Der Anzug von Jörg Mühlemeier (rechts) lässt sich reinigen und wiederverwenden. Foto:  

Ingenieur Jörg Mühlemeier ist Tüftler und schafft sich einen Schutzanzug aus dem Bau- und Gartenmarkt.

Erdmannhausen - Jörg Mühlemeier ist Tüftler und Erfinder aus Leidenschaft mit eigenen Patenten. Ein Arbeitsleben lang entwickelte er Lösungen für seine Kunden in der Chemie- und Pharmaindustrie. Die riefen ihn als technischen Berater immer dann, wenn verschmutzte Luft gefiltert werden musste und der Schutz von Firmenmitarbeitern vor giftigen Substanzen wichtig war. Doch keine seiner Töchter wollte in seine Fußstapfen treten. Und so schloss er dann ein letztes Mal die Türen seines Unternehmens in Marbach von außen zu. Das war vor zwei Jahren. Doch Mühlemeiers Gehirn hat 40 Jahre lang Lösungen für Probleme entwickelt. Das lässt sich nicht einfach über Nacht abschalten. Wie viele andere Menschen beschäftigt ihn das „Corona-Problem und vor allem die Frage, wie sich Menschen wirksam davor schützen können“, so Mühlemeier. Und da ist der Ingenieur für Lufttechnik und Aerodynamik ganz in seinem Metier.

Denn er „fand es etwas fragwürdig, wie geschützt wird“ und meint das keinesfalls besserwissend oder mit erhobenem Zeigefinger. Vielmehr beschäftige ihn, „was wir selber tun können – und das mit knappen Ressourcen“. Eine solche Situation würde seiner Meinung nach dann eintreten, wenn auch weiterhin nicht genügend Schutzmasken und -anzüge vorhanden wären. Seine Ideen sind dabei so einfach wie für jeden Bastler nachvollziehbar. Als Ingenieur gruppiert er die Anforderungen in drei Kategorien: in Selbstschutz, den Schutz anderer Menschen und schließlich eine Lösung, wie infizierte Angehörige weiterhin versorgt werden könnten.

Das umfasst natürlich nicht die dann notwendige medizinische Behandlung. Doch liegt ein Krankheitsfall in der Familie vor, müsste ja weiterhin ernährt, versorgt und im Zweifel derjenige dann auch gepflegt werden können, ohne sich dabei direkt auch selbst anzustecken. Wie das geht, führt Mühlemeier in seinem Garten vor. Mit einfachen Komponenten aus dem Bau- oder Gartenmarkt baut er schnell einen seiner Meinung nach mindestens gleichwertigen Ersatz für die momentan schwer verfügbaren Atemschutzmasken. Dazu braucht es in einer einfachen Variante einen Integralhelm und einen Regenschutzanzug, wie ihn beispielsweise Motorradfahrer kennen.

Für die schon professionellere Variante greift der Erfinder dann auf eine Atemschutzmaske aus dem Gartenmarkt zurück. Die nächste, entscheidende Komponente sei ein genormter HEPA H14-Filter mit akkubetriebenem Lüftermotor. HEPA ist eine Norm und könne kurz und einfach mit „hocheffizient gegen Teilchen in der Luft“ übersetzt werden. Bei der Norm H14 werden mit 99,99 Prozent Schadstoffe praktisch vollständig vom Filter absorbiert. Und fertig ist eine Schutzausrüstung, die Viren deutlich besser filtert, als das nach Meinung von Mühlmeier bei den derzeit handelsüblichen Atemschutzmasken der Fall ist. Obendrein könne die Ausrüstung auch mit Seifenlauge gereinigt und damit nahezu unbeschränkt wieder verwendet werden.

Wie viel geistiges Potenzial hier bei Erfindern wie Jörg Mühlemeier und vielen anderen kreativen Köpfen derzeit brach liegt, scheint zwischenzeitlich auch an den offiziellen Stellen angekommen zu sein. So hat sich etwa der Chef des Kanzleramts Helge Braun persönlich für die digitale Ideensammlung in Form eines „Hackathons“ mit eingesetzt. Das umfasst zwar im ersten Schritt zunächst mal nur digitale Problemlösungen, doch die könnten wieder andere zu weiteren Schritten und Tests inspirieren.

Dann wäre nicht nur für Mühlemeiers Ideen, sondern auch für viele andere kreative Köpfe eine wirksame Anlaufstelle geschaffen worden.