Ist in Ludwigsburg der Winterdienst gesichert? Foto: dpa

So geht Realsatire: Ausgerechnet wenn viel Schnee liegt, sollten die Mitarbeiter der Stadt eigentlich nicht mehr in die Halle, in der das Streusalz lagert. Was nun?

Zurzeit, bei Temperaturen von teils mehr als 30 Grad, kommt einem beim Wort „Eis“ vielleicht eine süße Schleckerei aus der Kühltruhe in den Sinn, nicht aber überfrierende Nässe auf der Straße. Schnee schon gar nicht.

 

Doch der nächste Winter kommt bestimmt – und mit ihm Glätte und Schnee. Autofahrer, Radler und Fußgänger dann vor einer allzu heftigen Rutschpartie zu bewahren, das könnte die Stadt Ludwigsburg vor ein echtes Problem stellen.

Wo genau liegt das Problem? Personal haben die Technischen Dienste (TDL) genug, auch die Räumfahrzeuge stehen in der Garage. Sorgen bereitet aber die Halle in der Gänsfußallee hinter dem Burger King, in der das Streusalz gelagert wird. Sie ist baufällig.

Fünf Zentimeter Schnee: zu viel für das Dach

Jetzt, im Sommer, können die Mitarbeiter der Stadt die Halle relativ problemlos betreten. Nur: momentan braucht das Salz ja keiner. Ein Gutachter hatte bereits vor drei Jahren festgestellt, dass das Gebäude aus dem Jahr 1965 bis spätestens 2024 abgerissen werden muss. Züge einer Realsatire bekommt die Geschichte dadurch, dass das Dach, liegen fünf Zentimeter Schnee darauf, akut einsturzgefährdet ist. „Dann sollte eigentlich keiner mehr in die Halle“, sagt Jan-Philipp Heusel, stellvertretender Leiter des zuständigen Fachbereichs. Aber gerade bei Schnee brauchen die Technischen Dienste das Salz. Bürgermeisterin Andrea Schwarz nennt die Situation „misslich“.

Die Stadt muss im Notfall 276 Kilometer Straßen, 90 Kilometer an Radwegen, die seit 2020 ebenfalls geräumt werden müssen – das ist gesetzlich festgeschrieben – und noch mal 31 Kilometer Gehwege und öffentliche Treppen von Schnee und Eis befreien. 48 sogenannte Kältetage mit Glatteis, davon 15 mit Schnee, gab es im vergangenen Jahr in Ludwigsburg. Weil der Winter insgesamt aber relativ mild war, kamen die Streufahrzeuge bislang noch immer an ihre Ladung.

1,65 Millionen Euro ist dem Gemeinderat auf die Schnelle zu viel

An fünf Tagen sei es aber beinahe so weit gewesen, dass man die Halle schließen musste, sagt Stefan Spielmann von den TDL. An einem Tag war die kritische Schneegrenze erreicht. Das Risiko ging man offenbar ein. Künftig will man das aber eigentlich nicht mehr. Da die Technik im Inneren der Halle auch hinüber ist, dringt man nun auf schnellen Ersatz. Schlechte Aussichten bei Rohstoff- und Baupreisen sind ein weiterer Grund für die Eile. Weil eine Sanierung zu teuer ist, will man am liebsten gleich neu bauen. Keine Halle mehr, sondern zwei Silos, die je 500 Tonnen Salz fassen würden. Für die beiden 23 Meter hohen Ungetüme hat die Stadt schon einen Platz auserkoren: im Industriegebiet an der Kammerstraße.

Während es die Verwaltung eilig hat, ist es dem Gemeinderat gar nicht recht, dass man so zackig Nägel mit Köpfen macht – vor allem in Anbetracht von 1,65 Millionen Euro Baukosten. Das wurde in der jüngsten Sitzung des Mobilitäts- und Umweltausschusses (MU) deutlich. Nathanael Maier (SPD) sprach von einer „Hausnummer“. Klar sei aber, dass die „Sicherheit der Bevölkerung nicht gefährdet“ werden dürfe. Klaus Herrmann (CDU) und Jochen Zeltwanger (Freie Wähler) kritisierten den Zeitpunkt der Entscheidung. Im vergangenen Jahr habe man in Anbetracht der leeren Kassen groß und breit über einige Zehntausend Euro diskutiert, nun gehe es um deutlich mehr. Beide schlugen vor, das Thema lieber im Zuge der Haushaltsdebatte im Herbst zu diskutieren. Eine Entscheidung wurde im Ausschuss dann auch vertagt.

FV-Anlage auf dem Dach: auch keine Option

Zeltwanger hegte Bedenken, dass wirklich alle Alternativen geprüft worden seien. Er brachte eine Zeltkonstruktion über der Halle oder eine PV-Anlage auf dem Dach, die dies entlasten könne, ins Spiel. Schon eine Konstruktion mit Photovoltaik sei so schwer, dass das Dach einstürzen könne, erteilte Andrea Schwarz der Idee eine Absage. Mit einer umliegenden Kommune – mit Kornwestheim hatte man bereits Gespräche geführt – zu kooperieren, sei logistisch nicht sinnvoll und auch gar nicht gewünscht, so Heusel. Maier und Herrmann pochten darauf, dass die Verwaltung bei ähnlichen Problemen und Kosten in Millionenhöhe künftig früher den Gemeinderat informiert. Das Gutachten sei schließlich schon 2019 angefertigt worden.