Verschlungene Wege, romantische Ecken, hübsche Beete: Mitten im Stuttgarter Westen findet sich dieses verwunschene Paradies. Foto: (cf)/Privat

Einen wildromantischen Terrassengarten hat sich Stefan Molsner in einem Hinterhof im Stuttgarter Westen gestaltet – was sehr viel Schweiß gekostet haben muss. Rund 40 Tonnen Steine hat er dafür durch sein Wohnzimmer getragen.

Stuttgart - Städtischer als Stefan Molsner kann man im Westen kaum leben. Seine Erdgeschosswohnung liegt in einem vierstöckigen Mietshaus, es reiht sich nahtlos an andere Mehrfamilienhäuser. Vorne fährt Auto um Auto die Zeppelinstraße hinauf in Richtung Kräherwald. Hinten hinaus schaut man auf die langen Wohnblocks, die die Hölderlinstraße säumen, eine der Hauptverkehrsadern des Stadtteils. Was kaum zu glauben ist: Zwischen all den Häusern und Straßen hat Stefan Molsner in den vergangenen zehn Jahren auf 400 Quadratmetern Hinterhofeinen wildromantischen, durch Mauern und Wege strukturierten Hanggarten angelegt – fast vollständig in Eigenregie. Und unter erschwerten Bedingungen: „Alles, was ich im Garten brauche, muss ich durch den Hausflur und die ganze Wohnung schleppen“, sagt der 54-jährige Sozialarbeiter. Zwar wäre ein Zugang vom Hof des gegenüberliegenden Hauses aus möglich, etwa durch ein Törchen im Zaun. „Das möchte der Nachbar aber nicht.“ So hat sich Stefan Molsner halt mit den Gegebenheiten arrangiert. Und einfach zielstrebig trotzdem gemacht, was er sich vorgenommen hatte: seinen grünen Daumen zu aktivieren und aus der Brache im Hinterhof ein blühendes Schmuckstück zu gestalten. Auch die offizielle Anerkennung bleibt nicht aus: Vom Verschönerungsverein Stuttgart hat Stefan Molsner im diesjährigen Wettbewerb „Stadtverschönerung“ einen ersten Preis in der Kategorie „Blühende Balkone und Hausgärten“ verliehen bekommen.   

Eigeninitiative und Rat vom Fachmann bei der Gestaltung

Seit seinem ersten Lebensjahr lebt Stefan Molsner an der Zeppelinstraße. Die große, nach unten hin stark abschüssige Fläche hinter dem Haus kennt er wie seine Westentasche: „In Kindertagen habe ich hier mit Freunden gespielt, gezeltet und auch mal ein Lagerfeuer gemacht.“ Dann wuchs über die Jahrzehnte alles zu. Stefan Molsner ist im Westen gut vernetzt: Seit vielen Jahrzehnten spielt er Tischtennis und ist schon lange Vereinsvorsitzender des DJK Sportbund Stuttgart, mit 300 aktiven Spielern und 500 Mitgliedern der wohl größte Tischtennis-Verein in Deutschland. Unter den Sportsfreunden fand sich schnell ein professioneller Ansprechpartner zum Thema Gartengestaltung. „Der Hartmut Bremer hat einen eigenen Betrieb. Er ist mit mir zusammen übers Grundstück gegangen. Zusammen haben wir Ideen entwickelt, wie ich das Gelände am besten gestalte“, berichtet Stefan Molsner über die Anfänge seines Projektes. „Nämlich mit vielen Wegen und Mauern.“ Inspiration fand der Gartenneuling im Schaugarten des Unternehmers in Kaltental: „Eine fantastische Anlage.“

Umgesetzt hat Stefan Molsner sein Projekt dann fast allein: Rund 40 Tonnen Steine unterschiedlicher Größe, zumeist aus Sandstein, unzählige Tüten Kompost, Gartenerde, Sand, Kies und Rindenmulch hat er im Lauf der Jahre durch seine Wohnung in den Garten geschleppt. Er hat Mauern gebaut, Treppen errichtet und rund 30 Meter Wege angelegt, mit Granitsteinen gepflastert, mit Kies bestreut oder mit Rindenmulch belegt. Dass er wegen der ganzen Schlepperei manchmal den Rücken spürt und auch mal einen Leistenbruch hatte, erzählt Stefan Molsner eher nebenbei. Den Boden auf seinem Stückle passt er den jeweiligen Bedürfnissen der Pflanzen an, die er setzt: „Eher sauer für den Rhododendron und sandig für den Lavendel“. Im Internet bestellt Stefan Molsner immer mal ein paar 100 Regenwürmer: „Die helfen, um alles gut zu durchmischen.“   

