Vor dem Stuttgarter Landgericht muss sich ein 56-Jähriger aus Poppenweiler wegen Mordes verantworten. Foto: dpa

Er habe soeben seine Lebensgefährtin erschlagen und erstochen, teilte ein 56-Jähriger am 23. Juni 2016 der Notrufzentrale mit. Jetzt hat der mutmaßliche Täter am Stuttgarter Landgericht ein Geständnis abgelegt.

Ludwigsburg - Er habe soeben seine Lebensgefährtin erschlagen und erstochen, teilte ein 56-Jähriger am 23. Juni der Notrufzentrale mit. Als die Sanitäter in dem Haus im Ludwigsburger Stadtteil Poppenweiler ankamen, fanden sie in der Küche die blutüberströmte Leiche einer 60-Jährigen. Jetzt hat der des Mordes angeklagte Mann, der sich damals widerstandslos festnehmen ließ, am Stuttgarter Landgericht die Tat gestanden. Demnach sei dieser ein wochenlanger Streit vorausgegangen – bis bei ihm „die Sicherung durchgebrannt“ sei.

Patient wird Liebhaber

Der 28. Dezember ist ein Schicksalstag des selbstständigen Versuchsingenieurs: Am 28. Dezember 1960 wurde er in Aalen geboren, am 28. Dezember 2001 hat er seine spätere Lebensgefährtin kennengelernt und am 28. Dezember 2016 wollte er diese Frau, die nach seiner Aussage die erste und einzige war, die bei ihm „eine Tür geöffnet hat“, heiraten. Dass es dazu nicht kam, hat gemäß seiner Aussage mindestens zwei Gründe: beide Partner hatten eine unbewältigte schwierige Kindheit und die Frau „konnte sehr, sehr unfair sein, wenn sie sich nicht mehr beherrschen konnte“.

Kennengelernt hatten sich die beiden im Stuttgarter Westen. Dort betrieb die Frau eine logopädische Praxis, und der damals 40-Jährige war zunächst ihr Patient. Vor Gericht erzählt der Mann freimütig von seinem Stottern und seinen schulischen Problemen. Und davon, wie er sich, obwohl von den Eltern vernachlässigt und auf eine Sonderschule abgeschoben, bis zum Techniker hocharbeitete, der Tests für die Autozulieferindustrie betreute.

In der Förderschule habe man das Stottern nur zum Teil geheilt, wirklich große Fortschritte habe er erst mit jener Logopädin gemacht, die ihm nach vier Sitzungen ihre Liebe gestand. Seither lebten sie eine Partnerschaft, aber in getrennten Wohnungen. Als sie sich ein Haus in Poppenweiler gekauft hätten, wo sie seit 2009 gemeinsam wohnten, habe die Beziehung erste Risse bekommen, sagte der Angeklagte.

Vollends gekippt sei das Verhältnis aber erst 2014 auf 2015. Damals habe der selbstständig tätige Ingenieur dem Finanzamt mehr als 100 000 Euro an Steuern nachzahlen müssen. Um diese Summe aufbringen zu können, habe ihm die Frau seinen hälftigen Anteil am gemeinsamen Haus abgekauft. Wenig später reifte die Idee, sich eine gemeinsame Altersvorsorge zu schaffen: Auf einem Grundstück in Lörrach, das die Frau geerbt hatte, wollten sie ein Mehrfamilienhaus bauen und dort später einmal das Erdgeschoss beziehen.

Beim Hausbau übernommen

Sah es in der privaten Kostenrechnung anfangs sogar so aus, als gebe es Luft nach oben, zeigte sich doch bald, dass sie Schulden auftürmten. Der Mann sagt, das sei so gekommen, weil die Frau immer neue Sonderwünsche angemeldet habe, aber ihm für alles die Schuld gegeben habe: Er habe sich verrechnet, wichtige Unterlagen nicht abgegeben oder falsche Aufträge erteilt.

In der Woche vor der Tat habe „die Luft gebrannt“, sagte der 56-Jährige. Nach einem heftigen Streit sei es zu keiner Versöhnung mehr gekommen. „Sie war einfach nicht mehr zu erreichen“, sagte er. So sei das auch am Morgen des 23. Juni gewesen. Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann die Frau mehrfach mit einer Bratpfanne geschlagen, sie gewürgt und 17 Mal mit einem Messer zugestochen haben. Er könne sich nicht exakt erinnern, sagte er. Aber er könne dieser Darstellung auch nicht widersprechen.

Geklärt werden muss, ob der Mann bei seinem Notruf nach der Tat wirklich „Ich habe sie vorsätzlich getötet“ gesagt hat – und wenn ja, wie das zu bewerten ist. Das Verfahren wird am Mittwoch fortgesetzt.