Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs ermöglicht es Arbeitgebern, Kopftücher zu untersagen. Foto: dpa

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz unter bestimmten Umständen zulässig sein kann. Im baden-württembergischen Einzelhandel gibt es unterschiedliche Gepflogenheiten.

Stuttgart - Egal ob im Discounter, im Bekleidungsgeschäft oder beim Friseur: In vielen Dienstleistungsberufen tragen Mitarbeiterinnen muslimischen Glaubens ein Kopftuch. Es ist auch kein Geheimnis, dass es Kunden gibt, die daran Anstoß nehmen. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dienstag spricht Arbeitgebern das Recht zu, Mitarbeitern mit Kundenkontakt das Kopftuch zu verbieten, wenn ebenso alle anderen „Zeichen einer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugung“ nicht getragen werden dürfen.

Beim Handelsverband Baden-Württemberg wird die Entscheidung der Luxemburger Richter begrüßt: „Sie unterstützt Arbeitgeber, die den Wunsch haben, ein Bild von Neutralität zu vermitteln“, sagt Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Jedes Unternehmen müsse nun für sich selbst entscheiden, ob es seine Praxis ändern wolle. Dass eine Regelung, die Kopftücher im Verkauf untersagt, die ohnehin vorhandene Personalnot der Händler noch vergrößern könnte, glaubt Hagmann nicht: „Neutralität heißt ja nicht, muslimische Mitarbeiterinnen nicht einzustellen, sondern alle Mitarbeiter darum zu bitten, auf das Tragen von Zeichen des eigenen Glaubens zu verzichten.“ Dadurch könne künftig vermieden werden, sowohl Kunden als auch Kollegen nicht muslimischen Glaubens vor den Kopf zu stoßen.

Kaufland-Kunden äußern sich dafür und dagegen

Bei Hugo Boss in Metzingen ist von Kundenbeschwerden über Kopftücher nichts bekannt. Eine Sprecherin des Modekonzerns, der zahlreiche eigene Läden betreibt, verweist auf die offene Unternehmenskultur: „Wir stehen generell für Vielfalt und respektieren die religiösen Ansichten unserer Mitarbeiter.“ Das gelte auch für das Tragen von Kopftüchern für muslimische Mitarbeiterinnen. „Wir verbieten da niemandem etwas“, so die Sprecherin.

Auch andere Unternehmen im Land geben sich in Sachen Kopftuch liberal. So heißt es etwa bei der Supermarktkette Kaufland: „Wir respektieren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren unterschiedliche Kulturen, Religionen sowie die damit verbundenen Traditionen. Für uns ist es daher selbstverständlich, dass unsere muslimischen Mitarbeiterinnen ein Kopftuch tragen.“ Die Tochter der Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm räumt allerdings auch ein, zu dieser Thematik in der Vergangenheit „sowohl Pro- als auch Kontra-Anfragen“ erhalten zu haben.

Die Kaufhauskette Breuninger hat schon vor Jahren einen anderen Weg eingeschlagen und ihren Mitarbeitern das Tragen von Kopfbedeckungen generell untersagt. Die Bekleidungsordnung umfasst damit neben Kopftüchern auch Basecaps und Mützen jeglicher Art. Edeka-Südwest verweist auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, dessen Paragraf 1 besagt: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ Im Verkauf versuche man sich unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Normen „gegenüber unseren Kundinnen und Kunden so einheitlich und neutral wie möglich zu präsentieren“. Was das konkret für das Tragen von Kopftüchern bedeutet, wollte ein Sprecher allerdings nicht sagen.

Auch die Bekleidungskette H&M beschäftigt viele Mitarbeiter im Südwesten. Man empfinde die „große Vielfalt in der Belegschaft hinsichtlich Alter, Geschlecht und ethnischer Herkunft als „äußerst wertvoll und bereichernd“, teilt eine Unternehmenssprecherin mit. „Wir fördern Vielfalt und Gleichstellung und dulden keinerlei Diskriminierung oder Belästigung.“