Erstsemester der Uni Hohenheim beim Forschungsschnuppern im Labor Foto: Uni Hohenheim / Dauphin

Der Übergang von der Schule zur Uni fällt vielen Erstsemestern schwer. Die Uni Hohenheim will den Studienstartern mit einer neu konzipierten Einführungswoche Ängste nehmen und sie auf die Anforderungen einstimmen. Auch kleine Forschungsaufträge gehören dazu.

Stuttgart - Der Übergang von der Schule zur Uni fällt vielen Erstsemestern schwer. Die Uni Hohenheim will den Studienstartern mit einer neu konzipierten Einführungswoche Ängste nehmen und sie auf die Anforderungen einstimmen. „Man kann nicht mehr voraussetzen, dass Uni vom Elternhaus her bekannt ist“, sagt Korinna Huber, Prorektorin Lehre. Und meint dabei auch selbstständiges Lernen sowie eine realistische Selbsteinschätzung – „die fehlt vielen“. Und: „Mathe ist für viele ein Problem.“

Bereits zwei Wochen vor dem offiziellen Vorlesungsbeginn am 14. Oktober gönnt die Uni Hohenheim ihren Erstis deshalb eine satte Ladung Mathe im Vorkurs: morgens Vorlesung, nachmittags Übungen in kleinen Gruppen, begleitet von Tutoren.

„Man muss für Mathe was tun – aber man kann mit Fleiß und Übung viel erreichen“, weiß Barbara Hellwig, die den Vorkurs leitet. „Oft wird in der Schule nicht ausreichend geübt.“ Deshalb werde erst mal der Schulstoff aus Mittel- und Kursstufe wieder aufgefrischt.

Bei den Erstsemestern kommt das Konzept gut an

Mika Wagner, frisch gebackener Agrarbiologie-Student, hat beim Vorkurs mitgemacht. Ihm hat das Konzept gut gefallen, auch wegen der Gruppendynamik: „Gemeinsam Probleme zu lösen, das schweißt zusammen“, sagt er. Der soziale Aspekt und das Kennenlernen kamen auch in der darauf folgenden Einführungswoche nicht zu kurz. Noch bevor Rektor Stephan Dabbert am 7. Oktober die Erstis offiziell begrüßte, hatten sich die ersten Hundert bereits am Vortag auf dem Wasen getroffen – Fabian Probost von der Fachschaft Wirtschaftswissenschaften hatte dies mitorganisiert, ebenso wie eine Einführung in den Unialltag mit all ihren Regelungen. Doch dann nutzten in der fakultätsübergreifenden Einführungswoche fast alle Erstsemester das breite Themenspektrum, das die drei Fakultäten den Neulingen erstmals zur Wahl stellten – inklusive Forschungsschnuppern.

„Es geht drum, ein Bewusstsein zu schaffen, was Uni bedeutet und wie Lernen dort funktioniert“, erklärt Huber. Stephanie Offeritza hat teilgenommen. Die Wirtschaftspädagogik-Studentin findet es gut, dass sie da gleich studiengangsübergreifend Leute kennengelernt habe. In dem Workshop über Zweiklassenmedizin sei es drum gegangen, Hypothesen über das Stadt-Land-Gefälle anzustellen, diese mit recherchierten Fakten zur Ärztedichte und Ortswünschen von Medizinstudenten sowie Statistikzahlen zu untermauern und die Ergebnisse zu präsentieren. Positiv findet die Studentin, dass sie in einer Vierergruppe mitarbeiten konnte.

Vater wollte „sein Kind zum Forschungsschnuppern abgeben“

Am Ende der Einführungswoche interessiert die Prorektorin die Rückmeldung der Neulinge – und ob es womöglich besser wäre, die Einführungswoche zeitlich auszudehnen. Denn: „Wir verlieren schon einige im ersten Semester – manche haben sich verschätzt“, so Huber. Das liege auch daran, dass Noten kaum noch aussagekräftig seien: „Selbst ein 1,5er-Schnitt heißt nicht, dass die Leute hier anfangen sollen“, sagt die Prorektorin. Oft fehle es an der Selbstständigkeit. Sie berichtet: „Ein Vater kam vorbei und hat gefragt, wo er sein Kind zum Forschungsschnuppern abgeben kann.“ Wohlgemerkt, das Kind ist als Student eingeschrieben. Ein anderer Vater habe sie gefragt, ob er an ihrer Vorlesung teilnehmen dürfe, um zu sehen, was das Kind so lerne. Thema der Vorlesung: Grundlagen der Physiologie des landwirtschaftlichen Nutztieres.

Doch zu dieser Gruppe von Erstsemestern gehören weder Stephanie Offeritza noch Mika Wagner. Offeritza ist 25, hat Automobilkauffrau gelernt, weiß, was sie will und hatte einen Mitazubi, der vor einem Jahr mit Wirtschaftswissenschaften angefangen habe: „Ich bin nicht komplett ins kalte Wasser gesprungen“, sagt sie. Auch Wagner ist bereits 21 und fand über das FSJ bei Menschen mit geistiger Behinderung zum Gärtnern und über den Freiwilligendienst auf Biobauernhöfen zur Landwirtschaft. Die Entscheidung für Hohenheim hätten der Studieninfotag und der „coole Campus“ gebracht: „Das hat sich organisch angefühlt“, sagt er. „Direkt nach dem Abi hätte ich eher Altgriechisch und Philosophie studiert.“

Fabian Probost ist erst 20, im fünften Semester und hatte selbst keine Einführungswoche, hätte sie aber gerne gehabt. Knapp eine Million Euro erhält die Uni dafür vom Land, als Projektmittel für drei Jahre. Huber hofft auf eine Fortsetzung.

Wie andere Hochschulen ihre Erstsemester begrüßen

Uni Stuttgart
: Dort werden die Erstis erst zum offiziellen Vorlesungsbeginn am Montag, 14. Oktober, in Vaihingen und der Stadtmitte begrüßt und in die Besonderheiten der Studiengänge eingeführt.

Hochschule der Medien
: Die „Kükennacht“ fand bereits am 10. Oktober statt. In der Einführungswoche geht es ins Mercedes-Benz-Museum, ins Porsche Museum, zum Fernsehturm und auf Kneipentour.

Hochschule für Technik
: Dort hatten die Erstis die Vorbereitungswoche bereits Ende September hinter sich, samt Projektaufgaben in Kleingruppen. Und jetzt wird schon richtig studiert.