Zwei junge Möhringer wollen Landwirten aus der Region einen Raum geben, in dem sie ihre Waren direkt an die Konsumenten bringen können. Das Konzept ähnelt einem Wochenmarkt, hat dem gegenüber aber Vorteile für Verkäufer und Käufer.
Möhringen/Filder - Die Kartoffeln vom Acker am Rande des Stadtbezirks, die Milch vom Bauernhof, an dem man schon als Kind vorbeigelaufen ist, das Fleisch vom Metzger seines Vertrauens. So stellt man sich regionales Einkaufen vor. In Stuttgart und der Region gibt es einige Landwirte, die ihr Sortiment in einem Hofladen anbieten. Und einige, die ihre Waren auf Wochenmärkten verkaufen. Sebastian Hinderer und Christoph Hirzel wollen Erzeuger und Konsument auf einer weiteren Ebene zusammenbringen – und eine sogenannte Schwärmerei mitten in Möhringen eröffnen.
Im direkten Kontakt mit Erzeugern aus der Region
Das Prinzip des Marktschwärmer-Netzwerks ist schnell erklärt: Erzeuger können ihre Waren ohne Zwischenhändler direkt an den Konsumenten bringen. Konsumenten können mit den Erzeugern aus ihrer Region ins Gespräch kommen und erfahren, wo ihr Essen herkommt – ähnlich, wie auf dem Wochenmarkt. Allerdings hat eine Schwärmerei Vorteile für Verkäufer und Käufer. „Die Kunden bestellen vorher online, was sie wollen. So muss der Erzeuger nur das mitbringen, was gewünscht ist“, erklärt Sebastian Hinderer. Der Erzeuger definiert auch einen Mindestbestellwert. Kommt der nicht zusammen, muss er die Schwärmerei nicht anfahren. Ein weiterer Vorteil ist es: Während die Landwirte auf dem Wochenmarkt stundenlang hinter ihrem Verkaufsstand stehen, hat die Schwärmerei nur anderthalb Stunden einmal die Woche geöffnet.
Und die Käufer? „Durch das vielfältige Angebot von Obst und Gemüse bis hin zu Fleisch und Eiern müssen sie nicht von Hofladen zu Hofladen tingeln“, sagt Hinderer. Zudem sparten sie sich – zumindest im Bereich der frischen Lebensmittel – den Gang in den Supermarkt. Die Bestellung der Waren funktioniert bequem über den Onlineshop der Marktschwärmer.
Bis vor wenigen Jahren gab es in Stuttgart Bad-Cannstatt eine Schwärmerei. Über die Werbung des Netzwerks auf dem Stuttgarter Kessel-Festival sei er auf die Marktschwärmer aufmerksam geworden, sagt Christoph Hirzel. „Ich finde das Konzept gut, Landwirte vor Ort zu unterstützen und ihnen eine Plattform zu bieten, über die sie ihre Waren direkt an den Kunden bringen können.“
Im Frühjahr soll die Möhringer Schwärmerei öffnen
Regionalität ist den beiden Möhringern auch beim eigenen Einkauf wichtig. Und ebenfalls, dass die Produkte saisonal sind und wenig Verpackungsmüll produzieren. „Wir sind gern bei Bauer Klaus im Hofladen und auch auf dem Markt unterwegs“, sagt Sebastian Hinderer.
Christoph Hirzel, der bei der Polizei arbeitet, und Sebastian Hinderer, Doktorand an der Uni Hohenheim, sind derzeit auf der Suche nach Erzeugern, die ihre Schwärmerei beliefern wollen. „Bauer Klaus“ alias Klaus Brodbeck, der seinen Hof an der Lohäckerstraße hat, habe bereits Gemüse zugesagt, ein Jäger habe angeboten, Wild und Honig beizusteuern. Vor allem im Bereich Milch und Milchprodukte sowie beim Fleisch sind die beiden 27-Jährigen aber noch auf der Suche nach Erzeugern. Seitens der potenziellen Kunden sei das Interesse groß: Über die Internetseite www.marktschwaermer.de hätten sich bereits 80 Interessenten für die Möhringer Schwärmerei registriert.
Die beiden jungen Männer planen, im kommenden Frühjahr, die Schwärmerei zum ersten Mal zu öffnen. Den Raum dafür haben sie bereits: Sie können mittwochs zwischen 17 und 18.30 Uhr in das Vereinsheim des CVJM an der Leinenweberstraße 27. „Bei gutem Wetter wollen wir auch den Außenbereich nutzen“, sagt Christoph Hirzel.
Was ist Marktschwärmer kurz erklärt?
2011 ist das Projekt in Frankreich gestartet, 2014 kam es nach Deutschland, zunächst unter dem Namen Food Assembly, seit 2017 als Marktschwärmer. Hierzulande gibt es bereits 92 Schwärmereien in elf Bundesländern, weitere 86 sind derzeit im Aufbau. Der Kunde bestellt und bezahlt online für Lebensmittel aus der Region. Der Erzeuger bringt einmal die Woche die bestellten Waren in die Schwärmerei. Die Produzenten setzen ihre Preise selbst fest, von ihrem Nettoumsatz gehen 8,35 Prozent an die Gastgeber der lokalen Schwärmerei und zehn Prozent an das Marktschwärmer-Team.
Online unter www.marktschwaermer.de sind alle Schwärmereien zu finden. Dort stehen auch weitere Informationen zum Netzwerk und zum Konzept. Für Smartphones gibt es eine Marktschwärmer-Handy-App.
Erzeuger, die ihre Waren in der Möhringer Schwärmerei anbieten wollen, können sich unter E-Mail marktschwaermer-moehringen@posteo.de sowie über die genannte Internetseite an Christoph Hirzel und Sebastian Hinderer wenden.