Innenminister Reinhold Gall – hier bei der Präsentation einer neuen Software zur Früherkennung von Einbrüchen – sieht die Brisanz des Themas, hat aber nur begrenzte Mittel. Foto: dpa

Auch im vermeintlich so sicheren Baden-Württemberg nehmen Wohnungseinbrüche überhand, der Anstieg beträgt mehr als 70 Prozent innerhalb von drei Jahren. Gegen die Taten hilft nur eine konzertierte Aktion von Polizei, Bürgern und Politik.

Stuttgart - My home is my castle. So abgedroschen diese alte englische Redensart auch klingt, so treffend beschreibt sie doch das Bedürfnis der Menschen, in den eigenen vier Wänden Schutz vor den Zumutungen der Welt zu suchen. Das gilt erst recht, wenn draußen Gewalt und Terror toben. Die Wohnung ist die Burg, der Kokon, der geschützte Raum – nicht von ungefähr garantiert das Grundgesetz diese Privatsphäre. Umso tiefer verletzt es das Sicherheitsgefühl eines jeden, sollte es doch jemand wagen, diese Grenze zu überschreiten. Nicht weniger als 152 000 Mal ist das im vergangenen Jahr geschehen – so hoch war die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland.

Auch im vermeintlich so sicheren Baden-Württemberg nimmt dieses Verbrechen überhand, der Anstieg beträgt mehr als 70 Prozent innerhalb von drei Jahren. Zwar zeichnet sich im ersten Halbjahr 2015 eine gewisse Trendwende ab, doch ob diese positive Nachricht Bestand hat, ist fraglich: Denn kaum werden die Tage kürzer, schlagen die Einbrecher wieder zu, im Dunkeln lässt sich bekanntlich gut munkeln. Außerdem war die vermeintliche Sommerruhe ein Stück weit dem Flüchtlingsthema geschuldet, das die öffentliche Debatte überlagert hat. Doch nun drängt das Thema wieder an die Oberfläche, und die Politik muss Antworten geben – zumal im aufkeimenden Landtagswahlkampf.

Man kann dem Innenminister nicht vorwerfen, dass er die Zügel schleifen ließe: Er weiß um die politische Brisanz des Problems und versucht gegenzusteuern. So hat er eine Kooperation mit Bayern eingefädelt, um mit gemeinsamen Fahndungen mehr Druck auf international agierende Banden auszuüben. Er lässt die Polizei auch eine neue Software testen, um bestimmte Muster von Einbrüchen zu erkennen: Einsatzkräfte lassen sich so effektiver an einem Ort konzentrieren. Auch in den Polizeipräsidien ist das Thema Einbrüche hochpräsent – und doch sollen die Beamten gerade überall sein, von Flüchtlingsheimen bis Fußballstadien. Die Statistik der Fälle liest sich jedenfalls so entmutigend wie jene der Aufklärung. Das ist unbefriedigend, auch wenn andere Länder noch schlimmer dran sind als der Südwesten.

Der Bürger muss mithelfen

Allein mit polizeilichen Mitteln lässt sich das Problem aber nicht lösen, denn eine Präsenz rund um die Uhr kann der Staat nicht leisten. Die Bürger müssen vielmehr selbst in ihre Sicherheit investieren. Das kosten zunächst nicht mal mehr Geld, denn es ist ganz umsonst, darauf zu achten, wer sich so im Treppenhaus herumtreibt oder wer sich beim Nachbarn an der Tür zu schaffen macht. Auch ganz einfache Handgriffe erhöhen die Sicherheit, denn jeder Einbrecher weiß: Ein gekipptes Fenster ist ein offenes Fenster. Wer dann noch vereinbart, dass bei Abwesenheit der Briefkasten geleert wird, der hat schon eine dicke Mauer um sein heimisches Castle gebaut. Das behaupten übrigens nicht Politiker, sondern Sicherheitsfachleute.

Doch erst mit einbruchhemmenden Fenstern, Türen und anderer Technik setzt man den Tätern jenen Widerstand entgegen, der sie ihr Vorhaben aufgeben lässt: Klappt es nach fünf Minuten noch nicht, suchen viele das Weite. Die Kriminalstatistik verzeichnet dann zwar einen weiteren Fall, die Folgen für die Opfer sind jedoch überschaubar. Es ist deshalb richtig, dass die Bundesregierung solche Investitionen finanziell fördert: Seit diesem Donnerstag kann das Geld bei der KfW-Bank abgerufen werden. Das Problem der Wohnungseinbrüche bedarf also einer konzertierten Aktion – die Landesregierung entbindet dies allerdings nicht von ihrer Verantwortung.