Danny aus den Birken demonstriert die Arbeit eines Eishockey-Torhüters: Mit allen Körperteilen verhindern, dass der Puck ins Tor geht – da ist auch Köpfchen gefragt. Foto: dpa

Bei Erich Kühnhackl hat das Kribbeln vor dem Start der Heim-WM an diesem Freitag begonnen, der einstige Weltklasse-Stürmer hofft, dass Fans und Spieler zu Höchstleistungen auflaufen.

Herr Kühnhackl, wenn Sie im Eishockey-Stadion sind, werden Sie oft angesprochen, weil sich Fans mit Ihnen fotografieren wollen.
Ja, das ist doch schön, wenn mich die Leute heute noch kennen. Ich mache das gerne.
Beim Testländerspiel in Bietigheim gegen Lettland haben Sie viele junge Leute erkannt, die Sie nie haben spielen sehen.
Nun, ich habe den Sport sehr lange betrieben, außerdem bin ich ihm noch immer auf verschiedene Art verbunden – durch meine Stiftung, die den Nachwuchs unterstützt oder durch meinen Sohn Tom (Profi in der NHL bei den Pittsburgh Penguins, d. Red.). Und gelegentlich gehe ich noch mit meinen Enkeln zum Schlittschuh-Laufen.
Sie können es nicht lassen.
Das ergibt sich, da meine Tochter Kirstin Eishockey gespielt hat, der große Sohn Kevin war Eishockey-Torwart und dann noch Tom. Da kommen die Kleinen immer wieder zum Schlittschuh-Laufen und natürlich gehen wir hin und wieder zum Eishockey-Schauen ins Stadion. An Weihnachten und über Silvester, da besucht die Familie Tom in den USA, da freuen sich die Enkel immer schon drauf. Und wir Großen freuen uns, weil wir ihn mal wieder live spielen sehen.
Jetzt, wo die WM in Deutschland vor der Tür steht, müssen zwei Herzen in Ihrer Brust schlagen. Wenn die Penguins im Viertelfinale rausfliegen, könnte Tom bei der WM spielen.
Tom ist in Pittsburgh unter Vertrag und er will dort Erfolg haben, das heißt, so weit kommen, wie es geht. Natürlich spielt er auch gerne in der Nationalmannschaft, aber zunächst hat er eine Aufgabe mit Pittsburgh.
Aber Sie würden sich freuen, wenn er in Köln für Deutschland spielen würde, oder?
Logisch, aber ich freue mich auch, wenn er in der NHL in die nächste Runde einzieht.
Bis ins Finale um den Stanley Cup ist es nicht mehr weit. Wenn Tom wieder in der Endspiel-Serie stünde, würden Sie in die USA fliegen?
Das war jetzt doch wohl keine Frage.
Sie haben recht, ich ziehe Sie zurück. Neue Frage: Die Heim-WM 2010 war ein Spektakel, welche Erwartungen haben Sie in diesem Jahr?
Wenn man dem Eishockey so lange und intensiv verbunden ist wie ich und nun die WM im eigenen Land bevorsteht, dann freut man sich drauf; denn es ist eine Möglichkeit, den Sport intensiver in den Fokus der Medien zu rücken. Ich glaube, wir haben eine gute Mannschaft und die Unterstützung der großartigen Fans in Köln wird dazu beitragen, dass die Spieler alles mobilisieren und hoffentlich erfolgreich sind. Wir drücken alle Daumen.
18 500 Fans in der Lanxess-Arena, das kann einen Profi zu Höchstleistungen treiben.
Sie sagen es. Bei einer WM oder Olympischen Spielen dabei zu sein, ist schon etwas Herausragendes im Sport – wenn die WM aber vor heimischem Publikum stattfindet, dann sind alle Eindrücke noch intensiver.
2010, das waren tolle Spiele vor großartigen Fans. Schade, das Halbfinale gegen Russland …
… das war eine ganz enge Kiste. Das ging lang hoch her, leider haben wir 1:2 verloren.
2010 Halbfinale, 2011 Viertelfinale, dann folgte ein Loch. Erst 2016 stand die Nationalmannschaft wieder unter den besten Acht. Was läuft seitdem besser?
