Die Tage des Bonus-Markts an der Falchstraße sind gezählt. Foto: Annina Baur

Der Bonus-Markt in Steinhaldenfeld schließt zum 16. November. Die zu erwartende Lücke in der Nahversorgung ist vor allem für ältere Menschen ein Problem.

Bad Cannstatt - Eine Lauchstange ragt aus der blauen Stofftasche. Ansonsten ist die Tüte nicht prall gefüllt. „Zucker und Salz waren schon aus“, sagt Helga Ammon. Eigentlich hatte sie die Chance nutzen wollen, sich noch mit Vorräten einzudecken, bevor der Bonus-Markt in Steinhaldenfeld zum 16. November für immer schließt. Nun wird sie ihre Tochter bitten müssen, die Einkäufe zu machen. „Ich habe kein Auto und kann auch nicht mehr schwer tragen“, sagt die Seniorin. Im Bonus-Markt hat sie regelmäßig kleinere Besorgungen gemacht. Wenn künftig Sahne oder Butter ausgehen, wird deren Beschaffung deutlich beschwerlicher: „Ich muss mit der Bahn nach Cannstatt oder Neugereut fahren“, sagt Ammon. Bis zur Stadtbahn-Haltestelle sei es aber eine ganze Ecke zu laufen, der Bus halte schon lange nicht mehr unweit der Haustür, fügt sie hinzu.

Enttäuschung und Trauer herrschen in diesen Tagen in Steinhaldenfeld vor: Eine ältere Dame, die an diesem Vormittag vor dem Bonus Mineralwasser und andere Einkäufe im Korb ihres Fahrrads verstaut, vermag kaum zu sprechen, weil ihr die Tränen in die Augen treten, wenn sie an die Zukunft des Einkaufens in Steinhaldenfeld denkt: „Es ist sehr schade, vor allem für die älteren Leute“, sagt sie leise, bevor sie den Kopf abwendet und sich die Augen wischt. Nicht jeder Senior sei so rüstig wie sie und könne noch mit dem Fahrrad seinen Wocheneinkauf erledigen.

Keine Entscheidung gegen den Standort

Natürlich sei die Schließung des Bonus-Markts in Steinhaldenfeld bedauerlich und traurig für den Stadtteil, sagt Manfred Kaul, der Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration (SBR), welche die Bonus-Märkte in Stuttgart betreibt. „Es ist eine unpopuläre Maßnahme, die keinen Spaß macht.“ Doch er habe keine Wahl. „Die Rahmenbedingungen haben sich geändert“, begründet Kaul die Schließung, von der außer dem Markt in Steinhaldenfeld auch der auf der Rohrer Höhe betroffen ist. Die Bundesregierung habe die finanziellen Mittel für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen gekürzt und mit einer Instrumentenreform die Bedingungen für deren Einsatz nicht nur eng gefasst, sondern auch manche Angebote ganz abgeschafft.

Mit dem Standort Steinhaldenfeld habe die Entscheidung nur bedingt zu tun: „Wir wussten von Anfang an, dass es ein kleiner, eher umsatzschwacher Markt ist“, sagt Kaul über den erst vor fünf Jahren eröffneten Supermarkt an der Falchstraße. Dass gerade dieser Markt in Steinhaldenfeld geschlossen werde, liege daran, dass an diesem Standort der auf fünf Jahre abgeschlossene Mietvertrag auslaufe: „Wir müssen dort schließen, wo es vertraglich möglich ist.“

Siedlergemeinschaft macht sich für neuen Markt stark

Für Günter Roder, den Vorsitzenden der Siedlergemeinschaft Steinhaldenfeld, ist die Schließung des Bonus-Markts ein herber Verlust, den er mit allen Mitteln abzuwenden versucht hat: „Wir haben uns an die Stadt gewandt und Unterschriften gesammelt.“ Bis zuletzt hatte er gehofft, die Schließung verhindern zu können. Um die Nahversorgung in Steinhaldenfeld sei es ohnehin schlecht bestellt und in der Gegend rund um den Bonus besonders: „In diesem Teil Steinhaldenfelds wohnen viele ältere Menschen , die auf einen Supermarkt in Laufnähe angewiesen sind“, sagt Roder. Auch wenn die Bemühungen der Siedlergemeinschaft beim Erhalt des Bonus nicht gefruchtet hätten, will Günter Roder nicht aufgeben: „Wir werden versuchen, einen anderen Markt zu bekommen.“

Das hofft auch Helga Ammon: „In meinem Haus leben lauter Menschen um die 80 Jahre, die nicht mehr mit dem Auto zum Einkaufen fahren können“, sagt die Rentnerin. Ein ordentlich geführter, gut sortierter Laden hätte ihrer Ansicht nach Chancen: „Am Anfang lief es nicht so gut beim Bonus. Aber in letzter Zeit haben immer Menschen dort ihre Einkäufe erledigt“, ist Helga Ammons Eindruck.

Das Bonus-Prinzip

Standorte: Die Bonus Märkte verstehen sich als so etwas wie die Nachfolger der Tante-Emma-Läden und werden bevorzugt in kleinen Stadtteilen oder ländlichen Gemeinden angesiedelt, die sonst keine Nahversorgung haben.

Mitarbeiter: In den Bonus-Märkten arbeiten Menschen, denen der Weg in die Arbeitswelt versperrt ist, wie zum Beispiel Langzeitarbeitslose. Die SBR möchte sie mit Aus- und Weiterbildung fit für den Arbeitsmarkt machen und ihnen eine neue Perspektive bieten.