Ein Kind ist mit ihrem Gepäck im Flughafen Frankfurt Main unterwegs. Wer schulpflichtige Kinder hat, ist für das Reisen an Ferienzeiten gebunden. Foto: dpa/Roberto Pfeil

Wer seine Ferien ohne Erlaubnis der Schule verlängert, riskiert ein Bußgeld. Möglich sind abhängig vom Bundesland vierstellige Beträge – pro Elternteil für jedes schulpflichtige Kind der Familie. Eine Übersicht.

Wer nicht rechtzeitig aus den Sommerferien zurückkommt, riskiert ein Bußgeld. Denn: Das unerlaubte Fernbleiben vom Unterricht ist eine Ordnungswidrigkeit.

Wie hoch ist das Bußgeld für Schulschwänzen?

  • In Niedersachsen riskieren Schulschwänzer ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro. Bei fahrlässigen Verstößen kann laut Kultusministerium in Hannover eine Buße von maximal 500 Euro festgesetzt werden.
  • In Nordrhein-Westfalen sind für das unerlaubte Fernbleiben vom Unterricht zwischen 300 und 1000 Euro Bußgeld möglich. Und das droht laut Bezirksregierung Düsseldorf jedem Elternteil für jedes einzelne schulpflichtige Kind der Familie.
  • In Bremen kann es laut Bildungsressort Bußgelder zwischen 35 und 250 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 28,50 Euro geben.
  • In Baden-Württemberg werden bis zu 1000 Euro fällig, genauso viel wie in Bayern.
  • In Berlin und Brandenburg müssen Eltern mitunter den Höchstsatz von 2500 Euro berappen.
  • Rheinland-Pfalz hat für fortgesetzte Verstöße gegen die Schulpflicht bis zu 1500 Euro angesetzt, wobei das Innenministerium des Landes klarstellt, dass der Maximalsatz „für Fälle besonders hartnäckiger Schulverweigerer“ genutzt wird. Es drohen den Kindern allerdings auch sogenannte schulische Ordnungsmaßnahmen, etwa ein schriftlicher Verweis bis hin zum Schulausschluss.
Die gesetzlich verankerte Schulpflicht ist ein hohes Gut. Diese Pflicht gelte genauso vor Beginn von Schulferien und im Anschluss daran. Foto: dpa/Roberto Pfeil

Schulpflicht und Vorbildfunktion

Schulen können es so genau mit diesen letzten und ersten Unterrichtstagen nehmen: Die gesetzlich verankerte Schulpflicht sei ein hohes Gut, erläutert eine Sprecherin des niedersächsischen Kultusministeriums. Diese Pflicht gelte genauso vor Beginn von Schulferien und im Anschluss daran. „Bei gezieltem, aber unbegründetem Fernbleiben vom Unterricht sollten sich Eltern auch über ihre Vorbildfunktion im Klaren sein.“

Nicht wenige machen es dennoch: In Deutschlands einwohnerstärkstem Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden 2023 von den Bezirksregierungen rund 2000 Verfahren im Zusammenhang mit Ferien eingeleitet, wie eine Umfrage bei den zuständigen Mittelbehörden ergab.

Hohe Dunkelziffer an Schulschwänzern

Die Zahlen dürften aber um einiges höher liegen: Nicht immer geht aus den Statistiken hervor, ob angeordnete Bußgelder wegen Schwänzerei Ferienverlängerungen betreffen. Und nicht enthalten sind Verfahren für Grund- und Hauptschulen sowie einen Großteil der Förderschulen. Sie werden von den Schulämtern der Kommunen geführt.

In Bremen, dem Bundesland mit den wenigsten Einwohnern, wurden nach bisherigen Erkenntnissen im letzten Schuljahr 2023/24 mehr als 150 Bußgeldbescheide wegen unerlaubter Ferienverlängerung erlassen. Im Schuljahr zuvor waren es 141 Bescheide.

Reisen sind kein wichtiger Grund für eine Beurlaubung

Beurlaubungen vom Unterricht sind allerdings generell möglich – durch einen Antrag und aus einem wichtigen Grund, wie es etwa aus Rheinland-Pfalz heißt. Die Schulleitungen entscheiden nach Ermessen, wann ein solcher wichtiger Grund vorliege, als Beispiel wird die Beerdigung eines Familienangehörigen genannt.

„Die Buchung einer Ferienreise, die vor den Ferien beginnt oder nach den Ferien endet, ist in der Regel jedoch kein ‚wichtiger Grund‘“, erläutert eine Sprecherin des Innenministeriums. Bei Krankmeldungen und Zweifeln an der Richtigkeit der Informationen durch die Eltern kann ein Attest – in Ausnahmen sogar von einem unabhängigen Amtsarzt – verlangt werden.

