Sechs der sieben Kandidaten für die Kirchenwahl stehen den Eislinger Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort. Foto: Ines Rudel

Junge Menschen aus Eislingen fühlen den Kandidaten für die Landessynode auf den Zahn und lernen etwas über Demokratie. Veranstalter der Podiumsdiskussion ist das Evangelische Schuldekanat.

Eislingen - Junge Leute, wohin das Auge auch blickt. Das ist in einer Kirche nicht alltäglich. Doch bei einer Podiumsdiskussion des Evangelischen Schuldekanats zur bevorstehenden Kirchenwahl wird wahr, was sich jeder Pfarrer wünscht: 100 Schülerinnen und Schüler haben an diesem Nachmittag auf den Kirchenbänken der Eislinger Christuskirche Platz genommen. Obwohl für die meisten die Teilnahme nicht ganz freiwillig ist, zeigen sich die jungen Menschen aufgeschlossen, und was noch wichtiger ist: Sie haben Fragen an die Kirche und an die Frauen und Männer, die am 1. Dezember für die württembergische Landessynode kandidieren. Am Schluss der Diskussion steht für viele fest: Sie gehen wählen. Auf jeden Fall.

Der Nachwuchs liegt den Kirchenleuten am Herzen. Von den sieben Kandidaten des Wahlkreises Göppingen-Geislingen haben sich sechs Zeit genommen, um mit den Schülern ins Gespräch zu kommen. Der siebte hat abgesagt. Er ist krank. Dass es lebhaft zugeht, ist Ingrid Held zu verdanken. Die Studienleiterin des Evangelischen Schuldekanats und Lehrerin an der Silcherschule hat die Veranstaltung akribisch vorbereitet und moderiert sie mit viel Herzblut. Es ist ihr anzumerken, wie wichtig ihr die Kirche und die Demokratie sind. Unterstützt wird sie von Tom (15) und Nelly (14), zwei ihrer Schüler.

Beifall für die Geislinger Pfarrerin

Sehr viele Fragen sind es nicht, die die Schüler nach einer kurzweiligen Kandidatenvorstellung stellen, dafür aber reichlich unbequeme. Wie es in der Kirche um den Klimaschutz bestellt sei, wie es die Kandidaten denn mit kirchlichen Trauungen homosexueller Paare halten und was sie über Abtreibungen denken, wollen sie wissen.

Georg Steffens, Pfarrer in Schlierbach und Kandidat für die als konservativ-pietistisch geltende Gruppierung Lebendige Gemeinde, erklärt wortreich, dass er sich viel Zeit nehme für homosexuelle Paare, um dann kurz und knapp zu sagen, dass er in der Bibel „keine Handhabe finde, sie zu segnen“. Aus den Schülerreihen schlägt ihm für diese Auskunft Schweigen entgegen, dagegen erhält die Geislinger Pfarrerin Yasna Crüsemann, die für die als liberal geltende Gruppierung Offene Kirche antritt, Beifall. Sie sei froh, dass sie in der Regenbogengemeinde Geislingen die Möglichkeit habe, homosexuelle Paare zu segnen, erklärt sie. Das sei aber nicht genug. „Es ist nicht in Ordnung, dass unsere Landeskirche immer noch Homosexuelle ausgrenzt.“ Beate Keller (Lebendige Gemeinde) ist seit 18 Jahren in der Landessynode. Sie berichtet, dass die Frage der Homo-Ehe zur Zerreißprobe für die Kirche wurde. Sie sei daher glücklich über den Kompromiss, der es einer kleinen Anzahl von Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, gleichgeschlechtliche Partner zu segnen.

Viele Jugendliche wollen wählen gehen

Kopfzerbrechen bereitet den Jugendlichen die Zunahme rechtsextremistischer Umtriebe. „Wie positioniert sich die Kirche dazu?“, fragt der Co-Moderator Tom. Die Kandidaten sind sich einig: das sei zu verurteilen. Beate Keller macht den Jugendlichen Mut, den Mund aufzumachen und gegenzuhalten. „Ich finde es super, dass ihr euch dafür einsetzen wollt.“

Am Ende der Veranstaltung sind die meisten Jugendlichen angetan. „Das hat mir die Sache auf jeden Fall näher gebracht“, erklärt Johannes (15). Für ihn steht fest, dass er am 1. Dezember wählen geht. Niklas (15) will ebenfalls seinen Stimmzettel abgeben. Die Co-Moderatorin Nelly ist dagegen noch unentschieden. Auf jeden Fall findet sie die Veranstaltung gut. Tom, der ebenfalls moderiert hat, ist dagegen entschlossen, zur Wahl zu gehen – als Vorbereitung für später, wenn er sich an den Kommunal- und Bundestagswahlen beteiligen darf. „Die finde ich auch wichtiger“, sagt er.

Sieben Kandidaten treten an

Alle sechs Jahre wird die Evangelische Landessynode Württemberg gewählt. Sie ist die gesetzgebende Versammlung der Kirchenleitung. Das Gremium wählt den Landesbischof und ist verantwortlich für den Kirchenetat. Die gegenwärtig 98 Mitglieder entscheiden, wie die Kirchensteuer verwendet wird. Die Wahl findet am 1. Dezember statt.

Vier Sitze – zwei für Theologen und zwei für Laien – entfallen auf den Wahlkreis Göppingen-Geislingen. Sieben Frauen und Männer kandidieren dafür. Für die als liberal geltende Offene Kirche treten Hansjörg Frank, Vermessungsamtsrat aus Amstetten, Renate Simpfendörfer, Sozialpädagogin aus Eislingen, und die Geislinger Pfarrerin Yasna Crüsemann an. Der Schlierbacher Pfarrer Georg Steffens und Beate Keller, hauswirtschaftliche Betriebsleiterin aus Süßen, bewerben sich für die konservative Lebendige Gemeinde. Für die relativ neue Gruppe Kirche für Morgen stellen sich der Uhinger Diplomphysiker Günter Maier und der Hohenstaufener Pfarrer Jens-Christian Rembold zur Wahl.