Rund um den Stuttgarter Max-Eyth-See gibt es seit Jahren Ärger. Dabei muss man eigentlich nur zur richtigen Zeit hingehen – und über einige Details hinwegsehen. Warum bleibt das Potenzial des Sees trotzdem oft verborgen?
Es könnte das perfekte Panorama sein. Die Sonne steht bei strahlend blauem Himmel hoch über dem Max-Eyth-See im Stuttgarter Norden. Im Hintergrund tun sich die Weinberge auf. Um ein unschlagbares Postkartenmotiv abzurunden, müssten sie sich nur noch im kristallklaren Wasser spiegeln. Nur ist da kaum kristallklares Wasser, es ist nahezu überhaupt keine Wasseroberfläche zu sehen. Sondern haufenweise Wasserpflanzen. Und das ist nur eins der vielen Ärgernisse, mit denen der See in jüngster Zeit zu kämpfen hat.
Immer wieder sind Gewässer und Naherholungsgebiet Thema in der Bürgersprechstunde des Stadtbezirks Mühlhausen. Falschparker, Vermüllung, Lärm und dazu eben dieser stetig mehr werdende Wasserbewuchs. Möglichkeiten, sich zu ärgern, gibt es genug. An diesem Samstag ist davon nur wenig zu spüren. Es ist das vermutlich letzte große Aufbäumen des Sommers – wenn es sich noch mal gelohnt haben soll, in diesem Jahr am Max-Eyth-See zu entspannen, dann heute. Und es ist ein Tag, der zeigt, wie viel Potenzial hier schlummert und zu oft verborgen bleibt.
Scharenweise sind die Leute dem Ruf des guten Wetters gefolgt, sie haben sich angesichts der unbändigen Hitze im Schatten der Bäume auf der Südseite niedergelassen. Am frühen Nachmittag sind es vor allem Familien, später kommen auch Freundesgruppen hinzu. Sie sitzen in teilweise großen Runden auf Picknickdecken zusammen, manche tafeln auch an langen Campingtischen. Und vor allem: Sie grillen. Fast überall brutzelt es, es riecht nach Fleisch, Wurst und Grillgemüse. Mittlerweile gibt es Regeln, einen festen Bereich, in dem Grillen erlaubt ist, dazu vorgegebene Zeiten. „Früher war das anders, da kamen aus allen Ecken Rauchschwaden“, erinnert sich ein Anwohner.
Es ist viel los, aber es herrscht kein Chaos
Mehrere Familien erzählen, dass sie öfter hier zusammenkommen, weil sie zuhause keinen eigenen Garten haben. Einer von ihnen ist Rasid Selmani, der mit seiner Familie übers Wochenende aus dem schweizerischen Winterthur zur Verwandtschaft nach Stuttgart gereist ist. „Das letzte Mal waren wir vor zwei Monaten hier. Da war es viel voller, man hat keinen Platz mehr im Schatten gefunden“, erzählt er, es sei damals auch ziemlich laut gewesen. „Aber heute ist es sehr angenehm, sehr idyllisch.“
Vielfach lösten Lärm und Menschenmassen Ärger bei den Anwohnern aus, weil sie einhergingen mit Müll und chaotischen Parkzuständen. Auch davon ist heute nichts zu sehen. Ja, die Mühlhäuser Straße ist vollgeparkt, der kostenlose Parkplatz auch. Aber Chaos herrscht keins.
Noch ruhiger geht es am Nordufer des Sees zu. Vielleicht ist es die Ferienzeit, vielleicht ist es manchen auch einfach zu heiß, um rauszugehen. „Es ist schon überraschend, das war auch schon anders“, sagt Monika, die gemeinsam mit ihrer Tochter Katharina und Enkelin unterwegs ist. Ihren Nachnamen möchten sie nicht nennen. „Aber auf dieser Seite ist es eigentlich immer recht ruhig.“ Sie arbeite bei der Abfallwirtschaft Stuttgart, nach einem Wochenende gebe es recht viel Müll – der ließe sich jedoch immer leicht entfernen, am Montag sei nichts mehr zu sehen. Eines fällt ihr dann doch auf: „Normalerweise sieht man mehr Boote.“
Tatsächlich schippert kaum ein Tretboot über den See, dementsprechend ist am Verleih auf der Halbinsel nichts los. Auch die beiden Segelclubs sind wie ausgestorben – kein Wunder, denn Segeln kann hier niemand. „Ab Mai ging hier nichts mehr“, erzählt Martin Nash, der sein Boot für einen anstehenden Wettkampf andernorts bereit macht. „Bei den ganzen Pflanzen hat man keine Chance.“
Großes Ärgernis bleibt der Wildwuchs
Der Wildwuchs ist der größte Streitpunkt des Sommers. Anfang des Monats hatte die Stadt mal mähen lassen, gebracht hat das zum Ärger der Beteiligten nicht viel – die Jugendsegelsportwoche des Stuttgarter Segelclubs etwa konnte vergangene Woche nicht stattfinden. Zu niedrig der Pegelstand, zu dicht der Bewuchs. Das ist der Schönheitsfehler, der unübersehbare Makel in dieser eigentlich so herrlichen Spätsommeratmosphäre am Max-Eyth-See.
Die Laune lässt sich davon freilich niemand verderben – Baden darf man ja ohnehin nicht. Und auch der Segelclub scheint die Hoffnung auf Besserung nicht aufgegeben zu haben. Zumindest hängt der Termin fürs Absegeln Ende Oktober noch im Schaukasten vor dem Vereinsheim.