Für NRW heißt es in einem Erlass des Schulministeriums: „Unmittelbar vor und im Anschluss an die Ferien darf eine Schülerin oder ein Schüler nur beurlaubt werden, wenn die Beurlaubung ersichtlich nicht dem Zweck dient, die Schulferien zu verlängern, preisgünstigere Urlaubstarife zu nutzen oder möglichen Verkehrsspitzen zu entgehen.“

Ein Schild mit der Aufschrift „Herzlich Willkommen zum 1. Schultag“ hängt am ersten Schultag im Eingangsbereich einer Münchner Grundschule. Foto: dpa/Peter Kneffel

Breites Spektrum an verweigernden Haltungen

Das Spektrum an verweigernden Haltungen ist groß: Es reicht von Schulmüdigkeit und Unterrichtsboykott über das Blaumachen von Hohlstunden bis zur Schulabstinenz.

Schulverweigerung beginnt meistens ganz langsam und schleichend. Irgendwann verliert der Schüler die Kontrolle. Aus gelegentlichem Schwänzen wird notorisches Fernbleiben. Passive Schulverweigerung nennen Pädagogen dieses Verhalten: Zwar fehlen die Schüler nicht entschuldigt oder unentschuldigt wie beim aktiven Schwänzen, dafür aber haben sie sich in die innere Emigration verabschiedet. Von dort ist es oft nur ein kleiner Schritt bis zum aktiven Schwänzen.

Kontrollen, Bußgeld und Gespräche

Hinter jeder Verweigerung steckt ein Einzelschicksal, das eine individuelle Betreuung erfordert. Vom Rektor hängt es in erster Linie ab, wie entschlossen eine Schule gegen das Schwänzer-Unwesen vorgeht. So pochen viele Schulleiter auf eine strikte Anwesenheitskontrolle ihrer Schüler. Wenn jemand unentschuldigt fehlt, werden noch am selben Tag die Eltern angerufen. Das gilt auch für den Fall, dass mehrfach in kurzen Abständen Entschuldigungen vorgelegt werden. Doch es gibt auch Schulen, an denen es Lehrern egal ist, ob ein Schüler kommt oder nicht.

Ein Schulkind mit Schulrucksack steht angelehnt an einer Straßenlampe und ist mit einem elektronischen Spielgerät beschäftigt. Foto: dpa/Arno Burgi

Schulschwänzen – ein Massenphänomen?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden werden im Schuljahr 2023/2024 in Deutschlandrund 11,2 Millionen Schüler an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Schulen des Gesundheitswesens unterrichtet.

Nach Angaben eines Schulexperten fehlt in der Grundschule etwa ein Prozent der Kinder aus nicht krankheitsbedingten Gründen. Bis zur achten Klasse steigt die Quote derjenigen, die der Schule ohne rechtmäßigen Grund fernbleiben und bei denen sich der Schulabsentismus chronifiziert, auf etwa 4 Prozent.

Viele Gründe fürs Fernbleiben

Zwar gibt es in allen Bundesländern ähnlich lautende Verordnungen für den Umgang mit Blaumachern, entscheidend sind jedoch die Gegebenheiten vor Ort. Eine Hauptschule in Berlin-Neukölln mit hohem Migrantenanteil ist mit einem gutbürgerlichen Gymnasium in Freiburg nicht vergleichbar. Es gibt Unterschiede von Bundesland zu Bundesland, von Schule zu Schule.

Die Gründe für das Fernbleiben sind vielfältig: Prüfungsangst, Mobbing durch Mitschüler, Überforderung oder auch Unterforderung begabter Schüler, Angst vor Lehrern, desinteressierte Eltern oder zerrüttete Familienverhältnisse.

Abrutschen ins soziale und schulische Abseits droht

Schulverweigerung ist keine Lappalie: Sie kann zu massiven Entwicklungs- und Integrationsproblemen führen. Das reicht von Lücken im Unterrichtsstoff über schlechtere Noten bis zum Schulabbruch.

Seit Jahren ist die Zahl an Schulabbrechern konstant hoch: Sie liegt bei über 50 000 – rund sechs Prozent der Jugendlichen. Ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt sind gering. Dem Schulabbruch geht meistens das Schwänzen des Schulunterrichts voraus, oder, wie es Forscher nennen, Schulabsentismus – das Fernbleiben vom Unterricht ohne rechtmäßigen Grund.

Den Zeitpunkt, wann Schulabsentismus schulrechtlich anfängt, definieren die Schulgesetze bzw. Verordnungen oder die Praktiken in den Schulen. Die sind überall verschieden, es gibt keine einheitlichen Regelungen. Was als harmloses Schwänzen der einen oder anderen Schulstunde beginnt, entwickelt im ungünstigsten Fall eine Eigendynamik, der sich der Jugendliche kaum noch entziehen kann.

Studien haben ergeben, dass Schüler, die häufig und regelmäßig fehlen – und zudem Anzeichen einer psychischen Erkrankung zeigen –, besonders gefährdet sind, ins soziale und schulische Abseits abzurutschen. Sie haben ein höheres Risiko, als Erwachsener arbeitslos, drogenabhängig, kriminell oder krank zu werden (mit dpa-Agenturmaterial).