Die Zahl der Übernachtungen im Landkreis Ludwigsburg sank coronabedingt in der ersten Jahreshälfte um 46 Prozent. Hoteliers in der Tourismusregion Marbach/Bottwartal beobachten starken Rückgang der Businessreisenden.
Marbach/Bottwartal - So hatte sich Timo Lutz seine ersten Monate als neuer Inhaber des Hotels Ochsen in Oberstenfeld nicht vorgestellt. „Ich habe das Haus am 1. März übernommen – am 18. März musste ich das Personal nach Hause schicken.“ Die Corona-Pandemie mit dem zwischenzeitlichen Lockdown bezeichnet Lutz als „Mega-Katastrophe“. Ähnlich wie viele Kollegen durchschritt er in den vergangenen Monaten ein Tal der Tränen.
Wie stark die Branche betroffen ist, zeigen die Daten des Statistischen Landesamtes, die am Montag von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) veröffentlicht wurden. Die Zahl der Übernachtungen im Landkreis Ludwigsburg ging laut NGG in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 46 Prozent zurück auf 276 000. Die NGG appelliert an die Betreiber der Hotels, weiter vom Kurzarbeitergeld Gebrauch zu machen und in die Weiterbildung zu investieren. Rund 7000 Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewerbe bangten angesichts steigender Infektionszahlen in Herbst und Winter um ihre Arbeitsplätze.
Wie schmerzlich die plötzliche Flaute im Frühjahr den Oberstenfelder Ochsen traf, sieht man an den Zahlen, mit denen sich Timo Lutz konfrontiert sah: „Hatten wir im Jahr vorher im April rund 500 Gäste, so waren es nur noch elf.“ Hohe Rückgänge habe er ebenfalls in den Monaten Mai, Juni und Juli zu verkraften gehabt.
Timo Lutz glaubt, dass er sich langfristig darauf einstellen muss, Umsatzeinbußen von etwa 30 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren hinzunehmen. „Wir hatten bisher überwiegend Gäste aus dem Business-Bereich – aber gerade viele Übernachtungen von Geschäftsreisenden bleiben aus, weil die Unternehmen verstärkt auf Homeoffice umgestellt und für Mitarbeiter im Außendienst Reiseverbote erteilt haben.“ Dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren noch einmal umkehrt, glaubt Timo Lutz nicht: „Corona war nur ein Brandbeschleuniger – die Digitalisierung schreitet schneller voran.“
Weil er als Hotelier weniger Auslastung hat, müsse er auch selbst Vorgänge optimieren, denkt Timo Lutz. „Wir hatten bisher immer zwei 450-Euro-Kräfte, die morgens beim Frühstück nach dem Rechten schauten und den Gästen den Kaffee an den Platz brachten.“ Das übernehme er derzeit selbst. „Es gibt nicht viel Stellschrauben, etwas zu optimieren.“ In anderen Häusern müssten sich Gäste das Heißgetränk vom Automaten holen. Wieder andere Hotels überlegten, ob sie sich Rezeptionisten sparen und nur noch ein digitales Check-in betreiben sollen. Solche Schritte strebt Timo Lutz nicht an, er wolle Arbeitsplätze sichern. Froh sei er gewesen, die 9000 Euro Soforthilfe zu bekommen. „Es hat gereicht, die Fixkosten mitbestreiten zu können – es war nicht viel Geld, aber es hat geholfen.“ Auch das Kurzarbeitergeld trug dazu bei, dass sieben Beschäftigte erhalten blieben.
Hoffnung macht Timo Lutz, dass sich der Tourismus in der Region weiterentwickelt hat. „Wir leben hier in einer wunderschönen Landschaft mit vielen Möglichkeiten: Es gibt Weinwanderungen, Burgbesichtigungen, Radtouren und das schöne Mineralfreibad.“ Er glaube, dass sich der Anteil der Urlaubsgäste in Zukunft erhöhen werde. „Natürlich verbringt hier niemand einen 14-tägigen Urlaub, aber ein verlängertes Wochenende oder Hochzeiten auf den Burgen und runde Geburtstage bieten Möglichkeiten.“
Betroffen von der Corona-Pandemie war auch der Schillerhof in Marbach. „Wir hatten zweieinhalb Monate komplett geschlossen – der Rückgang um fast 50 Prozent ist also realistisch“, sagt Ernst Morlock, Inhaber des Hotels in der Marktstraße. Anders als Häuser mit vielen Geschäftskunden konnte der Schillerhof nach dem Lockdown bei Fahrradfahrern punkten. „Wir haben zu 80 bis 85 Prozent Gäste, die nur ein oder zwei Nächte bleiben“, berichtet Morlock. Dabei habe man Glück gehabt, dass die Wetterlage im Sommer so stabil gewesen sei, dass Radler unentwegt unterwegs sein konnten.
Die Lage seit Ende des Lockdowns sei stabiler geworden, bestätigt Asu Senuysal, Mitarbeiterin des Hotel Langhans in Beilstein. Allerdings beobachte sie in den beiden vergangenen Wochen eine zunehmende Angst vor einer zweiten Coronawelle. Dies habe auch schon zu Stornierungen geführt. Sie persönlich hoffe, dass es nicht zu neuen Lockdowns komme.