Der neue starke Mann im deutschen Eishockey: Bundestrainer Jakob Kölliker. Foto: dpa

Der neue Chef des Nationalteams über die Testspiele an Ostern, die WM und seinen Vorgänger Krupp.

Dem parallel laufenden DEL-Halbfinale zum Trotz spielt das Eishockey-Nationalteam am Samstag (14.30 Uhr) in Freiburg und Sonntag (15.30 Uhr) in Ravensburg gegen Russland. Dennoch ist Bundestrainer Jakob Kölliker froh über die Chance, testen zu können.

Herr Kölliker, Ihre Bilanz als Bundestrainer steht bei vier Siegen und drei Niederlagen. Wie lässt es sich damit leben?
Das ist ganz okay. Allerdings sind die nackten Resultate nicht unbedingt der Spiegel meiner Arbeit. Jetzt vor der WM waren Sichtung, Teambildung und Scouting von zentraler Bedeutung – die Resultate sind deshalb nicht die alleinige Wahrheit. Wir sind auf einem guten Weg in Richtung Weltmeisterschaft.

Welche positiven und welche negativen Aspekte bietet das deutsche Eishockey?
Gut ist sicher die Einstellung der Jungs, der positive Touch, der Wille zur Zusammenarbeit, das sind die deutschen Tugenden im Eishockey. Und nicht zuletzt die Physis. Wo wir uns schwertun, ist eher der technische Bereich, die Pass- und Schussqualität sowie das Toreschießen. Daran arbeiten wir. Dieser Rückstand ist nicht bis zur WM aufholbar, aber wir setzen in der Jugendarbeit und bei den Lehrgängen während der Saison an.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich von den beiden Spielen gegen die russische Auswahl in Freiburg und Ravensburg?
Bei dieser Maßnahme haben wir einen reduzierten Kader, da in der DEL noch die Play-offs laufen. Natürlich möchte ich eine möglichst gute Truppe aufs Eis schicken, schließlich habe ich stets den Hintergedanken: Das könnte die Mannschaft sein, die auch bei der WM spielt. Entsprechend intensiv bereiten wir uns vor.

Ist es wirklich sinnvoll, ohne die Profis der DEL-Halbfinalisten zu testen? Sie müssen für die WM in Finnland und Schweden im Mai dann doch wieder umbauen, das Team kann sich nicht optimal einspielen.
Natürlich habe ich mein Dreamteam im Kopf, aber die Erfahrung hat gelehrt, dass immer etwas dazwischenkommen kann: Verletzungen, Krankheiten, private Probleme. Man muss gewappnet sein, falls die Wunschmannschaft nicht zur Verfügung steht. Außerdem begreife ich diese Tests als Chance für Leute aus dem zweiten und dritten Glied, sich in den Vordergrund zu spielen. Plötzlich ist einer erste Wahl, den man nicht unbedingt im engsten Blickfeld hatte – genau das ist auch wünschenswert für den Prozess.

Als Schweizer in deutschen Diensten – erklären Sie uns doch den größten Unterschied zwischen deutschem und Schweizer Eishockey.
Das ist eigentlich sehr ähnlich, die Schweizer sind vielleicht einen kleinen Touch technisch besser ausgebildet, dafür ist das Eishockey nicht so physisch.

Woher rührt das?
In der Schweiz sind in der Nationalliga A nur vier Ausländer pro Team zugelassen, in der DEL sind es zehn. Deren Einfluss hat schon eine gewisse Bedeutung. Das kanadische Flair, die physische Kraft, überträgt sich auf die deutschen Spieler. In der DEL geht es härter, robuster zu – aber so extrem unterschiedlich sind deutsche und Schweizer Mentalität nicht.

Würden Sie sich eine Verringerung der Kontingentplätze in der DEL wünschen?
Das ist ein Dauerthema, das sich nicht einfach mit einer Zahl X lösen lässt. Man muss dabei auch das Reservoir an deutschen Spielern berücksichtigen, der Nachwuchs muss entsprechend an das Niveau der DEL herangeführt werden – die Jungen müssen sich rantasten können. Wenn eines Tages genügend deutsche Talente zur Verfügung stehen, kann man über eine Reduzierung diskutieren. In dieser Frage bringt es nichts, wenn man mit dem Kopf durch die Wand will.

Wie fühlt es sich für einen Schweizer an, wenn ihm das deutsche Eishockey am Herzen liegen muss?
Sehr gut, ich habe mich gut eingelebt. Ich schaue vorwiegend deutsches Eishockey an, nur gelegentlich, wenn ich mich zu Hause aufhalte, gucke ich ein Schweizer Spiel.