Innenminister de Maizière und Bayerns Staatsminister Herrmann beschließen noch mehr Grenzkontrollen. Foto: dpa

Innenminister de Maizière und Bayerns Staatsminister Herrmann beschließen noch mehr Grenzkontrollen. Durch den „zeitweise unkontrollierten Zustrom“ von Menschen seien die Risiken für die Innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung gestiegen.

Berlin - Die Bundesregierung will die Kontrollen an der Grenze zu Österreich trotz der gesunkenen Flüchtlingszahlen fortsetzen - und zwar so lange, bis der Schutz der EU-Außengrenzen besser funktioniert. „Noch sind wir aber nicht so weit, deshalb bedarf es im Einklang mit europäischem Recht der Fortsetzung nationaler Grenzkontrollen“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag in Berlin. Die Bundespolizei werde die Binnengrenzkontrollen „sichtbar“ fortsetzen. Sollten diese Kontrollen zeitweise ausgesetzt werden, sei der Einsatz bayerischer Schleierfahnder vorgesehen.

Mögliche Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) seien nun ausgeräumt, betonte de Maizière. „Damit sollte dieser Punkt das Verhältnis der Schwesterparteien nicht belasten“, fügte er hinzu.

Keine Politik des Durchwinkens

In einer gemeinsamen Erklärung von Herrmann und de Maizière hieß es, eine „Politik des Durchwinkens“ könne nicht hingenommen werden. Die EU-Staaten müssten wissen, wer sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalte und wer sich nicht gesetzestreu verhalte. Erforderlich sei dafür unter anderem „die unverzügliche Einführung eines Europäischen Ein- und Ausreiseregisters“. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex solle zu einer „echten europäischen Küstenwache“ ausgebaut werden.

Auf die Frage, wie die Bundesregierung zu möglichen Grenzkontrollen Österreichs am Brenner stehe, sagte de Maizière: „Wir wollen alles unternehmen, dass es nicht zu einer Schließung des Brenner kommt“. Die Entscheidung darüber werde aber in erster Linie in Rom getroffen. Wenn Italien seine Verpflichtungen als EU-Außengrenzland erfülle und die Dublin-Verordnung umsetze, „dann stellt sich die Frage nicht“. In der gemeinsamen Erklärung der Innenminister hieß es weiter: „Es ist möglich, dass sich andere Migrations- und Schleusungsrouten entwickeln. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Italien-Route zu.“ Die bayerische Polizei werde künftig die gemeinsamen Kontrollen Österreichs, Deutschlands und Italiens verstärken. Am vergangenen Wochenende waren bei gewaltsamen Protesten gegen mögliche Grenzkontrollen am Brenner Dutzende Menschen verletzt worden.

Klage auf Eis gelegt

Das bayerische Kabinett legte nach der Einigung der Innenminister am Dienstag seine zuvor angedrohte Verfassungsklage wegen der Flüchtlingspolitik des Bundes auf Eis. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission an diesem Mittwoch eine Verlängerung von Grenzkontrollen über den 12. Mai hinaus empfiehlt. Deutschland und andere EU-Staaten hatten die Behörde gedrängt, die Kontrollen an Binnengrenzen über den Sommer vorsorglich zu verlängern.

Da die sogenannte Balkan-Route für Flüchtlinge und illegale Migranten kaum noch passierbar ist, wird in den kommenden Monaten mit einem verstärkten Andrang von Schlepperbooten aus Nordafrika gerechnet. Im vergangenen Monat stellten die Behörden die Ankunft von 15 941 neuen Asylsuchenden in Deutschland fest. Zum Vergleich: Im Januar waren über das sogenannte Easy-System 91 671 Neuankömmlinge registriert worden. Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass ein Asylbewerber seinen Antrag auf Schutz in dem ersten EU-Land stellt, das er betritt.