Beim Familiensonntag im Kunstmuseum Stuttgart haben Familien freien Eintritt – plus Sonderprogramm. Foto: Kunstmuseum Stuttgart/Gerald Ulmann

Angeblich ist Kultur nur etwas für Besserverdienende, weshalb Familien häufig das Nachsehen haben. Aber stimmt das überhaupt? Wir haben nachgeschaut.

Es kann teuer werden. Wenn eine Familie ins Theater geht und vor allem ins Musical oder in die Oper, ist das nicht billig. So lautet zumindest die gängige Meinung, weshalb oft gar nicht der Versuch gemacht wird, die Kinder für Mozart oder Verdi zu begeistern, für Shakespeare oder Schiller. Kultur, so die weit verbreitete Meinung, ist nur etwas für Besserverdienende.

 

Aber stimmt das überhaupt? Ja und nein. Fragt man bei den Theatern oder Museen nach, stellt man fest, dass die meisten Häuser für Kinder und Jugendliche durchaus attraktive Angebote haben: Im Schauspiel Stuttgart zum Beispiel zahlen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in allen Preisgruppen 7 Euro – und dürfen für die Hin- und Rückfahrt dazu sogar kostenlos den VVS nutzen. Das ist günstiger als mancher Besuch im Schwimmbad.

Für 8 Euro ins Theater

Die Eltern müssen dagegen den regulären Preis berappen. Der kann teuer werden, muss es aber nicht. Wer zum Beispiel „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert im Schauspielhaus anschauen will, das ab Klasse 9 angeboten wird, der zahlt in den ersten Reihen 42 Euro, in den hintersten fallen aber nur 8 Euro pro Person an. Bei Familienvorstellungen wie „Pünktchen und Anton“ bietet das Schauspiel Stuttgart sogar familienfreundliche Preise zu 8, 18 oder 21 Euro. Und für Arbeitslose gibt es einen Spezialtarif zu 9 Euro, das sind keineswegs die schlechtesten Plätze, sondern im Mittelfeld des Schauspielhauses.

Eltern scheinen sehr wohl aufs Geld zu schauen. Diese Erfahrung hat zumindest das Kunstmuseum Stuttgart gemacht. Es bietet jeden Sonntag ein kostenloses Vermittlungsprogramm für Kinder ab vier Jahren und ihre Familien an. Das ist attraktiv, weil der „Familiensonntag“ neben einer Führung auch einen Workshop anbietet, weshalb die Plätze meist bald ausgebucht sind. Aber selbst wenn die Familie den regulären Eintritt zahlen müssten, ist ein Museumsbesuch günstiger als viele andere Freizeitaktivitäten. Zum Vergleich: Ein Ticket für den Erlebnispark Tripsdrill kostet für Kinder 35,50 Euro, im Europa-Park Rust ab 44 Euro.

Adele kostet 400 Euro

Wenn der Nachwuchs flügge wird und auf ein Konzert will, schlägt das richtig zu Buche. Nach Angaben des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft sind die Preise in den vergangenen vier Jahren um dreißig Prozent gestiegen. Die britische Pop-Sängerin Adele hat nicht nur mit einer gigantischen Show Maßstäbe gesetzt, sondern auch bei den Preisen, die Karten kosteten zum Teil mehr als 400 Euro. Auch die deutschen Konzerte von Taylor Swift beliefen sich zum Teil auf mehrere hundert Euro. Für Ed Sheerans Konzert im Juni in der MHP Arena sind derzeit noch Tickets zu 145 Euro verfügbar.

Foto: dpa/Matt Crossick

Im Vergleich dazu sind sogar Karten für die Oper oder das Stuttgarter Ballett günstig. In den Vorstellungen im Großen Haus zahlen Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre in Begleitung eines Erwachsenen grundsätzlich nur die Hälfte. Es werden aber auch Familienvorstellungen angeboten, wo man bis 18 Jahre nur zehn Euro bezahlt. Gerade das Stuttgarter Ballett ist auch beim jungen Publikum begehrt. Im „Nussknacker“, einem Ballett nach E.T.A. Hoffmann, sitzen in der Regel zwischen 40 und 100 Kinder und Jugendliche. In den Familienvorstellungen sind es oft mehr als 400 Kinder.

Ohne Subventionen würden Opern- und Ballettkarten deutlich mehr kosten. Dass Familien aber offenbar gewillt sind, sich auch teurere Bühnenshows zu leisten, beweisen die Musicals von Stage Entertainment, die nicht subventioniert werden, sondern sich über den Kartenverkauf finanzieren müssen.

In den Stuttgarter Musicals erhalten Kinder bis 16 Jahre eine Ermäßigung von 15 Prozent, wobei die Preise vom Wochentag und der Uhrzeit abhängen – die günstigsten Tickets liegen in der Regel bei 50 Euro. Da auch dann für eine Familie viel zusammenkommt, gibt es für Disneys „Die Eiskönigin“ Familientage, bei denen es dann auch für zwei Erwachsene 15 Prozent Nachlass gibt.

Ob Familien wegen des Geldes nicht Theater oder Museen gehen, lässt sich schwer ermitteln. „Repräsentative Erkenntnisse darüber, welche Schwelle die Höhe des Eintritts für Familien darstellt, haben wir leider nicht“, sagt Joachim Rüeck vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg.

Julia Schubart, die Sprecherin des Schauspiels Stuttgart, vermutet aber, dass nicht der Preis ausschlaggebend sei, wenn Familien nicht kämen. An der Tageskasse und im Telefonischen Kartenverkauf gebe es zumindest wenige Diskussionen über Preise.

Wer Kultur besuchen will, hat ohnehin noch weitere Möglichkeiten, dies günstig tun zu können. Mit dem Bildungspass Kultur können Jugendliche aus Baden-Württemberg im Laufe eines Schuljahres vier Kulturveranstaltungen kostenlos besuchen – und erhalten eine Bestätigung fürs Schulzeugnis. Stuttgart beteiligt sich zudem am Bundesprogramm Kulturpass, bei dem junge Menschen ein Guthaben erhalten, das sie für Kulturaktivitäten nutzen können.

Kinder bringen Ermäßigung auch für Eltern

Da die öffentlichen Haushalte angespannt sind, könnte es aber gut sein, dass die Preise in absehbarer Zeit steigen. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg wird im Sommer den Eintritt erhöhen – wegen der „sich stetig verschlechternden finanziellen Bedingungen für Kultur- und Bildungsbetriebe“, sagt Joachim Rüeck. Am freien Eintritt für Kinder und Jugendliche wird man trotzdem festhalten. Denn daran soll der Museumsbesuch nicht scheitern. Damit sind Familien zumindest in diesem Museum keineswegs schlechter gestellt als andere, sondern sogar besser: Denn wenn Kinder und Jugendliche mit den Eltern kommen, erhalten auch Vater und Mutter Ermäßigung – während man ohne Kinder den vollen Preis zahlen muss.