Schutzkleidung, Arbeitssicherheit und Veredelung in der hauseigenen Stickerei: Die „World of Work“ wurde schon vor der Eröffnung vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium fürs ganzheitliche Konzept und besondere Einkaufserlebnis ausgezeichnet. Foto: Gottfried Stoppel Foto:  

Mit seiner „World of Work“ setzt das Fellbacher Unternehmen AWK einen neuen Maßstab. Mit 2000 Quadratmeter Verkaufsfläche zählt der Store europaweit zu den größten Anbietern. Warum funktioniert das in Zeiten von Online-Handel und Paketdienst noch?

Es soll Zeitgenossen geben, die beim Namen „Snickers“ vor allem an einen reichlich süßen Schokoriegel denken – und nicht an die gut sitzenden Arbeitshosen eines skandinavischen Herstellers. Wer den lieben langen Tag im Büro vor dem Bildschirm sitzt, kommt auch nicht unbedingt auf die Idee, dass sich hinter dem Kürzel BP nicht nur ein Mineralölkonzern, sondern auch ein traditionsreicher Kölner Hersteller für Berufstextilien verbirgt. Und nur wer auf dem Bau schafft, weiß die Vorzüge der Stahlkappen in Schuhen von Haix zu schätzen.

Alle drei Marken sind in einem Fellbacher Handelshaus zu finden, das in der Welt der Arbeitskleidung einen neuen Maßstab setzt. Denn mit ihren mehr als 2000 Quadratmeter Verkaufsfläche ist die „World of Work“ der Firma AWK nicht nur europaweit einer der größten Berufskleidungs-Shops. Auch das Sortiment bietet von der Kochjacke bis zum Kanalreinigungs-Schutzanzug eine Auswahl, bei der die Konkurrenz mit kleinerer Präsentationsfläche schwerlich mithalten kann – von Modeketten ganz zu schweigen.

Arbeitskleidung muss passen – da geht der Kunde keine Kompromisse ein

Warum das im Zeitalter von Online-Shopping und Paketdienst-Lieferung noch so wichtig ist, erklärt AWK-Marketingfrau Ina Bohn mit der Unlust ihrer Kundschaft, beim Tragekomfort einen Kompromiss einzugehen. Die Passform ist weit wichtiger als die Optik, wenn man acht Stunden lang in einer schlecht sitzenden Arbeitsjacke schwitzt. „Bei Freizeitkleidung nimmt der Kunde auch mal in Kauf, dass es hier rutscht und da zwickt. In unserem Bereich wollen die Leute, dass die Sachen wirklich passen – und sie deshalb vorher anprobieren“, sagt sie.

Fürs Einlaufen von Arbeitsschuhen ist in der „World of Work“ deshalb sogar ein kleiner Hindernisparcours aufgebaut. Holzdielen und Kies, Stahlgitter und Kopfsteinpflaster sollen – ähnlich wie im Outdoor-Shop für den Test von Bergstiefeln – den Kunden beim Tritt vom richtigen Grip überzeugen. Wer Plattfüße hat oder für den Arbeitsschuh besondere Einlagen braucht, kann sich im Berufskleidungs-Mekka das Gerenne zum Arzt sparen. Ein Orthopäde ist in Fellbach stundenweise vor Ort, im Obergeschoss haben zwei Betriebsärzte ihre Praxis.

Schon vor der offiziellen Eröffnung wurde die „World of Work“ ausgezeichnet

Das Konzept entfaltet so viel Strahlkraft, dass es für die „World of Work“ schon vor der offiziellen Eröffnung eine Auszeichnung gab. Ebenso wie Bikesnboards in Schorndorf zeichnete das Wirtschaftsministerium die AWK im November bei einem landesweiten Ideenwettbewerb fürs besondere Einkaufserlebnis aus. Ausdrücklich gelobt wurden neben der „einzigartigen Markenvielfalt“ auch das multisensorische Marketing oder die Integration interaktiver Terminals für detaillierte Produktinformationen.

Die neue Erlebniswelt an der Stuttgarter Straße wartet auch mit einem Schulungszentrum für die Bedienung von Gabelstaplern und Hubsteigern auf. Angedacht sind laut Ina Bohn außerdem Schulungen für Arbeitssicherheit und Erste-Hilfe-Seminare – dass es neben Schnittschutz-Stiefeln und Lärmdämpfern auch den fürs Handwerkerauto vorgeschriebenen neuen Verbandskasten gibt, versteht sich von selbst.

Sogar ein kleiner Bereich mit Fanartikeln des Handball-Erstligisten TVB Stuttgart wartet auf Kundschaft – gleich neben einer Lounge, in der die Mädels aus der Zahnarztpraxis oder dem Pflegedienst bei einem Gläschen Sekt in aller Ruhe ins passende Outfit schlüpfen können. Selbst eine kleine Änderungsschneiderei gibt es, falls die Klamotten von der Stange doch nicht passen sollten. Und: Hinter einer Glasfront werden auf Kundenwunsch auch gleich Firmenlogo und der Name eines Mitarbeiters in Poloshirts und Softshell-Jacken gestickt.

Gerechnet wird mit Kundschaft von Heilbronn bis Herrenberg

Mit einem Einzugsgebiet von Heilbronn bis Herrenberg rechnet das 1975 für die Produktion von Lederhandschuhen gegründete Unternehmen, die Kundenfrequenz hat sich seit dem Umzug ins neue Domizil mehr als verdoppelt. Bisher war der AWK-Store eher versteckt in einer Seitenstraße hinter Tankstelle und Musterhaussiedlung zu finden, jetzt ist die „World of Work“ an der Einfallschneise nach Stuttgart im Berufsverkehr kaum zu übersehen. Auszahlen dürfte sich, dass es auch gleich einen Hamburger-Laden als Anziehungspunkt gibt. Mit täglich 250 Besuchern hat sich Pit’s Burger in den ersten Monaten als Publikumsmagnet erwiesen. Für das Fellbacher Unternehmen ist das schon deshalb wichtig, weil auch private Kundschaft den Weg ins Berufskleidungs-Mekka finden soll.

Auch Heimwerker und Hobbyköche wollen gut aussehen, wenn es in der Freizeit an die Arbeit geht. In der „World of Work“ sind deshalb auch Fashion-Produkte zu finden – vom Olymp-Hemd bis zur Goretex-Jacke. Selbst einem Kunden mit einem eher ungewöhnlichen Wunsch konnte geholfen werden: Der gute Mann wollte sich mit Ausrüstung zur Abwehr kosmischer Strahlung eindecken und hatte verlangt, dass für die Dauer seines Einkaufs das WLAN und alle Rechner ausgeschaltet werden. Mit Kleidung gegen elektrostatische Aufladung zog er als glücklicher Kunde von dannen.