Mit dem Derby gegen die Heilbronner Falken schließt sich für Toni Ritter ein Kreis. Seine Profikarriere begann der Zugang der Stuttgart Rebels einst beim Gästeteam.
Derby-Zeit auf der Waldau: Der Eishockey-Oberligist Stuttgart Rebels empfängt an diesem Freitagabend die Heilbronner Falken (20 Uhr) – und beide Kontrahenten haben etwas zu beweisen. Auf der einen Seite die zwölftplatzierten Degerlocher, für die die Saison bisher eine Achterbahnfahrt ist. Auf der anderen Seite die Gäste aus Unterfranken, die ihren Aufstiegsambitionen mit einem enttäuschenden neunten Rang noch überhaupt nicht gerecht geworden sind. Einer, für den dieses Württemberg-Duell eine ganz besondere Begegnung wird, ist Toni Ritter, seines Zeichens Ex-Nationalspieler und ehemaliger Angreifer in Heilbronn, seit Sommer aber Abwehrchef der Rebels. Ob er sich im regionalen Zwiespalt befindet? Mitnichten. „Ich sehe mich als Stuttgarter, und wir wollen hier im Derby ein Zeichen setzen“, kündigt der Routinier an.
Die Begegnung mit seinem Ex-Verein wird eine Reise zurück zu seinen Wurzeln. Geboren im sächsischen Bad Muskau, feierte der heute 35-Jährige sein Profidebüt einst mit den Heilbronner Falken in der zweiten Bundesliga. Lange sollte er aber nicht bleiben. Vielmehr wurde der damalige Kooperationspartner der Adler Mannheim zum Karrieresprungbrett für Ritter, der sich mit dem baldigen Wechsel nach Kanada einen Kindheitstraum verwirklichte. Von einer damaligen Franchise wurde er an 20. Stelle in eine der drei höchsten Jugendligen Kanadas gedraftet. „Ich hatte mir immer erhofft, einmal in Kanada zu spielen; es war eine tolle Zeit“, schwärmt er. Rund zwei Jahre hielt es ihn dort, wobei die zweite Saison von einer schweren Schulterverletzung überschattet wurde. Aber „Höhen und Tiefen gehören“ laut Ritter „ einfach dazu“.
Wieder bergauf gehen sollte es, als Ritter zur Saison 2010/2011 zu den Adlern Mannheim zurückkehrte und mit dem Team 27 Erstliga-Partien absolvierte. Der Höhepunkt in seiner Karriere war drei Jahre später erreicht: Ritter wurde in die Nationalmannschaft berufen und absolvierte drei Länderspiele. Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihm die Partie gegen Frankreich. Das Vorbereitungsspiel für die WM in Minsk 2014 fand in Weißwasser statt. Jener Ort, an dem Ritter aufwuchs und seine Leidenschaft für die Puckjagd auf dem Eis entdeckte. „Meine ganze Familie war da; das war ein toller Moment“, erinnert er sich – auch wenn das Spiel mit 3:4 verloren ging.
Im Alter von zwei Jahren stand er das erste Mal auf dem Eis des zugefrorenen Braunsteichs, einem von zahlreichen Seen und Teichen rund um Weißwasser. Mit dem Umzug in die Stadt war seine Zukunft in der Sportart quasi vorherbestimmt: „Weißwasser ist eine Eishockey-Stadt, da gibt’s nix anderes, das macht man dort halt“, erzählt Ritter, der alsbald für den Nachwuchs der örtlichen Lausitzer Füchse die Schlittschuhe schnürte.
Matt Pistilli lotste den gebürtigen Sachsen nach Stuttgart
Die meiste Zeit seiner sportlichen Laufbahn lehrte der Sachse die gegnerischen Abwehrreihen das Fürchten, im Herbst seiner Karriere schulte er schließlich auf Verteidiger um. Ein Positionswechsel, der vor dreieinhalb Jahren aus der Not geboren wurde. Ritter, der wieder in Diensten der Lausitzer Füchse stand, sollte wegen einer Verletzungsmisere nur für ein Spiel in die Defensive wechseln. Stattdessen blieb es bei seiner neuen Rolle, die er nun auch bei den Rebels inne hat. Deren sportlicher Leiter Matt Pistilli war es, der ihn im Sommer auf die Waldau lotste. „Unser Kapitän bei den Füchsen, Clarke Breitkreuz, spielte zuvor zusammen mit Matt bei den Löwen Frankfurt, so kam der Kontakt zustande“, sagt Ritter. Mit seiner hochschwangeren Freundin Samira zog er im August in die schwäbische Landeshauptstadt, rund einen Monat später wurde Töchterchen Frida geboren.
Nun stellt sich der frischgebackene Vater also der Herausforderung Oberliga. „Ich merke auch, dass es mit der Laufbahn dem Ende zugeht“, sagt der Mann mit der stattlichen Eishockey-Figur. Bei 1,91 Meter Körpergröße bringt er knappe 90 Kilogramm auf die Waage. Ob das Waldau-Team seine letzte Station ist und ob er im kommenden Jahr seinen Vertrag noch einmal verlängert, bleibe abzuwarten. Auch seine Zukunft abseits des Eises hält er offen. In jungen Jahren begann Ritter eine Ausbildung zum Bürokaufmann, legte sie aber wegen des Wechsels nach Kanada im wahren Wortsinn aufs Eis. Dem Profi-Sport wird er aber wohl den Rücken kehren. „Dafür habe ich zu viele Busfahrten gemacht“, sagt Ritter und lacht.
Freilich, so weit ist es noch nicht. „Ich fühle mich gut und habe noch genug Energie, einige Meter auf dem Eis zu machen“, sagt der Abwehrrecke. „Und das Team hält mich auch jung.“ Mit Blick auf den durchwachsenen Saisonstart konstatiert er: „Wir können und müssen bessere Leistungen zeigen.“ Die Chance dazu hat er nun gegen seinen Ex-Club, den er als favorisiert einschätzt. Aber: „Solche Spiele haben ihre eigenen Gesetze. Ein Derby sollte heiß geführt werden, und dann ist alles möglich“, ist sich Ritter sicher.