Bild aus dem Jahr 2015: Carlo Maria Viganò ist der Mann links Foto: imago/Zuma Wire/Eddie Moore

Dem italienischen Erzbischof Carlo Maria Viganò droht in einem außergerichtlichen Strafprozess die Exkommunizierung. Der Erzkonservative ist auch als Impfgegner und Anhänger von Verschwörungsmythen bekannt.

Dass das vatikanische Glaubensdikasterium – Nachfolgebehörde der Inquisition – ein Strafverfahren wegen des Verdachts eines Schismas (Kirchenspaltung) einleitet, ist in der zweitausendjährigen Geschichte der katholischen Kirche noch nicht allzu oft vorgekommen. Martin Luther hat dieses Schicksal ereilt, später auch den französischen Erzbischof Lefebvre, Gründer der ultrakonservativen Piusbruderschaft. Die Eröffnung des Verfahrens gegen Carlo Maria Viganò kann deshalb als handfester Eklat bezeichnet werden – zumal es sich bei dem italienischen Erzbischof um einen Prälaten handelt, der früher höchste Kurienämter bekleidet hatte: Er war etwa Generalsekretär des vatikanischen Staatssekretariats und von 2011 bis 2016 Nuntius (Vatikan-Botschafter) in den USA gewesen.

 

Erbitterte Vorwürfe seit 2018

Der heute 83-jährige Erzkonservative gilt als einer der erbittertsten Gegner von Papst Franziskus weltweit. Im Jahr 2018 hatte er dem Papst vorgeworfen, Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren US-Kardinal Theodore McCarrick, mittlerweile abgesetzt, nicht ernst genommen und diesen stattdessen protegiert zu haben. Später zeterte Viganò, mit seinen Öffnungen gegenüber Homosexuellen und der LGBT-Gemeinschaft, mit seinem Einsatz für die Migranten und den Klimaschutz, habe sich Franziskus zum „Diener des Satans“ gemacht. Er forderte ihn zum Rücktritt auf und säte außerdem Zweifel am korrekten Verlauf des Konklaves von 2013, bei dem Jorge Maria Bergoglio zum Papst gewählt wurde.

Man könnte das alles als Hirngespinste eines frustrierten ehemaligen Top-Diplomaten abtun – aber Viganò ist mit seiner Radikal-Kritik nicht allein. Der Widerstand der Traditionalisten gegen den Papst ist in den letzten Jahren rabiater geworden; Viganò ist bestens vernetzt mit den reaktionären (und finanziell sehr potenten) US-Bischöfen rund um den Kardinal und Trump-Fan Raymond Leo Burke. Auch der ultrakonservative deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller, einst Glaubenshüter im Kirchenstaat, zählt zu seinem Netzwerk. So hatte Müller ein Manifest Viganòs mitunterzeichnet, das alle Klassiker der rechtsradikalen Verschwörungsmythen enthielt: Der italienische Ex-Nuntius witterte in seinem Elaborat überall ominöse „fremde Mächte“ und „supranationale Einheiten“, eine „Politik der drastischen Bevölkerungsreduzierung“ und einen „Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung“. In der Pandemie hat sich Viganò auch als Impfgegner hervorgetan.

Viganò gibt sich gelassen

Mit der Gründung eines Seminars für alle Papstfeinde in einer Einsiedelei in der Nähe der italienischen Stadt Viterbo hat Viganò nun offenbar das Fass zum Überlaufen gebracht: Das Rebellen-Kloster hätte durchaus der Anfang einer „Gegen-Kirche“ werden können. Mit der Leugnung der Legitimität von Papst Franziskus und seiner Ablehnung der Reformen des zweiten vatikanischen Konzils, schreibt das vatikanische Glaubensdikasterium, habe sich der Erzbischof „außerhalb der Kommunion mit der Kirche“ gestellt. Die Behörde hat deshalb einen außergerichtlichen Strafprozess eröffnet, an dessen Ende auf Viganò zwar nicht wie früher der Scheiterhaufen, aber die Exkommunizierung warten könnte. Außerdem könnten Viganò Geldstrafen und Aufenthaltsverbote auferlegt werden.

Viganò zeigt sich davon unbeeindruckt: Die Anklage sei für ihn „eine Ehre“, sie bestätige die Thesen, für die er nun bestraft werden soll, schrieb er auf X. „Das zweite vatikanische Konzil ist ein ideologisches, theologisches, moralisches und liturgisches Krebsgeschwür, und die ,synodale Kirche’ von Bergoglio ist die unausweichliche Metastase davon“, schreibt Viganò.