozialen Medien veröffentlichte die AfD-Fraktion dann allerdings ein ganz anderes Bild. Das stieß der Landtagspräsidentin auf: „Allerdings hat Herr Lindenschmid nach der Sitzung ein mit KI generiertes Foto auf seinem Facebook-Account veröffentlicht“, sagte Aras zu Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch. Das Foto, das die AfD-Fraktion zuerst veröffentlichte, zeigte den Abgeordneten mit weit geöffnetem Sakko und gut lesbarer politischer Botschaft. Bevor Lindenschmid die Manipulation eingeräumt hatte, hatte Fraktionschef Anton Baron noch zu relativieren versucht, ein Fotograf habe zum richtigen Zeitpunkt abgedrückt. Inzwischen ist der Post aus den Accounts entfernt worden. Es kommt immer wieder vor, dass AfD-Abgeordnete Schnipsel aus ihren Reden im Landtag in sozialen Medien verwenden, um sich zu inszenieren.

An seine Leserschaft habe Lindenschmid in dem Post die Frage gerichtet. „Wollt ihr mehr solcher Aktionen?“ Für Aras ein Indiz, dass ein Regelbruch inszeniert werden sollte, der gar nicht stattgefunden hat. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Daniel Lede Abal, sagte: „Wieder mal missbraucht die AfD-Fraktion den Landtag als Kulisse für ihre Hetze auf Social Media. Das zeigt einmal mehr, wie sehr sie unser Parlament und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung verachtet.“ Die Landtagspräsidentin geht noch weiter: „Die Öffentlichkeit wird bewusst in die Irre geführt“, sagt sie. „Es handelt sich um eine neue Dimension von Desinformation, unter Einsatz von KI.“ Sie verurteile das aufs Schärfste.

Lindenschmid sah sich durch Aras provoziert

An dem Punkt widerspricht die AfD: Erst nachdem Aras ihn zurechtgewiesen hatte, dass Teile lesbar gewesen seien, habe die AfD sich entschlossen, das nachträglich bearbeitete Foto zu veröffentlichen. Generative KI sei nicht im Spiel gewesen. „Der Schriftzug wurde dabei mit Photoshop bearbeitet und das Foto im Nachgang mit minimalem Einsatz von KI glattgezogen“, räumte ein Fraktionssprecher ein.

In vergangenen Wahlkämpfen waren immer wieder KI-generierte Fotos bei der AfD aufgetaucht.

SPD und FDP verurteilen Vorgehen

Im Landtag sorgt der Vorfall für Ärger: Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Sascha Binder, sagte: „Die AfD verhöhnt das Parlament, in das sie gewählt wurde. Das ist schäbig und zeigt ihre antidemokratische Haltung.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Immer wieder tritt die AFD die Gepflogenheiten und die guten Sitten im Parlament mit Füßen. Die Wählerinnen und Wähler müssen sich die Frage stellen, ob sie sich von solchen ‚Volksvertretern‘ wirklich vertreten fühlen.“ Rülke hat als Spitzenkandidat für die Landtagswahl die AfD als Hauptgegner bezeichnet. Die CDU-Landtagsfraktion wollte sich nicht äußern. Landtagspräsidentin Aras kündigte an, den Vorgang und die daraus erforderlichen Konsequenzen im Präsidium beraten zu lassen. Der Vorfall könnte also ein Nachspiel haben.