Rainer Kallenbach (links) und Rolf Nicodemus in den neuen Bosch-Räumen Foto:  

In der ehemaligen Zentrale der EnBW in Ludwigsburg entwickelt Bosch mit 250 Mitarbeitern die Vernetzung von Automobilen. Der teilweise Leerstand der Immobilie war in der Stadt eine politische Hängepartie.

Ludwigsburg - Es ist der prominenteste Leerstand der Stadt gewesen: Das einstige EnBW-Gebäude unweit des Bahnhofs. Nun residiert dort ein Zweig des Technologiekonzerns Bosch mit 250 Mitarbeitern, bis Januar soll der Umzug abgeschlossen sein. Damit hat die Immobilie wieder einen prominenten Mieter, einen, der dort Zukunftstechnologien entwickelt. Eine Online-Parkplatzsuche mit vernetzten Autos etwa. Das ist ganz im Sinne von OB Werner Spec sein, der erst kürzlich aus Berlin Geld für ein digitales Parkplatz-Management für die Weststadt ergattert hat.

Noch wichtiger für die Stadtentwicklung ist aber, dass die politische Hängepartie um das Haus Geschichte ist. Jahrelang residierte hier die Regionalverwaltung des Energiekonzerns EnBW. Doch 2011 bootete die Stadt diesen bei der Konzessionsvergabe für das Stromnetz aus und übertrug es auf die eigenen Stadtwerke. Verärgert verließ die EnBW die Stadt. Das Erdgeschoss wurde an die Werbeagentur Pulsmacher vermietet, die restlichen zwei Etagen blieben ungenutzt.

Vor zwei Jahren sollten Flüchtlinge in das Gebäude

Noch einmal stand das Gebäude im Fokus der Öffentlichkeit: Im Jahr 2016 plante die Landesregierung, dort eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge einzurichten. Die Stadt kam diesem Ansinnen zuvor – und kaufte es über die Tochtergesellschaft Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL). Vor einem Jahr wurde bekannt, dass Bosch einen Mietvertrag mit der WBL abgeschlossen hat.

Nun sind die 2700 Quadratmeter wieder mit Leben gefüllt. Die Marmorplatten am Boden sind geblieben, auch manche dunkelgelbe Metallstrebe an dem Aufzug und dem repräsentativen runden Bullauge am Kopf des Gebäudes. Oder die Holzrahmen der Dachfenster. Doch sonst erinnert kaum noch etwas an die 1992 erbaute Verwaltungszentraledes Energiekonzerns.

Denkerzellen und Kaffeeküchen

Hippe Büros sind in den Räumen entstanden, die Wände wurden weiß gestrichen. Im ersten Stock beugen sich junge Ingenieure über die Monitore oder schauen auf einen großen Bildschirm an der Wand. Nebenan ist eine Kaffeeküche mit hellen Holzpaneelen. Oder eine „Denkerzelle“, ein Besprechungsraum im Glaskasten. Bosch-typische Akronyme wie CS/ELS prangen an den Türen, sie kennzeichnen Konzernteil und Abteilung.

„Die Mitarbeiter haben ein Durchschnittsalter von 35 Jahren“, sagt Rainer Kallenbach, Chef der neuen Bosch-Sparte Connected Mobility Solutions, die 650 Mitarbeiter hat, davon 250 in Ludwigsburg. Der Rest verteilt sich auf Berlin, Hildesheim, Paris, Madrid und Shanghai. Im Vergleich zu riesigen Bosch-Bereichen wie Kraftfahrzeugtechnik oder Haushaltsgeräten eine Zwerg – doch ist man ziemlich innovativ. Noch vor einem Jahr residierte man im Urban Harbor in der Weststadt – in Form von mehreren Start-Ups zu dem Thema. Nun hat Bosch diese zu einem eigenständigen, global aufgestellten Geschäftsbereich zusammengefasst.

In den Büroräumen sitzen also vor allem IT-Experten, die Apps programmieren oder Datenanwendungen erschaffen. „Es werden zum Beispiel Daten von vernetzten Autos gesammelt, wo Parkplätze frei werden“, sagt der dafür zuständige Rolf Nicodemus, „das wird dem Autofahrer per App gemeldet.“ Vielleicht kann die Konzernsparte so gleich in das von Berlin geförderte Projekt in der Weststadt einsteigen.

Digitale Parkplatzsuche und Elektrotransporter

Oder Bosch arbeitet an dem Projekt Move-BW der Landesregierung mit – dabei soll dem Pendler in Echtzeit der optimale Weg gezeigt werden: Hier lohnt sich die Bahn, dort das Auto, da ist ein Parkplatz – und das Ticket dafür kann man auch gleich buchen. Auch wird ein System getestet, wie Autos automatisch einparken können.

Oder auch ein Projekt mit der Baumarktkette Toom: Kunden können schwere Einkäufe mit einem Elektro-Transporter abholen, den sie nur dafür mieten. Das soll im kommenden Jahr an fünf Standorten ausprobiert werden. Solche Ideen werden also künftig in Ludwigsburg erdacht.

Ob Bosch damit schon Gewinn macht? Dazu gibt es keine Angaben, der Bereichsleiter Rainer Kallenbach sagt nur: „Wir investieren hier kräftig in die Zukunft.“ Dass die Wahl auf die Barockstadt gefallen ist, lag nicht nur am kreativen Flair, den vielen Studenten, dem Kulturangebot und dem Faible des OB für Digitalwirtschaft. Kallenbach: „Es war vor allem die Verfügbarkeit der Immobilie. In Feuerbach und in Stuttgart gibt es schlichtweg keinen Platz mehr.“