Nur am Wetter kann’s nicht liegen: In den Lauben sitzen immer häufiger Jüngere . Foto: Leif Piechowski

Das 37. Stuttgarter Weindorf geht am Sonntag zu Ende. Es ist also bald wieder Platz in der Innenstadt: Da der Wettergott mit dem Gott des Weins offenbar eine Allianz geschmiedet hat, gleicht des Vierteles-Fest in diesem Jahr nämlich eher einer großen Drucketse.

Stuttgart - Das Wetter lockt geschätzte eine Million Besucher zur Laubensause.

Die Million

Eine Million Besucher gilt als die Marke, die ein Weindorf zum Erfolg macht. „Wir gehen davon aus, dass wir das bis Sonntag erreichen“, sagt Werner Koch, Vorsitzender des Veranstalter Pro Stuttgart Verkehrsverein. Bisher wurde die Zahl der Weindorf-Besucher immer irgendwie geschätzt, ohne wirklich Grundlage. Dieses Jahr habe man, weil von der Stadtverwaltung verlangt, Zählungen vorgenommen, so Koch. Die Ergebnisse ließen sich auf besagte Million hochrechnen. Abends gab es jedenfalls dank des Wetters kaum ein Durchkommen.

Die Sicherheit

Weintrinker gelten als gesellige Menschen – auf keinen Fall auf Krawall gebürstet. Seit es das Weindorf gibt, werden die Macher nicht müde, diesen Umstand zu betonen. Die Polizei bestätigt die Einschätzung auch für die 37. Auflage. „Alkoholbedingt ist die Veranstaltung unproblematisch“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Straftaten wie schwere Körperverletzungen – beim Cannstatter Volksfest eher üblich – gebe es beim Weindorf nicht. Soll heißen: Entzündet sich unter Besuchern ein Disput, wird der nicht mit berstenden Gläsern ausgetragen. Das sei auch Verdienst des Sicherheitsdienst, der zwischen Markt- und Schillerplatz patrouilliere, sagt Pro-Stuttgart-Geschäftsführer Axel Grau. Wo sich viele Menschen aufhalten, lockt das freilich Taschendiebe an. Das Weindorf bildet da keine Ausnahme, so Lauer.

Die Trends

Das Weindorf durchläuft seit Längerem eine Art Verjüngungskur. „Das Weindorf ist, wie böse Zungen immer noch behauptet, schon lange keine reine Rentnerveranstaltung mehr“, so Werner Koch. Gleichwohl verstehe man sich als Fest für alle Altersgruppen. Am Donnerstagabend, dem Tag mit dem mutmaßlich stärksten Besucherandrang, lag der Altersdurchschnitt gefühlt bei höchsten 35 Jahren. Das spiegelt sich auch in den Angeboten wieder: Auf Partygetränke wie Aperol Spritz oder Hugo zu verzichten, kann sich keiner der Wirt 28 Wirte mehr leisten. Im übrigen geht der Trend beim Wein wie bei den Speisen weiter zu Hochwertigem – was seinen Preis hat. Hinschauen lohnt: Hie und da finden sich mit dem Label Qualitätswein angebotene Tropfen, die passionierte Weintrinker als Beleidigung empfinden würden. Beliebt waren beim Weindorf 2013 kühle Weißweine, vor allem Weiß- und Grauburgunder, zudem bei den Roten das Lieblingsgetränk des Schlotzers, der Trollinger, allerdings gut gekühlt. Auch beim Ambiente tut sich etwas. Die Wirte verzichten bei Laubenschmuck zunehmend auf Folklorekitsch.

Die Zukunft

Pro-Stuttgart-Geschäftsführer Grau sieht den Prozess, das Weindorf für ein junges Publikum attraktiv zu gestalten, noch nicht beendet. Blues-Rock bei der feierlichen Eröffnung vorige Woche ist dabei nur äußeres Zeichen. Doch es gibt noch Nachholbedarf: So will Pro Stuttgart 2014 eine Weindorf-App anbieten, die nicht nur auf dem iPhone läuft. Die Eröffnung soll künftig wieder öffentlich sein. „Ich werde das dem Vereinsbeirat vorschlagen“, so Koch. Heuer mussten Nichthonoratioren erneut draußen bleiben, nachdem in den Jahren 2010 und 2011 Stuttgart-21-Gegner die Veranstaltung im Alten Schloss massiv gestört hatten.

Der Weindorf-Treff

SWR 4 und Stuttgarter Nachrichten plauderten wieder mit Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Show und Sport. Unter anderen kamen VfB-Sportdirektor Fredi Bobic, Landtagspräsident Guido Wolf, Schauspielerin Ursula Cantieni und Jazz-Star Wolfgang Dauner zum Weindorf-Treff. Der Talk kam bei den Besuchern an. Veranstalter, Sender und unsere Zeitung sind im Gespräch über eine Fortsetzung 2014.

Das Weindorf hat noch am heutigen Sonntag geöffnet. Los geht es um 11 Uhr, Schluss ist um 23 Uhr. Der Abbau der Lauben erfolgt bis Dienstagabend. Am Sonntag heißt es: zwei Viertele trinken, eins bezahlen. Gegen Vorlage eines gültigen VVS-Fahrscheins und eines Gutscheins aus dem Weindorf-Flyer erhalten Besucher an der Info-Laube den entsprechenden Wertcoupon.