Internationale Künstler zeigen in Eislingen ihre Arbeiten. Foto: Kottmann/Veranstalter

Die achte Biennale der Zeichnung in Eislingen zeigt bis zum 15. Juli Arbeiten von 21 internationalen Künstlern. Die Bandbreite der gezeigten Werke ist groß.

Eislingen - Ausgezeichnet im Sinne von zu Ende gezeichnet hat es sich noch lange nicht. Unter dem Titel „ausgezeichnet“ präsentiert sich die achte Biennale der Zeichnung in Eislingen. Sie zeigt einmal mehr die unendlichen Spielarten dieser Kunst. „Zeichnen heißt nicht nur Striche ziehen. Dem Schreiben verwandt, kann man beim Zeichnen auch von künstlerischer Handschrift sprechen“, schreibt der Kunsthistoriker Günter Baumann im Vorwort des Katalogs, der zu der Ausstellung erschienen ist. 21 ganz spezielle künstlerische Handschriften zeigt der Kunstverein Eislingen bis zum 15. Juli in der Galerie in der Alten Post.

Mit sicherer Hand hat Paul Kottmann – er hat auch alle Biennalen zuvor kuratiert – die Werke ausgesucht und so das Kunststück geschafft, dem Betrachter auch bei diesem achten Mal weitere Facetten dieser Kunst vor Augen zu führen. In der Galerie in der Alten Post sind Zeichnungen ausgestellt, die so realistisch wirken wie Fotografien. Andere Arbeiten sehen dagegen wie gepixelt aus oder sind durchzogen von rätselhaften Liniengeflechten oder Zeichen. Wieder andere sprengen die Zweidimensionalität oder aber lassen den Blick zunächst ins scheinbar Leere laufen.

Frei schwebend im Nichts

In der großen Halle zieht zunächst eine Art Plakat mit dem Titel „Leo“ das Auge in den Bann. Die Video-, Objekt- und Zeichenkünstlerin Stefanie Gerhardt hat mit Pastellfarben auf Transparentpapier eine weibliche Person fast in Lebensgröße gezeichnet, die sich an einer unsichtbaren Stange festzuhalten scheint. Doch obwohl die Frau frei schwebend im Nichts hängt, strahlt das Bild eine große Kraft und Lebendigkeit aus. Die Freiburger Künstlerin, die sich in ihrem Werk hauptsächlich mit den Themen Auflösung, Verschwinden und Vergessen befasst, habe diese Person in einem „fragilen Zustand der Transformation“ erfasst, heißt es im Katalog.

Das großformatige Bild „Eis V“ der Hamburger Künstlerin Li Trieb, das nur wenige Meter entfernt gezeigt wird, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Zeichnung. Die Eisschollen wirken wie fotografiert. Doch die Künstlerin, die lange Jahre in der Modebranche tätig war, zeichnet keine authentische Situationen. Ihre Motive – von ihr sind auch die Bilder „Wolken XV“ und „Wasser XXVIII“ ausgestellt – entspringen ihrer Fantasie. Dieser impulsive Zugang relativiert sich durch eine bürokratisch anmutende Nummerierung der Arbeiten und die Nennung der gezeichneten Minuten, im Fall von „Eis V“ 37 210.

Grenzen des Wahrnehmbaren

Ein krasser Gegensatz zu diesen fein gestrichelten Arbeiten Li Triebs sind die Zeichnungen des gebürtigen Breslauers Heiner-Matthias Priesnitz, der mit Bleistift und Pastell die Grenzen des Wahrnehmbaren auslotet. In einem der Nebenräume der Galerie schauen die Besucher auf drei scheinbar leere, weiß gerahmte Blätter. Die Titel verraten die Motive, die sich in dem Weiß nur schemenhaft abzeichnen: „Pentamöbel“, „Architektur“ und „Boote“. Eine ganze Wand an der Stirnseite der großen Halle ist für Birgit Brenners sarkastische und provokative Arbeiten reserviert. Zwei der gezeigten Arbeiten sind eher Objekte denn Zeichnungen. Kein Wunder, die gebürtige Ulmerin ist Professorin für Installation an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Sie beschäftigt sich mit Themen von gesellschaftlicher Brisanz, mit Prostitution und Spielsucht. „Ich wühle gern in Verletzungen“, sagt sie über sich.