Die Räume der ehemaligen Schlecker-Filiale an der Rohrackerstraße stehen leer. Foto: Horst Rudel

Auch die Schlecker-Filiale in Rohracker ist seit Kurzem geschlossen. Jetzt diskutierten die Bürger, wie die Nahversorgung im Stadtteil in Zukunft gesichert werden kann.

Rohracker - Auch Rohracker ist von der Schlecker-Pleite betroffen. Am 24. März sind in der Filiale an der Rohrackerstraße die Lichter ausgegangen. Nach dem Metzger, der Apotheke und dem Allgemeinmediziner ist nun also auch der Drogeriemarkt aus dem Ort verschwunden. Für immer mehr Besorgungen müssen die Bewohner ihren Stadtteil verlassen, mit dem Auto nach Hedelfingen oder in einen der anderen Neckarvororte fahren. Doch das kann nicht jeder. Gerade ältere Menschen sind auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen.

Deshalb haben die Bezirksbeiräte der Freien Wähler Hedelfingen/Rohracker jetzt zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Nahversorgung in die Kelter nach Rohracker eingeladen. Auf dem Podium saßen neben dem Hedelfinger Bezirksvorsteher Hans-Peter Seiler auch die Stadträtin Rose von Stein (Freie Wähler), der SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter, der Vorsitzende des örtlichen Gewerbe- und Handelsvereins Michael Weber sowie Ilse Bodenhöfer-Frey, die Sprecherin der Bezirksbeiratsfraktion der Freien Wähler.

„Die großen Ketten haben schon abgewunken“

Daneben waren aber auch Vertreter des örtlichen Einzelhandels und mehr als 100 Bürger in die Kelter gekommen, um über die Zukunft ihres Stadtteils zu diskutieren. Wie diese Zukunft aussehen soll, darüber gingen die Meinungen jedoch zum Teil weit auseinander.

Und es ist auch nicht unbedingt so, dass Rohracker in Sachen Nahversorgung alle Möglichkeiten offen stehen. „Die großen Ketten haben schon abgewunken“, erklärte der Bezirksvorsteher Seiler bereits zu Beginn. Die Ladenfläche in dem ehemaligen Schlecker-Markt sei ihnen zu klein. Der Stadtrat Kanzleiter sprach die CAP- und Bonus-Märkte an, die möglicherweise eine Filiale in Rohracker eröffnen könnten. Die Geschäfte, die auf den Einsatz von Langzeitarbeitslosen (Bonus-Märkte) oder Menschen mit Behinderung (CAP-Märkte) setzen, hätten sich bereits in anderen Stadtteilen bewährt und könnten solch eine Lücke schließen.

Doch dieser Vorschlag stieß nicht bei allen Anwesenden auf Zustimmung. Einige Bürger sorgen sich um die Zukunft ihres Frischemarktes. Der kleine Lebensmittelladen, der jetzt schon im Stadtteil ansässig ist, könne neben einem CAP- oder Bonus-Markt nicht existieren, gab Jutta Metzger zu bedenken. Seiler sieht das anders.

Der Bezirksvorsteher ist davon überzeugt, dass auch die anderen Geschäfte davon profitieren, wenn es in Rohracker wieder einen größeren Supermarkt gibt und die Menschen deshalb ihren gesamten Einkauf im Ort erledigen. Doch die Sorge um den Frischemarkt scheint nicht unberechtigt. „Mein Bruder kämpft schon jetzt ums Überleben“, sagte Marina Tsaousidou, die Schwester des Betreibers. Wenn es einen weiteren Supermarkt in Rohracker gebe, würde sich der Laden vermutlich nicht mehr lohnen. Schon heute würden nur die älteren Leute bei ihnen einkaufen.

Diskutiert wurde zudem über einen privaten Wochenmarkt

Diese Erfahrung macht auch Ellen Munder, die einen kleinen Obst- und Gemüseladen im Stadtteil betreibt. „Das Einkaufsverhalten hat sich verändert“, sagte die Einzelhändlerin; die Älteren würden im Ort einkaufen, die Jüngeren nicht. Und wenn sie sich in der Kelter umschaue, seien auch mehr ältere als jüngere Bürger gekommen.

Doch einige junge Teilnehmer meldeten sich ebenfalls zu Wort. „Für uns, die wir erst um 18 bis 19 Uhr nach Hause kommen, ist es ganz schwierig, hier einzukaufen“, erklärte etwa eine Anwohnerin, die sich selbst der Generation um die 30 zurechnete. Der Frischemarkt und der Gemüseladen hätten um die Uhrzeit bereits geschlossen und es sei auch kein Metzger- oder Käsewagen mehr im Ort. Deshalb regten einige Anwohner und auch die Bezirksbeirätin Karin Kaiser (Freie Wähler) an, dass die jetzt schon am Ort angesiedelten Einzelhändler zumindest einmal in der Woche ihre Läden länger geöffnet lassen, damit auch Berufstätige die Möglichkeit haben, bei ihnen einzukaufen.

Die Idee wurde begeistert aufgenommen. Der Künstler Manfred Bodenhöfer überlegte wiederum, ob nicht eine Art Shop-in-Shop-System denkbar wäre, ein großes Geschäft, in dem zugleich kleinere Händler wie der Frischemarkt unterkommen könnten. Diskutiert wurde zudem über einen privaten Wochenmarkt. Darüber hinaus regten die Anwohner an, dass der Gewerbe- und Handelsverein eine Umfrage macht, um herauszufinden, welche Geschäfte sich die Bürger in Rohracker tatsächlich wünschen und deshalb auch unterstützen würden.

Denn ganz gleich, was nun aus den Räumlichkeiten der ehemaligen Schlecker-Filiale wird, letztlich entscheiden die Bürger mit ihrem Einkaufsverhalten, ob es in Rohracker künftig eine wohnortnahe Versorgung geben wird oder nicht. „Man kann nicht von einem Tütchen Salz oder dem vergessenen Päckchen Butter leben“, sagte der Bezirksvorsteher Seiler. Noch deutlicher formulierte es der CDU-Stadtrat Fritz Currle: „Die Leute entscheiden mit den Füßen, ob sie einen Laden im Flecken haben oder nicht.“