Wo kaufen Sie lieber ein? Im kleinen Laden ums Eck oder im großen Supermarkt, der alles hat? Foto: dpa

Bloß schnell und billig einkaufen war gestern. Heute wollen viele Kunden mit dem Einkauf auch Gutes tun. Doch warum haben kleine Läden wie aktuell der Cap-Markt in Stetten (Landkreis Esslingen) trotzdem so sehr zu kämpfen? Wir würden uns über die Meinung von Ihnen, liebe Leser, freuen.

Filder - Alle wollen das letzte Lebensmittellädchen in ihrem Ort oder Bezirk halten. Die Menschen geloben, dort einkaufen zu gehen, damit die kleine Unternehmung nicht eines Tages eingeht und man im Flecken gar nichts mehr bekommt. Doch dann gehen sie trotzdem zum Discounter oder zu einer der großflächigen Supermarktketten. „Intention-Behaviour-Gap“ nennt man das im Marketing-Jargon, erklärt Verena Hüttl-Maack, Professorin für Marketing und Konsumentenverhalten an der Universität Hohenheim. Es besagt, dass die gute Absicht und das tatsächliche Verhalten auseinanderklaffen. „Wir sehen das in vielen Bereichen. Die Leute sagen etwa, sie wollen ökologisch einkaufen, auf Verpackung verzichten oder Sprit sparen, und tun es dann nicht.“ Hauptgrund für das inkonsequente Verhalten sei schlicht Bequemlichkeit.

Die Marketing-Expertin nennt noch weitere Gründe, weshalb Menschen aller Bekundungen zum Trotz dennoch lieber woanders als im Lädle vor Ort einkaufen: „In unserer Gesellschaft herrscht ein starkes Streben nach Effizienz, das gilt auch beim Einkaufen.“ Der Kunde will eben Parmaschinken, Müllbeutel und Leuchtmittel im gleichen Geschäft bekommen.

Der Kunde von heute ist verwöhnt

„Zudem sind die Kunden verwöhnt. Sie sind es gewohnt, dass alles zu jeder Jahreszeit verfügbar ist, und das auch noch schnell. Und sie wollen eine Auswahl haben.“ Sie geben sich ungern mit einem einzigen Waschmittel, einer einzigen Butter zufrieden. „Kognitiv am angenehmsten ist den Menschen eine mittelgroße Auswahl“, erklärt Hüttl-Maack. Überangebote überfordern indessen. Die Wahl zwischen 50 verschiedenen Fruchtjoghurts etwa empfinden Kunden als Qual. Der Durchschnittskunde habe drei Stammprodukte, zwischen denen er abwechsele. Doch das übersteigt die Sortimentsgrenze der meisten Ortslädle bei Weitem.

Und trotzdem sieht die Marketing-Professorin gute Chancen für kleine Läden, vor allem dann, „wenn ein Laden als Marke funktioniert und eine eigene Philosophie hat“. Beispielsweise könne er sich ökologischen Grundsätzen verpflichten, das Solidarprojekt einer Dorfgemeinschaft sein oder aber die Inklusion vorantreiben wie die Cap-Märkte. „Unsere Grundbedürfnisse sind gedeckt. Da können wir es uns leisten, solche moralischen Ansprüche zu stellen und das Einkaufen bedeutungsmäßig aufladen.“ Das Einkaufen ist gewissermaßen zur Gesinnungsfrage mutiert. Hüttl-Maack sieht hier gar einen gesellschaftlichen Trend, der in Konkurrenz tritt mit dem allgemeinen Effizienz-Streben. Er passt zu den Nachbarschaftsinitiativen, Hofflohmärkten, Tauschbörsen und anderen privaten Initiativen, die Gemeinschaft schaffen. Besteht berechtigte Hoffnung, dass sich die „Intention-Behaviour-Gap“ allmählich etwas schließt und die Leute tatsächlich in die kleinen Läden kommen?

Beim Einkaufen geht es auch ums Spaßhaben

Einkaufen ist natürlich auch Stimmungssache. „Es gibt den Effizienz-Modus, der insbesondere bei Lebensmitteln vorherrscht. Da brauche ich eine bestimmte Sache. Zugleich es gibt den hedonistischen Einkaufsmodus. Einkaufen bedeutet hier Spaß, Erholung, Freizeit.“ Im Spaß-Modus gehe es den Kunden darum, genüsslich zu stöbern, Dinge zu entdecken oder aber auch um soziale Kontakte: Sie gehen in einen bestimmten Laden, weil sie hier auch Gelegenheit haben, mit den Leuten zu schwätzen. Dieses hedonistische Bedürfnis sollten existenzbedrohte Dorflädchen wahrnehmen, meint Professorin Hüttl-Maack: „Wenn man eine persönliche Bindung zum Kunden aufbaut, kommt er wieder.“

Wie ist Ihre Meinung?

Wir interessieren uns für Ihre Einkaufsgewohnheiten. Warum kaufen Sie im Laden ums Eck? Oder warum gerade nicht? Wir freuen uns über Ihre Meinung. Per Mail sind wir an redaktion@filder-zeitung.zgs.de erreichbar.