Mittlerweile hat man aus der Vergangenheit gelernt. Die Verantwortlichen beim DEB (Deutscher Eishockey-Bund, d. Red.) und in der DEL (Deutsche Eishockey-Liga, d. Red.) verfolgen nun einen gemeinsamen Weg. Es kommt der Sportart zugute, dass großes Augenmerk auf den Nachwuchs gelegt wird, was extrem wichtig ist. Die Ausbildung des Nachwuchses ist schwierig, sie kostet Geld, weil man viele gut qualifizierte Trainer und ausreichend Eiszeit benötigt. Außerdem braucht man Geduld, um die Spieler in die Teams zu integrieren, die Verantwortlichen in den Clubs von der Oberliga bis in die DEL müssen den Jungs eine Chance geben.
Wer fällt Ihnen da ein?
Yasin Ehliz aus Nürnberg ist 24, Frederik Tiffels von der Michigan University und Dominik Kahun aus München sind erst 21. Alle drei gehören zum WM-Aufgebot von Marco Sturm (Bundestrainer, d. Red.). Das muss der Weg sein – geht man ihn konsequent, steigt das Niveau im deutschen Eishockey. Aber die Versäumnisse sind leider nicht einfach und schnell vom Tisch zu wischen.
Seit 2015 läuft das Nachwuchskonzept „Fünf-Sterne-Programm“.
Das ist wichtig, man muss nicht nur reden, sondern Dinge umsetzen – und zwar nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig wie in der Schweiz. Die Schweiz ist uns ein Stück voraus. Um dahin zu kommen, hat eine WM im eigenen Land eine große Bedeutung.
Können Sie mit Ihrer Stiftung bei der Nachwuchsförderung mitreden?
Wenn man mit mir sprechen möchte oder es einen Anlass gibt, bin ich bereit. Die Stiftung hat seit 2001 viel Geld gesammelt und investiert, aber die Akquise ist nicht einfacher geworden und Nachwuchsförderung ist, wie vorher erwähnt, sehr teuer.
Damit Kinder zum Eishockey kommen, sind Vorbilder nötig – wie Sie eines waren oder es Ihr Sohn oder Leon Draisaitl heute sind.
Das ist ebenfalls wichtig, keine Frage. Bei Leon und Tom sieht man, wie wichtig eine gute Ausbildung ist.
Bei der WM sind beide womöglich nicht dabei, weil sie noch in den NHL-Play-offs stehen. Was ist möglich fürs deutsche Team? Halbfinale?
Wir wissen, dass bei einer WM zu Hause besonders viel Druck auf der Mannschaft lastet, andererseits hat man aber gesehen, dass eine Mannschaft dadurch zu extremen Leistungen fähig sein kann. Wenn die Symbiose passt zwischen dem Trainerstab, den Spielern und den Fans, wenn jeder Einzelne an seine Grenzen geht – und ich glaube, dass dies der Fall sein wird – dann werden wir Spiele mit guten Ergebnissen sehen.
Eine Prognose wagen Sie nicht?
Da tue ich mich schwer. Schließlich braucht man ja auch dieses nötige Quäntchen Glück, dass ein Torwart überragend hält oder ein Stürmer über sich sich hinauswächst – diese Kleinigkeiten machen über 60 Minuten den Erfolg aus. Ich habe in der Vorbereitung eine deutsche Mannschaft gesehen, die über unheimlich gute Ansätze verfügt – und das ist schon viel wert.
Wirklich kein Tipp, wo der Weg hinführt?
Im Tippen bin ich nicht gut, daher schwiege ich lieber. Außerdem möchte ich keinen zusätzlichen Druck ausüben.
Dafür sind die Medien zuständig, oder?
Sie müssen bedenken, dass manche Spieler in ihrer Karriere nie in den Genuss kommen, eine WM im eigenen Land zu spielen. Deshalb bin ich überzeugt, dass jeder auf dem Eis alles geben wird, weil er gut spielen und gewinnen möchte – weil er sich vor seinen Fans bestmöglich repräsentieren will.
Stehen auch Sie derzeit verstärkt unter Mediendruck wegen Interview-Anfragen?
Ich habe immer Anfragen, wenn Tom vor dem Play-off-Start steht, wenn eine WM oder Olympische Spiele anstehen; vor der WM sind die Anfragen noch häufiger geworden, aber ich mache das gern, denn es gehört für mich dazu, Eishockey gut zu vertreten.
Werden Sie in Köln sein?
Das war doch wieder keine Frage.
Gut, ich stelle fest: Sie sind während der WM die gesamte Zeit in Köln.
Vielleicht nicht die gesamte Zeit, aber ich werde zu den Spielen stets vor Ort sein.