Die Fans der Schwenninger Wild Wings reisen zum Wintergame in die Fußballarena nach Sinsheim. Foto: dpa

Schwenningens Eishockey-Manager Jürgen Rumrich spricht über die Kunst, bei einem kleinen Verein wie den Wild Wings Spieler, Sponsoren und Fans immer bei Laune zu halten – da kommt das Winter Game vor etwa 30 000 Zuschauern gerade recht.

Herr Rumrich, Sie werden die Tage bis zum Winter-Game gegen die Adler schon voller Ungeduld zählen, oder?
Ich freue mich sehr auf dieses Spiel, ich bin überzeugt davon, dass eine unvergleichliche Atmosphäre in der Arena in Sinsheim herrschen wird. Ich war beim ersten Winter-Game, damals in Nürnberg, mit dabei – die alten Herren hatten da vorab ein Spiel. Mich hat diese Stimmung unheimlich beeindruckt und ich gehe fest davon aus, dass es am 7. Januar vor 30.000 Zuschauern gegen die Adler genauso stimmungsvoll sein wird.
Wie sind die Wild Wings dazu gekommen?
Für dieses Spiel können sich Standorte und Clubs bewerben, die DEL entscheidet dann, welche Partie wo ausgetragen wird.
Und Schwenningen hat sich beworben, um in Sinsheim ein Heimspiel auszutragen? Vor der Haustüre der Adler? Klingt ungewöhnlich.
Ist es auch. Nun, die Adler wollten dieses Spiel in Sinsheim austragen, weil aber wir Heimrecht hatten, sind die Adler auf uns zugekommen – und wir haben erfreut eingeschlagen. Die Wild Wings könnten die Organisation eines solchen Spiels gar nicht stemmen, wir haben gerade … (Pause. Zählt im Kopf nach.) … sechs hauptamtlich Angestellte in Schwenningen, die Mannheimer haben bestimmt das Vierfache an Personal.
Und Sie haben ein Heimspiel in der Fremde.
Das nehmen wir gerne in Kauf. Das Winter-Game wird deutschlandweit beachtet, weil es in der Fußball-freien Zeit stattfindet, ja vielleicht sogar weltweit. Diese Werbung ist für einen Standort wie Schwenningen enorm wichtig, denn dann wird über uns gesprochen, die Menschen draußen registrieren uns. Wir freuen uns über so viel Aufmerksamkeit.
Wie profitiert Ihr Club finanziell?
Da fragen Sie den Falschen, fürs Finanzielle bin ich als Sportdirektor nicht zuständig. Ich kann Ihnen nur verraten, dass wir – wenn Sie so wollen – das Heimspiel gegen eine bestimmten Betrag abgegeben haben. Die Einzelheiten kenne ich nicht.
Warum haben Sie nach einer ärgerlichen Niederlage gegen Krefeld öffentlich Tacheles geredet haben?
Das war der Situation geschuldet. Wir hatten im Spiel davor gegen Nürnberg eine super Leistung gezeigt und uns etwas in Krefeld, gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um Platz zehn, ausgerechnet – und dann tritt das Team so auf, ohne Entschlossenheit, ohne Engagement. Das habe ich angeprangert. Ob man das öffentlich machen muss? Nun ja, und es mag auch nicht immer richtig sein, während eines Spiel ein Interview zu geben. Doch deutliche Worte gehören im Eishockey dazu, sonst reicht es manchmal einfach nicht.
Wie interpretieren Sie Ihre Rolle als Sportdirektor? Auch als Anheizer?
Nun grundsätzlich ist dies natürlich Aufgabe des Trainerteams. Aber ich arbeite ja mit ihm zusammen, ich sehe die tägliche Arbeit, die es abliefert. Ich bin bei fast allen Teambesprechungen dabei und weiß, wie der Coach die Mannschaft führt. Aber manchmal musst du auch von deiner Position auch Stellung beziehen, als Manager auf das Team einwirken, wenn man der Überzeugung ist, dass der Bedarf besteht.
Akzeptiert Trainer Pat Cortina Ihre Einmischung?
Ja, wir reden immer offen mit einander, wir haben keine Geheimnisse voreinander– wir sitzen ja alle im selben Boot. Wir alle wollen etwas Gutes entwickeln, und deshalb gibt es da kein Gegeneinander. Für die Medien sind die Sportdirektoren, das ist ja auch im Fußball so, nur dann interessant, wenn es mal nicht so rund läuft. (Lacht.)
Wie können Sie überhaupt die Mannschaft beeinflussen?
Ich rede mit den Spielern, das mache ich immer, aber wenn es nicht so gut läuft, eben häufiger. Man versucht zu helfen und Probleme auszuräumen.
Da ist es hilfreich, Nationalspieler gewesen zu sein.
