Die Bundespolizei – hier eine Übung in Ahrensfeld – sucht dringend Verstärkung. Foto: dpa

Weil das Personal knapp ist, streicht die Bundespolizei für den nächsten Jahrgang ein Einstellungskriterium. Und auch mit tätowierten Anwärtern will die Behörde in Zukunft womöglich noch toleranter umgehen.

Stuttgart - Die Belastung für die Bundespolizei ist durch den Flüchtlingsstrom immens. Insbesondere in den Grenzgebieten. Aber auch an den Wochenenden sind die Beamten im Umfeld von Fußballspielen stark gefordert, um die Sicherheit an den Bahnhöfen zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass der Behörde der demografische Wandel zu schaffen macht und sie in diesen Jahren von einer großen Pensionierungswelle erfasst wird. Deshalb sucht sie dringend Verstärkung – und wirbt im Rahmen dessen mit offensiven, teils ungewöhnlichen Aktionen. Zum Beispiel mit einer mobilen Kletterwand mitten in der Stadt. Oder mit sogenannten Speed-Dating-Abenden, an denen potenzielle Bewerber unverbindlich mit den Einstellungsberatern der Bundespolizei ins Gespräch kommen können.

Bereits in den vergangenen Jahren hat die Bundespolizei die Zahl der Neueinstellungen auf allen Ebenen so deutlich erhöht: im mittleren Polizeivollzugsdienst von 852 (2014) auf 1221 (2015), im gehobenen Polizeivollzugsdienst von 200 auf 285 und im höheren Polizeivollzugsdienst von zwei auf vier. Das ist Rekord – es haben so viele Auszubildende und Studierende begonnen wie noch nie zuvor. Trotzdem fehlt es nach wie vor an Personal.

Im September 2016 will die Behörde, die dem Bundesinnenministerium untersteht, bis zu 2000 Stellen besetzen. Rund 12.000 Kandidaten haben sich dafür nach eigenen Angaben bereits beworben. Doch sie müssen erst noch in einem aufwendigen Auswahlverfahren ihre körperliche Fitness, ihre Allgemeinbildung und ihre charakterliche Eignung nachweisen. Was bei weitem nicht allen gelingt. Die Tests und Interviews haben es in sich. Die Quote derer, die diesen Test nicht bestehen, ist ziemlich hoch.

Bundespolizei streicht Mindestgröße für männliche Bewerber

Damit zumindest mal die Zahl der Bewerber wächst, geht die Bundespolizei bei der nächsten Einstellungsrunde neue Wege. Zum einen hat sie die Bewerbungsfrist bis zum 31. Dezember verlängert. Und zum anderen hat sie für 2016 die Mindestgröße für männliche Bewerber gestrichen. Bis zuletzt mussten Kerle mindestens 1,65 Meter groß sein – diese Marke fällt nun.

Auch mit Tätowierungen geht die Behörde immer toleranter um. Weil der gestochene Hautschmuck längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist – gerade unter jungen Erwachsenen –, hat sie vor einigen Jahren bereits Tattoos erlaubt, die von der Dienstkleidung bedeckt werden oder anderweitig abgedeckt werden können. Zum Beispiel durch ein Pflaster. „Es kann aber auch notwendig werden, einen geeigneten Überzug zu verwenden, der individuell angepasst und gefertigt werden müsste, um auch im Einsatzfall seine Funktion zu erfüllen“, sagt ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam. Denkbar seien in diesen Fällen Produkte aus einem Sanitätshaus. Bei allen Tattoos dürfen die Motive freilich auf keinen Fall diskriminierend, gewaltverherrlichend oder in einer anderen Weise gesetzlich verboten sein.

Generell müsse man sich jedoch dem gesellschaftlichen Wandel stellen, sagt der Sprecher. Tätowierungen seien bei jungen Menschen keine Ausnahme mehr. Durch die Herabsetzung der äußerlichen Kriterien erhofft sich die Bundespolizei noch mehr Bewerber. Mittlerweile prüfen Vertreter aus verschiedenen Fachbereichen beim Bund sogar, ob in Zukunft auch kleine Motive unter der Dienstkleidung hervorblitzen dürfen.

Das Thema Tätowierung wird bei den Landespolizeien unterschiedlich gehandhabt

Die Bundespolizei, die sich bis 2005 noch Bundesgrenzschutz nannte, ist vor allem für die Sicherung von Grenzen, Bahnanlagen und Flughäfen zuständig. Sie kontrolliert im Zuge dessen die Einreisenden aus Nicht-EU-Staaten. Während der Ausbildung müssen angehende Polizisten im mittleren Dienst mindestens achtmal den Dienstort wechseln, ihre Kollegen im gehobenen sogar mindestens zehnmal. Oft ist das auch mit einem Umzug verbunden. Das ist einerseits reizvoll, erfordert andererseits aber auch eine hohe Flexibilität.

Bei der Polizei der Länder sind die Anwärter örtlich gebundener. Das Thema Tätowierung wird bei den Landespolizeien indes unterschiedlich gehandhabt. Nicht sichtbare Tätowierungen seien „zulässig, solange sie nicht gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen“, heißt es etwa aus dem baden-württembergischen Innenministerium. Im Rahmen der sogenannten Einstellungsoffensive befasse man sich ebenfalls mit Überlegungen, ob man in Zukunft kleine sichtbare Tattoos erlaube.

Bayern hingegen fährt einen strikten Kurs. Dort sind nicht mal nichtsichtbare Tätowierungen erlaubt. Das passe nicht ins Profil, erklärt ein Sprecher.