Wilfried Gentner (Bildmitte) versammelt Jung und Alt im Spielmanns- und Fanfarenzug: Wilfried Storz (links) ist seit 1960 dabei, Eugen Mayer gehört zu den Gründungsmitgliedern und Milla Neuhöfer und Lara Scheck stehen für die Jungen. Foto: factum/

Einer der Höhepunkte im Vereinsleben des Spielmanns- und Fanfarenzugs ist das Göckelesfest. Damit wird ein gutes Stück der Jugendarbeit finanziert. Doch das ist bei weitem nicht alles für die Musiker. Menschen aus China spielen auch eine Rolle.

Hemmingen - Frischer Wind und Tradition“ – so lautet das Motto des Hemminger Vereins, der eigentlich ein Musikverein ist – aber nach wie vor „Spielmanns- und Fanfarenzug“ heißt. Das Motto könnte genausogut lauten „Daheim und in der Welt“. Das ergibt sich aus den vielen Aktivitäten des Vorstands um den Vorsitzenden Wilfried Gentner und der mehr als 100 Aktiven. Denn das Göckelesfest, seit rund 25 Jahren einer der Festles-Ankerpunkte in Hemmingen und jetzt am Wochenende wieder der Treffpunkt des halben Orts, ist nur eine der Großveranstaltungen des Vereins im Jahr. Im nächsten Monat folgen zwei weitere: Das Konzert im Schlosspark und das internationale Wochenende mit Gästen aus China.

Warten auf die Göckele

Gentner kommt aus dem Erzählen nicht mehr heraus. Und er wird ständig angesprochen, obwohl am frühen Samstagnachmittag das Fest noch gar nicht begonnen hat. Die Leute können es nicht erwarten, dass die Verpflegungsstände öffnen. Am Abend zuvor sei das Zelt schon gut gefüllt gewesen, berichten die Männer, die den Göckelesgrill betreuen. Dieses Fest und sein Hauptprodukt sind zu einer Marke geworden. Früher war man mitten im Ort, auf dem Adler-Parkplatz an der Hauptstraße. „Das Zelt war ein langer Schlauch, die Bühne zu klein, da konnten wir keinen richtigen Musikverein aus der Nachbarschaft einladen“, berichtet Gentner. Dann habe man alle fünf Jahre das große Zelt auf dem Bahnhofsplatz aufgebaut. Die 1200 Plätze wurden angenommen. „Jetzt sind wir seit drei Jahren hier.“ Und die Leute kommen in Scharen.

Ein solches Fest fordert den ganzen Verein – und ein Vermögen, wie oft gemunkelt, wird damit nicht verdient. Was also sind die Motive für Dutzende, alles reinzuhängen, damit das Fest ein Erfolg wird? Zum einen sei es die Präsentation nach außen, meint Gentner. Aber auch die Wirkung nach innen sei wichtig. „Beim Zeltaufbau hauen Jung und Alt zusammen die Nägel rein und am Abend tun jedem die Knochen weh.“ Interner Zusammenhalt sei ebenso wichtig wie das Kennenlernen. Denn die Jugendlichen spielen in einem eigenen Orchester – und sie treffen nicht oft mit dem Hauptorchester zusammen. Zum Schluss sei eine Geldsumme übrig, mit der man drei Trompeten kaufen könne – was schon geschah.

Unterricht für Kinder und Jugendliche

Denn ein Musikverein kostet Geld. Insbesondere, wenn er eine so intensive Jugendarbeit betreibt wie der Hemminger. Schon Kindern wird Musikunterricht angeboten, dafür pflegt der Verein die Zusammenarbeit. „Das Stufenorchester an der Glemstalschule haben wir mitbegründet“, erzählt Gentner, dazu gibt es die Bläserklasse an der Schule in Hemmingen. Und die Zusammenarbeit mit der Musikschule in Schwieberdingen funktioniere. Deren Chef ist der Dirigent des Hauptorchesters, weitere Lehrer, auch aus Ditzingen, unterrichten die Jugendlichen.

Im Hauptorchester, so erzählt der Vorsitzende begeistert, seien von den 45 Musikern mehr als die Hälfte Frauen. Der Durchschnitt sei jung, der älteste Mitspieler Wolfgang Burgkhart 72 Jahre alt. Was Gentner ein bisschen Sorgen bereitet ist „das Loch im mittleren Alter“. Im Verein gibt es aber noch Altgediente: Eugen Mayer, das Ehrenmitglied, kommt auf 83 Jahre. Alle Orchester spielen beim Göckelesfest mit großer Begeisterung, das Repertoire umfasst alle Stilrichtungen vom Marsch bis zum Bigbandtitel. Warum der Verein das Fest veranstaltet? „Wir wollen den Leuten in Hemmingen Kultur bieten, einen Treffpunkt und Geselligkeit.“

Im Juli kommen die Chinesen

Der 60-jährige Vorstand freut sich auf die nächsten Veranstaltungen: das Konzert im Schlosspark – und das Zusammentreffen mit Musikern aus China vom 20. bis 22. Juli. Drei Orchester und zwei Chöre treffen sich in Hemmingen, zusammen treten sie in der Stuttgarter Liederhalle auf. Zuvor absolvieren die Ensembles aus Shanghai, Wuhan und Hynang Besuche in Amsterdam, Prag und Rom. „Und dann Hemmingen“, sagt Gentner, „das ist Wahnsinn.“ Seit 2013 bestehen die Kontakte nach China, da wurden die Hemminger in das „Team der Freunde“ der Universität Peking aufgenommen.

2016 war der Spielmannszug Teil der Benediktparade im Petersdom in Rom. „Das war mehr als Gänsehaut.“ Gentner trug den Verein in das Goldene Buch der päpstlichen Residenz ein. „Beim Blättern stieß ich auf Barack Obama und den Dalai Lama. Und dann Wilfried Gentner und unser Ehrendirigent Otto Hohneck aus Hemmingen.“ Da fehlen ihm die Worte.