Ullrich und Gabriele Villinger bauen die Ladenfläche im Fachwerkhaus am Marktplatz zu einer Markthalle um. Foto: Gottfried Stoppel

Kaffee, Obst, Gemüse und Spezialitäten: Gabriele und Ullrich Villinger gestalten die Fläche eines ehemaligen Spielzeugladens in Waiblingen zur Markthalle um. Wenn alles klappt, soll es im Oktober losgehen.

Das stattliche Geschäftshaus in der Langen Straße 30 liegt direkt am Waiblinger Marktplatz und ist im Laufe der Zeit für ganz unterschiedliche Zwecke genutzt worden: Im 18. Jahrhundert zechten hier die Besucher des „Gasthaus zum Lamm“, Ende des 19. Jahrhunderts richtete Gotthilf Pfleiderer in zwei Zimmern die erste Bankniederlassung Waiblingens ein. Im frühen 20. Jahrhundert zog ein Laden für Korbwaren in das um 1650 nach dem Stadtbrand errichtete Gebäude, später gingen hier Puppen, Kuscheltiere und anderes Spielzeug über den Tresen.

Personalmangel als großes Problem

Derzeit sind die großen Schaufenster mit alten Zeitungen verhängt, innen hängen Kabel von der Decke, am Boden liegen alte Holzbalken und ein Gemisch, das nach Sand, Asche und Erde aussieht. Die Geschäftsräume im Erdgeschoss werden in den kommenden Monaten grundlegend saniert, denn die Eigentümer Gabriele und Ullrich Villinger haben für diesen Teil des alten Fachwerkhauses eine neue Nutzung gefunden: Hier soll eine Markthalle entstehen.

Wenn alles gut läuft, dann könnte diese schon im Herbst eröffnen. „Der Wunsch wäre eine Eröffnung im Oktober, jetzt müssen wir Handwerker finden“, sagt Gabriele Villinger und fügt hinzu, dass die Markthalle Waiblingen ein „Herzensprojekt“ für sie und ihren Mann sei. „Wir hätten die Fläche problemlos anderweitig vermieten können, es gab Interessenten vom Ein-Euro-Shop bis zu Modegeschäften“, erzählt Ullrich Villinger. „Das hätte einen Haufen Geld gespart, aber wir wollten etwas Schönes machen, was auch zur Belebung der Innenstadt beiträgt.“ Allerdings gestaltete sich die Suche nach Mietern gar nicht einfach. „Wir wollten eigentlich als Ankermieter den Hofmarkt Schmid. Sie dachten zuerst, sie schaffen das, aber letzten Endes hatten sie zu wenig Personal, um an sechs Tagen pro Woche jemanden in die Markthalle zu stellen“, erzählt Gabriele Villinger. Wegen Personalmangels hätten auch die angefragten Käsehändler abgewunken, sagen die Villingers mit Bedauern.

Strudel in süß und salzig

Inzwischen ist die Mieter-Truppe für die rund 350 Quadratmeter große Fläche aber komplett: Sebastiano Pilu von der gleichnamigen Kaffeerösterei wird in die Markthalle einziehen. Er bekommt den Bereich vorne links beim Eingang. Seinen Laden in der Langen Straße 52 werde der Kaffeeröster behalten, die Verkostung wolle er aber schwerpunktmäßig in die Markthalle verlegen, sagt Gabriele Villinger: „In seinem Kaffeeladen hat er ja innen keine Sitzmöglichkeiten.“

Rechts des Eingangs richtet sich Marisa Bongiovanni-Schlak ein, sie hat italienische Delikatessen von Schinken über Käse, frische Pasta und Antipasti bis zum Eis im Angebot. Bislang sei „Marisas Delikatessen“ auf Märkten unterwegs, wünsche sich aber einen festen Standort, sagt Gabriele Villinger. An diesem werde sie wohl auch einen Mittagstisch anbieten. Eine weitere Nische bezieht die Remstalkellerei, die hier ihre Erzeugnisse zum Verkauf und zur Verkostung anbietet.

Süße und salzige Strudel nach bulgarischem Konzept sind die Spezialität des Franchiseunternehmens Poushe, dessen deutscher Hauptsitz mit Produktionsstätte sich in Murrhardt befindet. Bald haben Strudelfans auch eine Anlaufstätte in Waiblingen.

Die Außenvitrine aus den 1950ern muss weichen

Mieterin Nummer 5 ist Deniz Sever, die als „Miss Peppas“ seit vielen Jahren Gastronomen und Caterer im Stuttgarter Raum mit frischer Ware beliefert und seit Oktober vorvergangenen Jahres die Feinkost- und Weinbar Hommage im Stuttgarter Leonhardsviertel betreibt. Zu Severs Angebot werden Obst, Gemüse, Spezialitäten und Gewürze gehören, und auch sie will kleine Gerichte wie beispielsweise Suppen anbieten.

Die Markthalle bekommt einen neuen Estrichboden, Kühlung und Elektrik finden ihren Platz an der Decke. „Wir wollen so ganz bewusst den Hallencharakter erzeugen“, sagt Gabriele Villinger. „Die Hülle stellen wir zur Verfügung, den Ausbau übernehmen die Mieter selbst.“ Die großen Schaufenster zum Marktplatz werden verkleinert, sodass die Mieter dort auch Mobiliar aufstellen können. Die aus den 1950er Jahren stammende gläserne Außenvitrine mit wenigen Quadratmetern Fläche wird entfernt. „Da würde höchstens ein Bällebad reinpassen“, sagt Gabriele Villinger. Das darüberliegende Dach mit kleinen Lichtkuppeln aber bleibt: Entlang seiner Kante wird eine Glasfassade mit Holzverschalung errichtet und so weiterer Innenraum für die Mieter gewonnen.

Dass ihre Markthalle unerwünschte Konkurrenz am Waiblinger Marktplatz erzeugt, denken die Villingers nicht. „Das Angebot ist hauptsächlich etwas für die Mittagspause“, argumentiert Gabriele Villinger angesichts der Öffnungszeiten, die unter der Woche von 9 bis 18 Uhr, samstags von 9 bis 14 Uhr sind. Und abends überlasse man das Feld ja den angestammten Lokalen. „Die anderen Betreiber hier am Marktplatz freuen sich auf die Markthalle.“