Am ersten Schultag gibt die wohlgefüllte Tüte Halt. Foto: Martin Stollberg

In Münster haben 61 Kinder ihren ersten Schultag erlebt. Die Schule erprobt neue Lernformen.

Münster - Sage da noch einer, die Einschulung sei kein wichtiger Tag. Im Sport- und Kulturzentrum Münster hat am Mittwoch bei der Feier der Elise-von-König-Schule jedenfalls drangvolle Enge geherrscht, für viele Erwachsene gab’s nur Stehplätze, die Luft war zum Schneiden. Doch den Mamas und Papas, Omas und Opas gefiel’s trotzdem. Sie applaudierten bei den Aufführungen der älteren Schüler begeistert, während sich manche Erstklässler schutzsuchend an ihre Schultüten klammerten. Denn die erste Aufgabe, die die Kleinen zu meistern hatten, war loszulassen von Muttern und vorn zu sitzen, neben den Mitschülern.

Die zweite Aufgabe fiel manchem kleinen Buben noch schwerer: der Lehrerin zu folgen und die paar Gehminuten mit den Klassenkameraden ins nahegelegene Schulhaus zu marschieren. Klammergriff an Mama, Tränen – der Kleine gewinnt, diesmal, die Mutter kommt mit.

Zuvor, im Saal, hatte die Lehrerin in die Erstklässlerrunde gefragt: „Wer kann denn schon ganz schön singen?“ Ein Mädchen meldete sich. Die Lehrerin: „Willst du uns mal ein paar Töne vorsingen?“ Darauf die Kleine trocken: „Nö.“ Und hatte die Lacher auf ihrer Seite.

Auf die Unterschiedlichkeit der Kinder will die Elise-von-König-Schule von diesem Schuljahr an in besonderer Weise eingehen. Die erste Phase sei die Kennenlernphase, erklärt Schulleiterin Renate Schlüter. „Und dann geht’s los mit der Lernerei: jeder darf nach seinem Tempo und seiner Neugier loslegen“. Der Hintergrund: Die Schule würde gern vom nächsten Schuljahr an von Klassenstufe eins bis Klassenstufe fünf/sechs als Gemeinschaftsschule starten. Dazu gehören auch neue Lernformen, mit denen schon jetzt begonnen werde.

Chance für Sonderschulkinder

Die Bezugsgruppe sei für die Kinder zwar nach wie vor die Klasse. Aber anders als bisher entwickle der Lehrer für jedes Kind individuelle Lernaufträge. „Das selbstständige Lernen erhält größeren Raum“, sagt Schlüter. Außerdem könnten sich die Erst- und Zweitklässler gemeinsam in sogenannten Lernhäusern zu Gruppen zusammentun – und zwar in Deutsch, Mathe, Werkstatt/Atelier – also dem Fächerverbund Mensch, Natur, Kultur (Menuk). Dies solle aber behutsam geschehen. „Die Eltern sollen sehen: das ist eine Bereicherung für ihre Kinder“, so Schlüter. Besonders geeignet seien diese Lernformen für die beiden Sonderschulkinder, die ebenfalls an der König-Schule starten – eines davon ist lernbehindert. Auch dieses Kind dürfe in seinem eigenen Tempo lernen. Es bleibe bei den Klassenkameraden, auch wenn es deren Bildungsziele nicht erreiche. „Die Gemeinschaftsschule ist dafür wie gemacht“, sagt Schlüter.