Krämermärkte ergänzen den Handel. Die Städte verfolgen mit ihnen noch ein weiteres Ziel: die Ortskerne zu beleben. Foto: Eileen Breuer

Märkte, auf denen es alles von Hausschuh bis Spätzlebrett gibt, sind nicht mehr nur Orte des Einkaufens. Die Leute gehen hin, um sich zu treffen. In Filderstadt werden die Termine für Krämermärkte zusammengestrichen. Das halten einige für eine Gefahr.

Filderstadt/Leinfelden-Echterdingen - Zwischen Bürsten, Spätzlebrett und Nudelholz steht Daniel Strohbach in seiner Verkaufshütte auf der Königstraße. Der Marktbeschicker aus Filderstadt-Plattenhardt zieht normalerweise von einem Krämermarkt zum nächsten. Doch weil die Märkte coronabedingt teilweise ausfallen, hat er sich nun hier für ein paar Tage niedergelassen und bringt in der Stadtmitte Waren an den Mann.

Doch nicht nur die Corona-Krise macht den Händlern zu schaffen. Auch die Diskussion darum, ob Krämermärkte seltener stattfinden sollten, treibt die Marktbeschicker um. „Ich finde es eine Katastrophe. Wir Markthändler und Schausteller leben davon. Wenn es weniger Krämermärkte werden, wie sollen wir dann noch davon leben?“, fragt sich Strohbach.

Auf einmal Markt im Jahr reduziert

In Filderstadt konnten die Besucher früher zweimal im Jahr pro Stadtteil auf einem Krämermarkt stöbern. Schon vor längerer Zeit wurde dies aber in Plattenhardt und Bonlanden auf einmal im Jahr reduziert. „Kleinere Märkte in kleineren Stadtteilen verzeichnen eine geringere Attraktivität“, sagt Jan-Stefan Blessing, Leiter des Ordnungsamts in Filderstadt.

Und nun trifft auch noch folgende Nachricht ein: Der Krämermarkt am ersten Advent in Bernhausen kann sich ebenfalls nicht mehr behaupten. Der Gemeinderat hat jüngst beschlossen, den winterlichen Krämermarkt einzustellen. „Er hat keinen Zuspruch mehr gefunden“, erklärt Blessing. Das liege daran, dass die Kundschaft im Winter ein weihnachtliches Sortiment erwartet habe. Das konnte der Krämermarkt als solcher jedoch nicht bieten.

„Alle Händler beklagen Umsatzrückgänge“

Doch nicht nur der Bernhäuser Krämermarkt kämpft ums Überleben. „Alle Händler beklagen Umsatzrückgänge“, sagt Blessing: „Zuerst bleiben die Kunden, dann die Händler aus. Wenn die Märkte weit weniger als 50 Stände haben, ist der Kundenzuspruch und damit die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben.“ Dabei sind Krämermärkte nicht unwichtig: „Sie sind eine Ergänzung des Einzelhandelssortiments und der Nahversorgung durch mobile Anbieter. Damit übernehmen sie eine Versorgungsfunktion“, sagt Angelika Goldak, Wirtschaftsförderin der Stadt Leinfelden-Echterdingen. In Leinfelden bilden einmal im Jahr rund 35 Stände den Maimarkt, in Echterdingen können Besucher zweimal im Jahr über den Krämermarkt mit 30 bis 40 Ständen schlendern. Dort gäbe es vieles zu kaufen, das in der Vielfalt und Qualität nicht jeder Supermarkt im Angebot habe, so Goldak.

Das bestätigt Marktbeschicker Daniel Strohbach: „Viele Ortschaften sind vom Ladensterben bedroht. Haushaltswarenläden gibt es immer seltener.“ Aus diesem Grund kaufen bei ihm nicht nur Senioren ein. Auch junge Pärchen füllen ihren Hausstand bei ihm auf. Die Kunden könnten bei ihm die Waren noch in die Hand nehmen und sich beraten lassen: „Das gibt es bei Amazon nicht.“ Ein buntes Sortiment mache seiner Meinung nach die Attraktivität von Krämermarkten aus.

Ein Ort der Begegnung

Neben dieser Versorgungsfunktion verfolgen die Kommunen mit der Organisation der Krämermärkte noch ein weiteres Ziel: nämlich die Ortskerne zu beleben, sagt Wirtschaftsförderin Goldak aus L.-E. Hier sollen sich die Menschen begegnen. Blessing pflichtet bei: „Natürlich bekommt man heute im Onlinehandel und in Fachmärkten alles, was es auf dem Krämermarkt gibt. Heute sind diese eher ein Ort der Begegnung und Gemeinschaft, weniger des Einkaufs.“ Deshalb gelte es, Besucher auch anderweitig auf Krämermärkte zu locken – zum Beispiel, indem man die Märkte mit Events verknüpfe oder das Angebot an Essen attraktiv gestalte.

„Die Politik sieht ganz klar unabhängig von der Wirtschaftlichkeit den Wunsch, den Krämermarkt für das Gemeinwesen zu erhalten“, sagt Blessing. Der winterliche Krämermarkt in Bernhausen soll deshalb nicht ersatzlos gestrichen werden. Stattdessen erteilte der Gemeinderat den Auftrag, nach einem neuen Datum zu suchen. So sollen auch in Zukunft die Menschen nicht gezwungen sein, eine Bürste online zu bestellen oder für das Küchenmesser bis in die Stuttgarter Innenstadt zum Fachmarkt fahren zu müssen.