Zurück bei den Adler Mannheim: Ex-NHL-Profi Marcel Goc Foto: dpa

699 Spiele hat Marcel Goc in der besten Eishockey-Liga der Welt absolviert. Nach zwölf Jahren kommt er zurück nach Deutschland. Bei den Adlern Mannheim sorgt seine Verpflichtung für Euphorie. An diesem Samstag beginnt die neue DEL-Saison mit dem Derby gegen die Schwenninger Wild Wings.

Mannheim - Jonas Goc ist erst vier Jahre alt. Doch ohne die Meinung des Sprösslings geht in der Familie nicht viel. Wichtig ist ihm vor allem, welches Tier der Papa denn nun ist. Als die Florida Panthers Marcel Goc 2014 nach drei Jahren zu den Pittsburgh Penguins transferierten, war das schon irgendwie nicht mehr so cool. „Haha, der Papa ist jetzt ein Pinguin“, hat der kleine Mann damals gesagt. „Als es jetzt darum ging, zu den Adlern nach Mannheim zu wechseln, haben wir ihn gefragt, ob das in Ordnung sei“, sagt Marcel Goc und lacht. „Okay“, habe der kleine Jonas da nur gesagt. Damit war das Familientribunal beendet. Nach zwölf Jahren in den USA ging es zurück nach Hause – in Deutschlands Eishockey-Hauptstadt Mannheim, die nicht weit entfernt liegt von Gocs Heimatdorf Althengstett (bei Calw).

Dass einer der besten deutschen Spieler im Alter von 32 Jahren nach Europa wechselt, ist schon ungewöhnlich. Dass er dort gleich einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschreibt, lässt einen verwundert die Augen reiben. „Wir wussten immer, dass wir zurück nach Deutschland kommen wollen“, erklärt Goc in breitem Schwäbisch, das er in der langen Zeit im Ausland nicht verlernt hat, „es war eine schöne Zeit in der NHL, am Ende wurde ich aber zweimal kurz nacheinander transferiert, und wir mussten viel umziehen.“ Zu viel für die junge Familie, der noch Jonas’ ein Jahr junge Schwester angehört. Nun freuen sich alle auf die Jahre in Mannheim. „Ich habe für so eine lange Zeit unterschrieben, weil ich weiß, was ich an den Adlern habe“, sagt Goc, „der Verein kennt mich gut, und ich kenne den Verein gut.“

Marcel Goc freut sich, mit seinem Bruder auf dem Eis zu stehen

Schon 2012, während des Streiks in der nordamerikanischen Profiliga NHL, spielte Goc kurz für die Adler. Auch damals zusammen mit seinem Bruder Nikolai, auf den er sich besonders freut: „Es ist immer toll, mit Niki auf dem Eis zu stehen.“ Ein wenig Zeit zum Einleben benötigt er aber noch. „Wegen des Umzugsstresses und weil lange nicht klar war, wo die Reise hingeht, konnte ich in der Vorbereitung noch nicht lang mitmischen“, sagt Goc, „drei, vier Spiele werde ich sicher brauchen.“

Druck von ihm nimmt Jochen Hecht. Er war 2013 nach 15 Jahren und 892 Spielen in der NHL zurück nach Mannheim gekommen – er weiß, wie es geht. Daneben spielt in Glen Metropolit ein weiterer ehemaliger NHL-Profi (437 Einsätze) in Mannheim. Die Stars wollen dafür sorgen, dass die Adler ihre Vormachtstellung im deutschen Eishockey behalten. Und sie sollen eine neue Ära prägen. „Mannheim ist vom Umfeld her ein Top-Verein, hat eine super Halle und beste Bedingungen“, sagt Goc, der allerdings auch Respekt zeigt: „Klar gibt es in der NHL bessere Einzelspieler, aber die DEL braucht sich in Europa vor keiner Liga verstecken.“

Und was die Atmosphäre auf den Rängen betrifft, sei es hierzulande sogar besser. „Es gibt, vor allem in den Play-offs, auch in der NHL Spiele mit guter Stimmung, zum Beispiel in Boston, Pittsburgh oder Montreal“, meint Goc, „aber die Kultur der Fans in Deutschland, die uns mit Gesängen anfeuern, das habe ich schon sehr vermisst.“ Die Anhänger sollen nun dabei helfen, dass Goc und seine Adler auch weiterhin zu Höhenflügen ansetzen. „Doch dabei werden wir die Gejagten sein – vom ersten Tag an“, sagt Marcel Goc.

Allerdings hat der Verein neben der spektakulären Rückholaktion von Goc in Torjäger Ryan MacMurphy (Ingolstadt) und Nationalspieler Brent Raedeke (Iserlohn) weitere Qualität hinzugewonnen. Der Verlust von Meistertrainer Geoff Ward, der im Sommer einen Vertrag bei den New Jersey Devils unterschrieb, wiegt zwar schwer, die Adler hoffen aber, mit dem neuen, doch unbekannten Trainer Greg Ireland, der aus der kanadischen Junioren-Liga OHL kommt, einen Überraschungscoup zu landen.

Zum Auftakt geht es ausgerechnet gegen Schwenningen

Zum Saisonstart an diesem Freitag in der SAP-Arena (19.30 Uhr) kommen ausgerechnet die Schwenninger Wild Wings, Gocs Jugendverein. „Das wird natürlich ein sehr emotionales Spiel“, sagt er, „auch, weil das ein Derby ist, bei dem die Fans ordentlich Stimmung machen werden.“

Und noch etwas macht die Partie zu einer besonderen für die Familie Goc. Sascha, ältester der drei Eishockey-Brüder, spielt in Schwenningen. „Wir freuen uns ungemein“, sagt Marcel Goc, der dem Auftakt regelrecht entgegenfiebert.

Und noch jemand dürfte in der Nacht auf Freitag kaum Schlaf gefunden haben. Denn wenn der Papa und der eine Onkel mit dem Adler auf der Brust gegen den anderen Onkel spielen, der ein Schwan ist, ist das für den kleinen Jonas schon fast wie ein Zoobesuch.