Benjamin Lavernhe und Virginie Efira in „Birnenkuchen mit Lavendel“ Foto: Neue Visionen

In leuchtenden Bildern, in denen auch Frühlingsstürme toben, erzählt Eric Besnard von einer gebrochenen Liebesgeschichte in der Provence zwischen eine jungen Wittwe und einem Mann mit Asperger-Syndrom.

Provence - Er fängt Sonnenflecken im Wasser mit der Hand. Er bemalt sein Klinikzimmer mit stilisierten Blüten. Er schenkt einer Frau so viele Blumensträuße, wie ihr Leben Jahre zählt. Er ist verliebt. Und er ist Autist.

In leuchtenden Bildern, in denen auch Frühlingsstürme toben, erzählt Eric Besnard von einer gebrochenen Liebesgeschichte in der Provence. Louise, viel zu jung Witwe geworden, ist alleine überfordert mit der Birnenplantage, sie kämpft gegen Banken und fühlt sich einsam. Den fremden Mann, den sie im Dunkeln mit dem Auto angefahren hat, möchte sie schnellstmöglich wieder loswerden. Doch sie fühlt sich verantwortlich.

Und Pierre folgt ihr wie ein streunender Hund. Erst in ihr Haus, dann in ihr Leben. Nach anfänglicher Abneigung finden Louises halbwüchsige Kinder den neuen Mitbewohner toll. Seine Reaktionen sind wie die von Kindern – er nervt, und er bezaubert.

Louise weiß nicht, was das Asperger-Syndrom ist

Virginie Efira wirkt als Louise mütterlich und nicht wirklich couragiert. Die Zuneigung des seltsamen Mannes lässt sie nicht kalt, aber seine ungewöhnlichen Methoden irritieren sie. Louise weiß nicht, was das Asperger-Syndrom ist, was Autismus. Also nimmt sie Pierre wie jeden anderen Mann.

Gleich am ersten Morgen hat dieser, der im Hauptraum des Anwesens schlafen durfte, das Chaos auf ihrem Schreibtisch geordnet. Was auf Louise wirkt wie eine Vorliebe für Stil und Ästhetik, aber auch wie ein Eingriff in ihre Privatheit, gehört zu Pierres Symptomen. Er braucht die Überkorrektheit, um vertrauen zu können. Und er hat nicht nur ein Talent für Primzahlen, er badet auch gern in exzessiver Länge.

Beide brauchen eine Entwurzelung, ehe eine gemeinsame Zukunft möglich scheint.

Mimik und Körpersprache von Benjamin Lavernhe als Pierre lassen die Zuschauer in ihrer Sympathie schwanken zwischen Mitleid, Amüsement und der Hoffnung, dass beide zueinanderfinden. Doch je länger Pierre an Louises Leben teilnimmt, je mehr Marktbesucher, denen sie Birnenkuchen verkauft, ihn als Partner wahrnehmen, umso mehr hellt sich sein Gesicht auf. Seine Bewegungen werden fließender, seine Ungeschicklichkeit wirkt komischer. Die herzliche Louise öffnet sein verqueres Gemüt, die gegenseitige Zuwendung ist von ungewollter Unschuld – Menschen mit Asperger-Syndrom sind körperlich schlecht erreichbar.

Zur Schlüsselfigur wird der Buchhändler Jules (Hervé Pierre). Dessen Laden war Pierres Zuhause, eine Welt der Sprache, der Poesie, des Wissens. Dass er diese dingliche Vertrautheit einem Menschen zuliebe aufgibt, rührt sehr. Und auch Louise muss eine Entwurzelung durchlaufen, ehe eine gemeinsame Zukunft möglich scheint.