Ich denke, ein Mann mit dieser Erfahrung wie ich sie habe, versteht die eine oder andere Situation besser. Ich kenne solche Phasen doch auch aus meiner aktiver Laufbahn. Jede Mannschaft durchlebt auch Durststrecken, eine Runde mit 52 Spielen ist lang. Du musst halt nur schauen, dass die Tiefs möglichst kurz sind. Uns hat die Konstanz gefehlt, die kehrt allmählich zurück.
Die Wild Wings tummeln sich im unteren Ende der Tabelle. Im Grunde müssen Sie froh sein, dass es in der DEL keinen sportlichen Absteiger gibt.
Ich habe immer gesagt, dass ich ein Befürworter für den Auf- und Abstieg bin. Wir sind in Deutschland, und da gehört es einfach zu unserer Sportkultur dazu, dass es das gibt. Natürlich weiß ich, dass es auch uns dann einmal treffen könnte Doch ich sehe das sportlich, außerdem stellt der Kampf gegen den Abstieg auch ein zusätzliches Spannungsmoment für die Fans dar. Wenn man, wie wir in Schwenningen letzte Saison, abgeschlagen Letzter ist, dann ist halt auch einmal die Spannung weg.
Und die Clubs in der DEL 2 spielen Jahr für Jahr um die wertlose Zweitliga-Meisterschaft.
Genau, Bietigheim ist seit Jahren vorn dabei und hat, glaube ich, zwei Titel geholt – aber der Club konnte den nächsten Schritt nicht machen. Es ist schwierig, das an die Sponsoren und Fans zu verkaufen: Du bist Meister und spielst nächstes Jahr wieder in der gleichen Liga. Ich habe das auch erlebt, als ich Geschäftsführer in Landshut war: Es war ziemlich schwer, die Sponsoren und Fans davon zu überzeugen, ihr Geld noch einmal dafür auszugeben, dass wir wieder zweite Liga spielen.
Wie geht das in Schwenningen: Wenn die Wild Wings wenig Chancen auf Platz zehn haben und nicht absteigen können – wie halten Sie Spieler, Sponsoren und Fans bei Laune?
Da ist ja die große Kunst. Man versucht natürlich, sich jedes Jahr zu verbessern. Ich kam letztes Jahr, da haben wir beschlossen, den Weg mit jungen deutschen Spielern zu gehen. Das wurde gut angenommen. Natürlich ist keiner froh, wenn du da immer hinten drin stehst – aber die Leute müssen sich auch klarmachen, dass es ein Privileg für einen Standort wie Schwenningen ist, überhaupt in der DEL zu spielen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, das muss jedem Sponsor und Fan klar sein. Wir versuchen, aus unseren Möglichkeiten das Beste zu machen.
Wie können Sie neue Sponsoren gewinnen? Fahren die drauf ab, wenn Sie sagen: Wir haben in Schwenningen eine Philosophie, junge deutsche Spieler zu entwickeln.
Da bin ich eigentlich der falsche Ansprechpartner, wir haben zwei Leute, die sich ums Marketing kümmern. Aber ich kann so viel sagen: Letzten Sommer hat dieses Argument gezogen, die Sponsoren haben das voll mitgetragen und waren von diesem System überzeugt. Im Eishockey machen aber auch die Stimmung im Stadion, die Emotionen, viel aus – und da hat Schwenningen als Traditionsverein einiges zu bieten. Hier wird Eishockey gelebt, jeder hier interessiert sich dafür. Das ist anders als bei Ihnen in Stuttgart, wo viel über Fußball und den VfB gesprochen wird. Das ist das Schöne hier: Trotz der schlechten Situation bis Ende November, blieb es weitgehend ruhig im Umfeld.
Wie gehen Sie mit Kritik von außen um?
Das ist normal, das ist das Geschäft, auch wenn es nicht schön ist. Wir sind alle nicht zufrieden gewesen, wir sind es noch immer nicht. Aber wir sind überzeugt von unserem System, deshalb arbeiten wir daran und jeder trägt seinen Teil zum Gelingen bei.
Können Sie noch vom Eishockey abschalten?
Wenn ich ehrlich bin, fällt das gerade jetzt ziemlich schwer. Man versucht es, aber man denkt immer nach, was kann man verbessern, wo kann man noch einwirken. Man macht sich eben Gedanken, das wird bei allen in der Verantwortung so sein. Ein Unternehmer, dessen Verkaufszahlen nicht mehr stimmen, wird auch nicht um 17 Uhr die Tür zusperren, heimfahren und nur darauf warten, bis er am nächsten Morgen wieder ins Geschäft geht
Aber Spaß macht die Arbeit noch?
Ganz bestimmt, und wenn sich allmählich der Erfolg einstellt, dann noch viel mehr.