Die Abstandsregeln werden mit großer Disziplin, aber auch mit Gelassenheit eingehalten.
Marbach - Die Sonne strahlt, der Himmel zeigt sich in seinem schönsten Blau, das Thermometer klettert schon am Morgen Richtung 20 Grad. Passender könnte das Wetter für einen Besuch auf dem Marbacher Wochenmarkt nicht sein. Und wäre die Zahl der Marktbeschicker wie immer mittwochs mit acht Ständen nicht recht überschaubar, könnte man glatt meinen, es sei ein Samstagvormittag. Viele Menschen schlendern durch die Fußgängerzone, kaufen ein, halten ein Schwätzle und gönnen sich eine Pause in einem der Cafés. Nur die Schlangen, die sich vor den Geschäften und an den Ständen der Marktbeschicker bilden, erinnern daran, dass wir vom Alltag vor Corona noch weit entfernt sind. Und doch scheint das auf Abstand gehen den Besuchern inzwischen schon in Fleisch und Blut übergegangen sein.
Die Stimmung ist gelöst, die Gesichter freundlich. „Die Kunden sind unheimlich diszipliniert“, lobt Angelika Hirning am Stand der Murrer Gärtnerei Michelfelder oberhalb des Torturms. Manchmal bilde sich eine Schlange bis hoch zu den Kollegen, die am Stand vor dem Drogeriemarkt Müller Putenwurst und -fleisch verkaufen. Ein Absperrband sorgt dafür, dass Hirnings Kunden nicht zu dicht an die Verkaufstheke herankommen. Ein großes Schild weist auf die Abstandspflicht von mindestens eineinhalb Meter hin.
Auf einem Tisch stehen zwei Plastikschüsseln und ein größerer Korb. „Hier kommt das Geld rein“, sagt Angelika Hirning und deutet auf die kleinen Schälchen, „und in den Korb gebe ich die Waren. Seit Corona dürfen die Kunden am Stand mitarbeiten, aber damit hat keiner ein Problem“, sagt sie und lacht. Dass sie keinen Mundschutz tragen muss, darüber ist die Marktverkäuferin froh. „Das würde mir schwerfallen.“ Andere Kommunen haben eine Pflicht zum Tragen des Schutzes ausgesprochen. „Es gibt aber keine rechtlich verbindliche Regelung für das Tragen von Masken auf dem Wochenmarkt und wir haben auf eine Verschärfung verzichtet“, erklärt der Ordnungsamtsleiter der Stadt Marbach, Andreas Seiberling.
Auch Andrea Deibler, die Inhaberin der Pleidelsheimer Fischquelle, ist froh, dass die Stadt Marbach keine Mundschutz-Pflicht ausgesprochen hat für den Wochenmarkt. „Sechs, sieben Stunden unter der Maske in dem Wagen, das würde ich vermutlich nicht aushalten“, sagt sie. Vor ihrem Stand reihen sich immer mehr Menschen in die Schlange ein. Aber auch hier mit großer Disziplin und dem gebührenden Abstand. Hat sich durch Corona etwas für sie im Umgang mit den Kunden verändert? Nein, sagt Deibler. Durch den Wagen und die Glasscheibe ist der Abstand der Kunden zu ihr und zur Ware eh schon gegeben. „Einen Desinfektionsspender hatten wir auch schon immer, wir benutzen ihn jetzt aber häufiger.“ Dann fällt ihr doch noch eine Änderung ein: „Wir nehmen keine mitgebrachten Behältnisse mehr über die Theke.“
Für Eva Dunder, die mit ihrem Mann Stefan an diesem Morgen auf dem Markt einkauft, das einzige Manko in Sachen Einkauf in Coronazeiten. „Seit 30 Jahren gehe ich mit meinen Dosen einkaufen, jetzt habe ich so viel Müll daheim wie noch nie“, bedauert sie. Das Paar ist ohne Mundschutz unterwegs, hat aber Masken für den Einkauf in der Metzgerei parat. „Manchmal vergess’ ich eine mitzunehmen, aber viele Läden sind drauf eingestellt, dass es schusselige Kunden wie mich gibt, und halten auch welche bereit“, sagt sie und lacht.
Für Elvan Aktas und seinen Vater ist das Tragen von Masken Pflicht. „Das gehört sich so – wir tragen sie zum Schutz unserer Kunden“, sagt der Gemüsehändler. Gleich zu Beginn der Krise hat er sich ausreichend Masken besorgt. Die einfachen, allerdings auch FFP-Masken. „Aber bei denen bekommt man fast gar keine Luft, deshalb tragen wir lieber die anderen“, so Elvan Aktas. Zwei Wochen hatte er den Verkaufsstand an den Markttagen zu. Aktas’ Mutter verstarb. „Sie wurde positiv auf Covid getestet, nachdem sie im Krankenhaus war, aber ich bin mir sicher, sie starb nicht daran.“ Auch sein Vater und sein Bruder hatten sich infiziert und mussten – symptomfrei – in Quarantäne. Inzwischen sind alle infektionsfrei und freuen sich, wieder für ihre Kunden da sein zu können.
Relativ neu auf dem Marbacher Wochenmarkt ist Maya Esch. „Es ist meine vierte Woche“, erzählt Esch, die freitags auch auf dem Benninger Wochenmarkt mit ihren Waren ist. Müslimischungen, Brotbackmischungen, Trockenfrüchte, Kaffee, Tee. . . die Vielfalt ist groß. „Es ist gut angelaufen“, freut sich Esch. Am begehrtesten sind die Haferflocken, die sie von der Erligheimer Mühle bezieht – ebenso wie die verschiedenen Mehlsorten oder Backmischungen. Ins Stocken geraten ist hingegen ihr Vorhaben, in Marbach einen Unverpackt-Laden zu eröffnen. „Wir hatten mehrere Leerstände in der Marktstraße in Erwägung gezogen, leider aus unterschiedlichen Gründen erfolglos“, berichtet Esch. Nachdem der Umzug in ein Objekt in der Güntterstraße gescheitert war, wurden die Räume des ehemaligen Geschäftes M14 in der Marktstraße ins Auge gefasst. Doch der Laden sei am Tag der Anfrage an einen anderen Mieter vergeben worden. Inzwischen hat ein Modegeschäft dort eröffnet. Auch die nächste Option, der ehemalige Elektroladen Frey in der Marktstraße 12, ließ sich nicht verwirklichen. Das komplette Haus soll verkauft werden, der Laden im Erdgeschoss steht nicht zur Anmietung zur Verfügung. Für die Räume in der Marktstraße 10 – hatte Maya Esch zwei Besichtigungstermine mit Vermieter und Architekt.
„Inhaltlich konnten wir uns die Umsetzung hier gut vorstellen. Der ehemalige Juwelier-Laden ist allerdings komplett entkernt und muss renoviert beziehungsweise saniert werden. Der Vermieter benötigt dafür einen Vorlauf von rund einem Jahr, was für uns eindeutig zu lange ist“, hält Esch den Stadtchef in einem Schreiben auf dem Laufenden. Der wiederum rührt die Werbetrommel im Vorstandsteam des Stadtmarketingvereins (SSM). Die Situation sei grotesk, so Jan Trost. Man habe einen Interessenten, der in Marbach einen Unverpacktladen eröffnen wolle, jedoch keine Ladenfläche finde. Eventuell, so Trost, könne ja der SSM-Vorstand über seine Netzwerke helfen. „Ein solcher Laden würde sicher auch junges Publikum in die Stadt ziehen.“