Keine guten Erinnerungen für die Adler: Straubings Rene Röthke trifft gegen Dennis Endras Foto: Getty

Eishockey-Meister Adler Mannheim steht nicht auf einem Platz für die direkte Play-off-Qualifikation. Nun soll ein Trainer das Ruder herumreißen, für den die Erde eine Scheibe ist. Craig Woodcroft.

Mannheim - Ein Lob hört sich eigentlich ein wenig anders an. „Er hat das Rad nicht neu erfunden“, sagte Andrew Jourdey nach der ersten Trainingseinheit unter dem neuen Coach Craig Woodcroft am vergangenen Dienstag. Der Stürmer wollte damit kein vernichtendes Urteil abgeben, er meinte es vielmehr positiv: „Es war ein gutes, weil abwechslungsreiches Training mit viel Tempo. Genau das Richtige, um nach einer freien Woche wieder reinzukommen.“

Der Deutsche Eishockey-Meister hatte zu Wochenbeginn Co-Trainer Craig Woodcroft zum Chef befördert; Greg Ireland war in der Woche davor entlassen worden, nachdem Adler Mannheim in der Tabelle abgestürzt war und die Teilnahme an den Play-offs gefährdet ist. Nun soll es der 46 Jahre alte Kanadier richten, die Adler mindestens auf Platz sechs zu führen, um direkt in die Play-offs zu gelangen. Die Lücke ist sieben Punkte breit, die die Adler vom Sechstplatzierten Grizzly Adams Wolfsburg trennt. Der Umweg ins Viertelfinale über die Pre-Play-offs (Plätze sieben bis zehn) ist riskant, die zusätzlichen Spiele stecken den Profis auf dem weiteren Weg schwer in den Knochen.

Craig Woodcroft, genannt Woody, muss zur Bewältigung seiner Aufgabe das Rad ja auch nicht neu erfinden, die Adler haben das Spiel mit dem Puck nicht völlig verlernt. Er selbst ist überzeugt davon, dass es ausreichen wird, hie und da etwas nachzujustieren. Um ein erstes Zeichen seiner Herrschaft zu setzen, hat der Kanadier ein Redeverbot erlassen – nicht generell, sondern lediglich im Training, wenn die Spieler an die Bande fahren, um etwas zu trinken. „Spieler sollen keine Energie verschwenden, sondern sich auf ihre Arbeit konzentrieren“, meint er.

Der neue Chef muss als Motivator wirken

Nun hat sich Woodcroft also an ein paar Stellschrauben gemacht, um den Kurs der Adler neu einzustellen – und so ein wenig an das erfolgreiche System von Meistertrainer Geoff Ward anzuknüpfen. „Es geht um Details“, betont der Adler-Coach, „wir müssen schneller und gefährlicher spielen, dürfen aber nicht aus lauter Gier, ein Tor schießen zu wollen, die Defensive vernachlässigen.“ Und er sagt: „Wir müssen uns darauf konzentrieren, das System als Mannschaft auszuführen.“ Der neue Chef muss als Psychologe, als Motivator, als Teambuilder wirken, er muss vorhandene Egoismen zertrümmern und die Saat für ein Gemeinschaftsgefühl säen. „Ich habe ein gutes Gefühl für die aktuelle Lage, ich weiß, wie Spieler ticken“, sagt Woodcroft überzeugt, denn er kann die Behauptungen untermauern.

In Personalführung hat er mehr als 20 Jahre Erfahrung, er gründete und leitet eine Eishockey-Akademie, die Northern Edge Hockey. Im Eishockey dürfte es nichts geben, was der Nordamerikaner nicht kennt oder von dem er noch nichts gehört hat. Für die Familie Woodcroft ist die Erde ein Scheibe. Craig ist Chef bei einem DEL-Club, Bruder Jay (39) arbeitet als Co-Trainer bei NHL-Team Edmonton Oilers, Bruder Todd (43) ist Talentspäher für die Calgary Flames aus der NHL. Diese Vernetzung trieb bei der WM 2015 in Tschechien seltsame Blüten: Craig unterstützte Weißrussland mit seinem Fachwissen, Jay gehörte zum Stab von Team Canada, Todd war als Berater der Schweizer Mannschaft engagiert. „Unsere Mutter wusste nicht, wen sie nun anfeuern sollte“, sagte er damals.

Sein Start als Bandenchef bei den Adlern scheint unter einem guten Stern zu stehen: Die Aufgaben diesen Freitag beim Vorletzten Schwenninger Wild Wings und am Sonntag in der SAP-Arena gegen Schlusslicht Krefeld sind machbar, darüber hinaus kehrt der lange verletzte Nationalspieler Marcel Goc ins Team zurück. „Von Geoff Ward habe ich gelernt, wie man mit kurzer Anlaufzeit Spiele gewinnt“, sagt Craig Woodcroft. Die Fans sind jedenfalls mächtig gespannt.