Ein Gartenrundgang über vier Ebenen

Da ist einer mit Leib und Seele dabei – dies sieht der Besucher auf den ersten Blick. Gleich auf der Terrasse geht es los: In jeder Fensterlaibung stehen Kästen mit rot blühenden Minipetunien. An der Hauswand reihen sich gelbe und orangefarbene Wandelröschen-Stämme in großen Töpfen nebeneinander. Violette Bougainvilleen ranken am hölzernen Gartenschuppen empor. Nicht nur die Blühpflanzen, auch die Eidechsen lieben die sonnige Fläche: „Ich habe sie nicht gezählt. Aber gefühlt leben hier 300“, sagt Stefan Molsner. Im Terrassenbeet wachsen Rosen und Stauden: „Immer etwas anderes, durchs Jahr hindurch – jetzt gerade die Fetthenne.“ Ein gepflasterter Weg führt von dort aus über den ebenen vorderen Teil des Geländes nach hinten. Gelb blühender, zwei Meter hoher Topinambur und ein Trompetenbaum säumen ihn. Ein von Kletterrosen und Clematis dicht bewachsener Pflanzbogen weckt die Neugier und lädt ein, weiter einzutreten – hinein in den von der Terrasse kaum einsehbaren hinteren Teil des Gartens. Insgesamt hat Stefan Molsner den Hang in vier Ebenen aufgeteilt, auch mal versetzt zueinander, es geht hinauf und hinunter und auf kleinen Wegen auch einmal quer von einem zum anderen Plateau. „Das macht es lebendig.“, findet der Hobby-Gartengestalter. In einer Ecke hat Stefan Molsner eine Holzbank positioniert; seine Freundin mag den Blick von dort aus hinein in den Garten. Er selbst sitzt praktisch nie dort: „Ich habe ja immer zu tun.“

Vorbei an Hochbeeten mit Blaubeeren und für saisonale Bepflanzung – die Zwiebeln, aus denen im Frühjahr Tulpen, Narzissen und der imposante Riesenkugellauch wachsen, stehen schon bereit – geht es wieder hinauf, an einer Schattenecke mit Eisenhut, Farnen und Efeu vorbei. Ein kleines Plateau mit selbst gezimmerter Bank und lila Schmetterlingsflieder lädt wiederum zum Verweilen ein. Wie viele verschiedene Pflanzen bei ihm wachsen, vermag Molsner nicht zu sagen: „Vielleicht 150?“ Auf dem Weg zurück zur Terrasse, entlang an einer Reihe von Ballhortensien und Rhododendron, kommt der Besucher auch an der mannshohen Himbeerhecke vorbei. Die Büsche tragen im Frühsommer sehr gut: „Meine Nachbarin hat schon viele Gläser Marmelade gekocht.“  

Garten kann nicht geöffnet werden

Gerne würde der Hobbygärtner seinen Garten auch für andere Menschen öffnen, etwa an Tagen des offenen Gartens. Auch beim Urban-Gardening-Projekt der Stadt wollte er gerne dabei sein und andere Interessierte einladen, Freud und Leid des Gärtnerns zu teilen: „Das geht aber nicht, weil ich ja keinen Zugang von außen habe“, bedauert er. So kommen eben weiterhin nur private Gäste durch die Wohnung in den Garten. Stefan Molsner bewirtet sie gerne mit selbst gekochten schwäbischen oder internationalen Gerichten auf seiner Terrasse. Wenn die Gartensaison zu Ende geht, beginnt jetzt im Oktober die Weihnachtsbäckerei: „Rund 3000 Kekse jedes Jahr.“ Die Vanillekipferl und Zimtsterne, die er der Besucherin zum Probieren reicht, schmecken wunderbar – und sehen toll aus. „Ich will es halt perfekt haben“, sagt Stefan Molsner. Mit Plätzchen geht das vielleicht. Im Garten freilich, weiß er, könnte das schwierig werden: „Jedes Jahr ist es anders. Und man ist niemals fertig.“

Auf seiner Homepage zeigt Stefan Molsner jahreszeitliche Impressionen aus seinem Garten und eindrucksvolle Vorher-Nachher-Fotos. https://stefansgartenschmaus.de/ Die Stadt Stuttgart fördert die Begrünung von versiegelten Flächen und Hinterhöfen. Nähere Infos: https://www.stuttgart.de/leben/stadtentwicklung/stadtplanung/stadterneuerung/foerderprogramme-urbanes-gruen.php